MB_02_16 | Arbeitsrecht - Häufig gestellte FragenSeite drucken

Arbeitsrecht - Häufig gestellte Fragen

Inhaltsverzeichnis

1. Abmahnung
 

1.1 Was muss die Abmahnung enthalten?
1.2 Wie kann ich abmahnen? 
1.3 Wer darf abmahnen? 
1.4 Wann ist eine Abmahnung entbehrlich? 
1.5 Wie lange wirkt eine Abmahnung?

2. Arbeitnehmerhaftung und Fehlgeldentschädigung
 2.1 Welche Voraussetzungen müssen für eine wirksame Mankoabrede vorliegen? 
2.2 Inwiefern haftet der Arbeitnehmer, wenn keine Mankoabrede getroffen wurde?
2.3 Wen trifft in Mankofällen die Darlegungs- und Beweislast?
3. Arbeitsunfähigkeit
 3.1 Welche Anzeigepflicht hat der Arbeitnehmer? 
3.2 Welche Nachweispflicht hat der Arbeitnehmer? 
3.3 Gibt es Besonderheiten bei einer Erkrankung im Ausland? 
3.4 Welche Angaben enthält eine ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung? 
3.5 Darf der Arzt eine rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen? 
3.6 Was hat der Arbeitgeber für Kontrollmöglichkeiten? 
4. Befristung
 4.1 Wann kann ich einen Arbeitsvertrag befristen? 
4.2 Wann endet ein befristeter Vertrag? 
4.3 Kann ich einen befristeten Vertrag kündigen?
4.4 Kann ich befristete Arbeitsverträge auch mündlich schließen?
5. Fragerecht des Arbeitgebers bei Vorstellungsgesprächen
 5.1 Welche Fragen sind zulässig?
5.2 Wie darf ein Bewerber auf zulässige Fragen reagieren? 
5.3 Welche Fragen darf ein Arbeitgeber nicht stellen? 
5.4 Darf nach dem Gesundheitszustand gefragt werden? 
5.5 Sind Fragen nach einer etwaigen Schwerbehinderung zulässig? 
5.6 Muss der Bewerber eine unzulässige Frage beantworten? 
5.7 Hat ein Bewerber auch eine eigenständige Offenbarungspflicht?
6. Kündigung
 6.1 Kann ich meinem Arbeitnehmer mündlich kündigen? 
6.2 Wie lange sind die gesetzlichen Kündigungsfristen? 
6.3 Kann ich vertraglich kürzere Fristen vereinbaren? 
6.4 Kann ich längere Kündigungsfristen vereinbaren? 
6.5 Wann kann ich außerordentlich kündigen?
7. Mutterschaft
 7.1 Kann eine schwangere Arbeitnehmerin von sich aus kündigen?
7.2 Ist die Nachtarbeit einer werdenden Mutter erlaubt? 
7.3 Ist eine Kündigung während der Elternzeit (früher: Erziehungsurlaub) durch den Arbeitgeber zulässig? 
7.4 Nach Ablauf der Elternzeit kann das Arbeitsverhältnis gekündigt werden – ist dabei für die Berechung einer Kündigungsfrist, für die die Betriebszugehörigkeit maßgeblich ist, die Elternzeit mit zu berücksichtigen? 
7.5 Zur Vertretung der Mutter, die Elternzeit genommen hat, ist eine Ersatzkraft befristet eingestellt worden. Die Mutter beendet ohne Zustimmung des Arbeitgebers die Elternzeit vorzeitig. Muss der Arbeitgeber in diesem Fall beide Arbeitnehmer parallel beschäftigen und entlohnen?
8. Probezeit
 8.1 Wie lang darf die Probezeit sein?
8.2 Kann die Probezeit verlängert werden? 
8.3 Welche Fristen gelten für die ordentliche Kündigung während der Probzeit? 
8.4 Ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses zur Probe zulässig? 
8.5 Gilt während der Probezeit das Kündigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz? 
9. Überstunden
 9.1 Wann besteht eine Verpflichtung zur Leistung von Überstunden? 
9.2 Was hat der Arbeitgeber bei der Anordnung von Überstunden zu beachten? 
9.3 Welche Konsequenzen hat es, wenn der Arbeitnehmer trotz angeordneter Überstunden seinen Arbeitsplatz verlässt? 
10.4 Müssen Überstunden vergütet werden?
10. Urlaub
 10.1 Wie viele Urlaubstage stehen dem Arbeitnehmer zu? 
10.2 Spielt es eine Rolle für die Höhe des Urlaubsanspruchs, ob der Arbeitnehmer nur wenige Stunden am Tag tätig ist? 
10.3 Bestehen Besonderheiten für geringfügig Beschäftigte? 
10.4 Werden Krankheitstage auf den Urlaub angerechnet, wenn der Arbeitnehmer während seines bereits angetretenen Urlaubs erkrankt? 
10.5 Innerhalb welchen Zeitraums muss der Urlaub genommen werden? 
10.6 In welchen Fällen hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Sonderurlaub? 
10.7 Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsgeld?
11. Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers
 11.1 Ist eine vertragliche Vereinbarung erforderlich, um den Arbeitnehmer zur Verschwiegenheit zu verpflichten? 
11.2 Was sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse?
11.3 Wann ist ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis „offenkundig“ und unterliegt damit nicht der Verschwiegenheitspflicht?
11.4 Wann hat der Arbeitgeber an der Geheimhaltung eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses kein „berechtigtes wirtschaftliches Interesse“? 
11.5 Kann die Verschwiegenheitspflicht insoweit erweitert werden, als bestimmte Informationen vom Arbeitgeber ausdrücklich als vertraulich bezeichnet werden? 
11.6 Besteht die Verschwiegenheitspflicht nur während der Dauer des Arbeitsverhältnisses? 
11.7 Welche Rechtsfolgen hat die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht?
12. Weisungsrecht und Änderungskündigung
 12.1 Kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer jederzeit einen anderen Arbeitsbereich zuteilen? 
12.2 Ist eine Versetzung auch ohne arbeitsvertragliche Grundlage möglich? 
12.3 Ist für eine Änderungskündigung eine bestimmte Form vorgeschrieben? 
12.4 Gelten Besonderheiten für die Wirksamkeit einer Änderungskündigung?
12.5 Gibt es verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten für eine Änderungskündigung? 

1. Abmahnung

Mit der Abmahnung rügt der Arbeitgeber in einer hinreichend deutlichen Art und Weise ein konkretes Fehlverhalten des Arbeitnehmers und warnt ihn mit der Androhung der Kündigung vor weiteren Verstößen. Dem Arbeitnehmer wird dadurch deutlich gemacht, welchen Fehler er begangen hat und dass das Arbeitsverhältnis im Falle eines erneuten Fehlverhaltens beendet wird.

Wegen der einschneidenden Wirkung der Kündigung sind bei Störungen im sogenannten Leistungsbereich (z. B. unentschuldigtes Fehlen, verspätete Krankmeldung, Schlechtleistung, Beleidigung von Kollegen etc.) vor Ausspruch einer Kündigung eine (oder auch mehrere) vorherige vergebliche
Abmahnungen nötig. Die Kündigung soll nämlich das letzte Mittel sein, um auf ein konkretes Fehlverhalten des Arbeitnehmers zu reagieren.

1.1 Was muss die Abmahnung enthalten?

Die Abmahnung muss genau formuliert sein und folgende Bestandteile enthalten:

  • Konkrete Rüge des vertragswidrigen Verhaltens unter Angabe von Datum, Ort und Zeit
  • Aufforderung, das vertragswidrige Verhalten einzustellen
  • Hinweis, dass im Wiederholungsfall mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechnen ist
1.2 Wie kann ich abmahnen?

Die Abmahnung ist formfrei und kann daher auch mündlich erfolgen. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich aber, den Arbeitnehmer schriftlich oder in Anwesenheit von Zeugen abzumahnen. Wird eine Abmahnung nur mündlich erteilt, sollte deren Ort, Inhalt und die beteiligten Personen jedenfalls
in einem Aktenvermerk festgehalten werden. 

1.3 Wer darf abmahnen?

Abmahnungsberechtigt ist jeder Mitarbeiter, der befugt ist, dem Arbeitnehmer verbindliche Anweisungen zu erteilen. Dies kann neben dem Dienstvorgesetzten auch der unmittelbare Fachvorgesetzte oder auch der vom Arbeitgeber beauftragte Rechtsanwalt sein.

1.4 Wann ist eine Abmahnung entbehrlich?

Eine Abmahnung ist grundsätzlich entbehrlich, wenn:

  • sie unmittelbar den Vertrauensbereich betrifft (z. B. Diebstahl, Unterschlagung, Betrug, Tätlichkeiten gegenüber dem Arbeitgeber, grobe Beleidigungen von
  • Vorgesetzten oder Arbeitgeber, Verrat von Betriebsgeheimnissen, Annahme von Schmiergeldern, Androhung einer künftigen Erkrankung); ausnahmsweise ist auch bei Verstößen im Vertrauensbereich eine Abmahnung erforderlich, wenn es um ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers geht und eine Wiederherstellung des Vertrauens erwartet werden kann oder der Arbeitnehmer mit vertretbaren Gründen annehmen konnte, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde vom Arbeitgeber nicht als erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Verhalten angesehen, z. B. weil es vom Arbeitgeber geduldet wurde (z. B. Dulden unerlaubter privater Telefonate vom Diensttelefon, die der Arbeitnehmer nicht bezahlt; sog. Bagatellverstöße, beispielsweise ständiger herabsetzender Umgang mit Mitarbeitern),
  • erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer nicht gewillt ist, sich vertragsgemäß zu verhalten,
  • wenn der Arbeitnehmer die Vertragswidrigkeit seines Verhaltens kannte und trotzdem hartnäckig und uneinsichtig seine Pflichtverletzung fortsetzt (z. B. ständige Verstöße gegen die Arbeitsverpflichtung; hartnäckige Weigerung Anordnungen des Arbeitgebers zu folgen), 
  • wenn der Arbeitnehmer auf keinen Fall mit der Billigung seines Verhaltens rechnen konnte (z. B. eigenmächtiger Urlaubsantritt trotz Hinweis des Arbeitgebers auf arbeitsrechtliche Konsequenzen),
  • in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung und in Betrieben, in denen regelmäßig maximal 5 oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt sind (ohne Auszubildende und Umschüler), wenn es sich um eine fristgerechte Kündigung handelt; im Falle einer außerordentlichen Kündigung ist vor deren Ausspruch eine vergebliche Abmahnung notwendig.
1.5 Wie lange wirkt eine Abmahnung?

Die Abmahnung kann durch Zeitablauf wirkungslos werden, wenn zwischen ihr und einem erneuten Vertragsverstoß mit gleichwertigem Sachverhalt ein längerer Zeitraum liegt. Wie lange ein solcher Zeitraum bemessen sein muss, ist eine Frage des Einzelfalles. In der Regel ist dies aber – je nach Schwere des Verstoßes – nach ca. ein bis zwei Jahren (bei leichten Verstößen wohl auch nach sechs Monaten) anzunehmen.

2. Arbeitnehmerhaftung und Fehlgeldentschädigung

Für vom Arbeitnehmer zu verantwortende Fehlbestände an Waren oder Geld hat sich der Begriff der Mankohaftung herausgebildet, der einen Sonderfall der Arbeitnehmerhaftung beschreibt. Die Haftung des Arbeitnehmers kann sich entweder aus einer speziellen Mankoabrede oder aus den allgemeinen Haftungsregeln ergeben. 

2.1 Welche Voraussetzungen müssen für eine wirksame Mankoabrede vorliegen?

Durch die sog. Mankoabrede soll der Arbeitnehmer eine verschuldensunabhängige Haftung für das ihm anvertraute Geld oder die ihm anvertrauten Waren übernehmen. Die Rechtsprechung hält solche Mankoabreden nur unter folgenden Voraussetzungen für zulässig: Die Mankoabrede muss hinsichtlich des Umfangs der Haftung klar und eindeutig gefasst sein;

  • der Arbeitnehmer muss für das zusätzlich übernommene Haftungsrisiko einen angemessenen wirtschaftlichen Ausgleich, die sog. Fehlgeldentschädigung, erhalten. Diese muss so bemessen sein, dass der Arbeitnehmer aus ihr notfalls ein auftretendes Manko voll abdecken kann, wobei die Fehlgeldentschädigung die absolute Obergrenze der vertraglichen Mankohaftung ist;
  • der Arbeitnehmer hat die alleinige Verfügungsgewalt und den alleinigen Zugang zu den ihm anvertrauten Geld- oder Warenbeständen.
2.2 Inwiefern haftet der Arbeitnehmer, wenn keine Mankoabrede getroffen wurde?

Fehlt es an einer Mankoabrede oder ist sie rechtsunwirksam, gilt die übliche vertragliche und deliktische Haftung des Arbeitnehmers. Sowohl die vertragliche als auch die deliktische Haftung setzen eine schuldhafte Pflichtverletzung des Arbeitnehmers voraus. Ein Mitverschulden des Arbeitgebers kann jedoch die Haftung mindern. Ferner gelten die Grundsätze der Haftungsbeschränkung (sog. Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs) im Arbeitsverhältnis; danach ist die Haftung des Arbeitnehmers bei leichtester Fahrlässigkeit vollständig ausgeschlossen, während bei normaler Fahrlässigkeit grundsätzlich eine Teilung  zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfolgt. Bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz hat der Arbeitnehmer zwar grundsätzlich den gesamten Schaden zu tragen, jedoch gehen die Arbeitsgerichte im Falle grober Fahrlässigkeit bei hohen Schäden zugunsten des Arbeitnehmers oft von einer Haftungsbeschränkung aus.

2.3 Wen trifft in Mankofällen die Darlegungs- und Beweislast?

Auch hier wird zwischen Bestehen einer wirksamen Mankoabrede und der Haftung ohne Mankoabrede unterschieden:

  • Haftung aufgrund wirksamer Mankoabrede: Tritt ein Manko auf, muss der Arbeitgeber neben der Mankovereinbarung selbst die alleinige Verfügungsgewalt und den alleinigen Zugang des Arbeitnehmers zu der verwalteten Kasse oder den verwalteten Waren beweisen. Ferner muss er darlegen, dass tatsächlich ein Manko eingetreten ist, das nicht auf anderen Ursachen beruht. Ferner muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass die gezahlte Fehlgeldentschädigung mindestens so hoch ist wie der begehrte Mankobetrag. 
  • Haftung ohne Mankoabrede: Fehlt eine besondere Mankoabrede, hat der Arbeitgeber grundsätzlich eine Pflichtwidrigkeit des Arbeitnehmers, einen durch den Arbeitnehmer verursachten Schaden sowie dessen Verschulden zu beweisen, und zwar mindestens mittlere Fahrlässigkeit, da unterhalb dieser Schwelle die Haftung nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs ausgeschlossen ist.

3. Arbeitsunfähigkeit

Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer aufgrund von Krankheit seine ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung ausführen kann. Ein Arbeitnehmer, der arbeitsunfähig erkrankt, hat dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen und nachzuweisen.

3.1 Welche Anzeigepflicht hat der Arbeitnehmer?

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber bzw. der beim Arbeitgeber zuständigen Stelle – z. B. der Personalabteilung  - seine Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzeigen. Die Krankmeldung hat am ersten Tag der Erkrankung und zwar zu Arbeitsbeginn noch vor einem beabsichtigten Arztbesuch – bzw. in den ersten Arbeitsstunden zu erfolgen. Eine schriftliche Anzeige, die am nächsten Tag mit der Post beim Arbeitgeber eingeht, wird nicht als unverzüglich anzusehen sein. Art und Ursache der Erkrankung muss der Arbeitnehmer nur dann anzeigen, wenn dies besondere Maßnahmen des Arbeitgebers erfordert, z. B. zum Schutz anderer Mitarbeiter vor ansteckenden Krankheiten oder zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen des Arbeitgebers gegen Dritte. Dauert die Erkrankung länger als ursprünglich angenommen, muss der Arbeitnehmer über die Verlängerung der Krankheit informieren.

Verletzt ein Arbeitnehmer trotz vorheriger Abmahnung wiederholt seine Anzeigepflicht, kann dies eine ordentliche oder in Ausnahmefällen sogar eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

3.2 Welche Nachweispflicht hat der Arbeitnehmer?

Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer darüber hinaus eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens am darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen. Der Arbeitgeber ist unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, die Vorlage der Bescheinigung früher zu verlangen. Zulässig ist es auch, mit allen Arbeitnehmern zu vereinbaren, dass das Attest ab
dem ersten Krankheitstag eingereicht wird. Dies bedeutet aber nur, dass der bescheinigte Zeitraum der Krankheit den ersten Tag umfassen muss, nicht hingegen, dass das Attest am ersten Tag auch eingehen muss. Dauert die Arbeitsunfähigkeit über den bescheinigten Zeitraum hinaus an, muss der Arbeitnehmer eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen. Verletzt der Arbeitnehmer seine Nachweispflicht, so drohen ihm grundsätzlich dieselben Folgen wie bei der Verletzung der Anzeigepflicht.

3.3 Gibt es Besonderheiten bei einer Erkrankung im Ausland?

Der Arbeitnehmer hat bei Auslandserkrankungen erweiterte Mitteilungspflichten. Er ist verpflichtet, dem Arbeitgeber bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit im Ausland die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtliche Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen. Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer auch die Krankenkasse von der Krankheit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich zu unterrichten.

3.4 Welche Angaben enthält eine ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird vom Arzt ausgestellt und weist den Beginn und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit aus. Sie muss weiter den Zeitpunkt enthalten, an dem der Arzt die Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat und ob es sich um eine Erst- oder Folgebescheinigung handelt. Die Diagnose ist auf der für den Arbeitgeber bestimmten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung grundsätzlich nicht anzugeben. Zum notwendigen Inhalt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gehört zudem ein Vermerk des Arztes, dass der Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Angaben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit übersandt wird. (Muster: § 5 Abs. 1 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie)

3.5 Darf der Arzt eine rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen?

Grundsätzlich soll der Arzt eine Arbeitsunfähigkeit für einen vor dem ersten Arztbesuch liegenden Zeitraum nicht bescheinigen. Eine Rückdatierung auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Zeitraum ist nur ausnahmsweise zulässig, wobei der Rückdatierungszeitraum maximal zwei Tage betragen soll.

3.6 Was hat der Arbeitgeber für Kontrollmöglichkeiten?

Bestehen begründete Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, kann der Arbeitgeber von der Krankenkasse eine Untersuchung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung zur Überprüfung von begründeten Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit verlangen. Diese Möglichkeit versagt aber, wenn der Arbeitnehmer in einer privaten Krankenversicherung versichert ist.

4. Befristung

Die Möglichkeit des Abschlusses befristeter Arbeitsverträge ist im Teilzeit- und Befristungsgesetz geregelt. Befristet beschäftigt ist ein Arbeitnehmer mit einem auf bestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrag. Ein auf bestimmte Zeit geschlossener Arbeitsvertrag liegt vor, wenn seine Dauer kalendermäßig bestimmt ist oder sich aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt.

4.1 Wann kann ich einen Arbeitsvertrag befristen?

Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

  • der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
  • die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
  • der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
  • die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
  • die Befristung zur Erprobung erfolgt,
  • in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen oder
  • die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf keines sachlichen Grundes,

  • wenn der Arbeitsvertrag oder seine höchstens dreimalige Verlängerung nicht die Gesamtdauer von zwei Jahren überschreitet.
  • wenn zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zuvor zu keinem Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.
4.2 Wann endet ein befristeter Vertrag?

Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit, ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.

Vorsicht: Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.
4.3 Kann ich einen befristeten Vertrag kündigen?

Die ordentliche Kündigung eines Arbeitsvertrages ist nur möglich, wenn dies im Arbeitsvertrag oder im anwendbaren Tarifvertrag ausdrücklich vereinbart wurde. Ansonsten ist die ordentliche Kündigung während eines befristeten Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Das Recht einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt bestehen.

4.4 Kann ich befristete Arbeitsverträge auch mündlich schließen?

Nein. Befristete Arbeitsverträge müssen schriftlich abgeschlossen sein. Jeder Vertragspartner muss also ein von dem anderen unterzeichnetes Vertragsexemplar erhalten. Ist die Schriftform nicht gewahrt, gelten sie als unbefristete Arbeitsverträge.

5. Fragerecht des Arbeitgebers bei Vorstellungsgesprächen

Bei den Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Bewerber um die Besetzung eines Arbeitsplatzes treffen zwei unterschiedliche Interessenlagen aufeinander. Einerseits möchte der Arbeitgeber möglichst umfassende Informationen über den Bewerber erlangen, um dessen Geeignetheit zu ermitteln, andererseits will der Bewerber Umstände aus seinem persönlichen Bereich nicht bekannt machen.

Dem Arbeitgeber steht ein Fragerecht nur insoweit zu, als er ein berechtigtes, billigenswertes und schützenswertes Interesse an der Beantwortung seiner Frage betreffend das Arbeitsverhältnis hat. Das Interesse muss so stark sein, dass das Interesse des Arbeitnehmers am Schutz seiner Persönlichkeit zurücktreten muss. Es dürfen daher nur solche Fragen gestellt werden, an deren Beantwortung der Arbeitgeber zur Beurteilung der Eignung und Befähigung des Arbeitnehmers
im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz bzw. der zu leistenden Arbeit ein berechtigtes Interesse hat.

5.1 Welche Fragen sind zulässig?

Grundsätzlich zulässig sind z. B. Fragen nach dem Wohnort, der Schulausbildung, dem vollständigen beruflichen Werdegang, Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis bei bestimmten ausländischen Bewerbern, bestehenden nachvertraglichen Wettbewerbsverboten, Kurantritte in Kürze oder nach Vorstrafen, aus denen sich für die Tätigkeit eine generelle Ungeeignetheit ergibt (z. B. wegen Unterschlagung vorbestrafter Kassierer).

5.2 Wie darf ein Bewerber auf zulässige Fragen reagieren?

Beantwortet der Bewerber eine zulässige Frage, so muss er dies wahrheitsgemäß tun. Beantwortet er nämlich eine zulässige Frage bewusst wahrheitswidrig oder unvollständig, so berechtigt dies den Arbeitgeber regelmäßig zur Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB), wenn die Tatsache für die Einstellung ursächlich war. Die Anfechtung hat die rückwirkende Nichtigkeit des Arbeitsvertrages zur Folge.

5.3 Welche Fragen darf ein Arbeitgeber nicht stellen?

Grundsätzlich unzulässig sind Fragen, die den absolut geschützten Bereich der Privatsphäre betreffen, wie z. B. Fragen nach dem Bestand einer Ehe oder Partnerschaft, einer Eheschließung in absehbarer Zeit, der Familienplanung, einer Gewerkschaftszugehörigkeit, der religiösen oder politischen Anschauung (umstritten: Scientology), nach genetischen Veranlagungen. Die Frage nach den Vermögensverhältnissen ist unzulässig, es sei denn, es handelt sich bei dem künftigen Arbeitsplatz um eine besondere Vertrauensstellung oder um eine Führungsposition.

5.4 Darf nach dem Gesundheitszustand gefragt werden?

Fragen nach dem Gesundheitszustand sind nur insoweit zulässig, wie sie die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers auf dem vorgesehenen Arbeitsplatz betreffen. Dabei kann z. B. regelmäßig nach akuten oder früheren periodisch wiederkehrenden Erkrankungen gefragt werden. Ein Fragerecht besteht auch, wenn der zu besetzende Arbeitsplatz mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko für den Infizierten selbst oder für Dritte behaftet ist. In diesem Zusammenhang ist die Frage nach einer AIDS-Erkrankung uneingeschränkt zulässig. Die Frage nach einer AIDS-Infektion muss allerdings nach oben genannten Grundsätzen im Zusammenhang mit
der ausgeübten Tätigkeit gesehen werden. 

5.5 Sind Fragen nach einer etwaigen Schwerbehinderung zulässig? 

Die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung wurde in der bisherigen Rechtsprechung des BAG als zulässig angesehen.
Nach Erlass der EU-Diskriminierungs-Richtlinie (2000/78/EG) und der Einführung des § 81 Abs. 2 SGB IX wird dieses Fragerecht des Arbeitgebes nunmehr überwiegend abgelehnt. 

5.6 Muss der Bewerber eine unzulässige Frage beantworten?

Unzulässige Fragen braucht ein Bewerber nicht zu beantworten; er kann die Beantwortung ablehnen. Da jedoch durch die Nichtbeantwortung einer Frage das Frageziel dennoch erreicht wird, darf der Bewerber die Frage auch bewusst wahrheitswidrig beantworten.

5.7 Hat ein Bewerber auch eine eigenständige Offenbarungspflicht?

In der Regel braucht ein Bewerber während eines Einstellungsgesprächs nur zulässige Fragen zu beantworten. Ausnahmsweise muss der Bewerber auf solche Tatsachen hinweisen, deren Mitteilung der Arbeitgeber nach Treu und Glauben erwarten darf. Bei Verletzung der Offenbarungspflicht 
hat der Arbeitgeber dieselben Rechte wie bei der bewusst wahrheitswidrigen Beantwortung von zulässigen Fragen.

6. Kündigung

6.1 Kann ich meinem Arbeitnehmer mündlich kündigen?

Nein, denn die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Mündlich, per Telefax oder E-Mail etc. ausgesprochene Kündigungen beenden das Arbeitsverhältnis nicht. 

6.2 Wie lange sind die gesetzlichen Kündigungsfristen?

Die gesetzliche Grundkündigungsfrist beträgt 4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende (§ 622 BGB). Diese Frist verlängert sich für den Arbeitgeber in Abhängigkeit von der Dauer des Arbeitsverhältnisses in dem Betrieb sowie vom Lebensalter (§ 622 Abs. 2 BGB). Für den Arbeitnehmer gilt die Grundkündigungsfrist von vier Wochen. Während der Probezeit (bis sechs Monate) beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen.

6.3 Kann ich vertraglich kürzere Fristen vereinbaren?

Vertraglich kann eine kürzere als die Grundkündigungsfrist nur vereinbart werden,

a) wenn es sich um eine bis zu dreimonatige Aushilfstätigkeit handelt oder
b) in dem Betrieb nicht mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind.

Bei der Alternative b) muss die Frist jedoch mindestens vier Wochen betragen.

6.4 Kann ich längere Kündigungsfristen vereinbaren?

Die gesetzlichen Kündigungsfristen für Arbeitnehmer sind in § 622 BGB geregelt. Von diesen gesetzlichen Fristen kann einzelvertraglich abgewichen werden. Danach können Kündigungsfristen zwar verlängert werden, doch kann eine solche Verlängerung ggf. auch eine Benachteiligung für Arbeitnehmer bedeuten. Das Bundesarbeitsgericht hat am 26.10.2017 (- 6 AZR 158/16 -) entschieden, dass eine Verlängerung der Kündigungsfrist auf drei Jahre im Einzelfall unwirksam sein kann, da ein Arbeitnehmer durch eine solche Frist in seiner Berufsfreiheit beschnitten werden würde.

6.5 Wann kann ich außerordentlich kündigen?

Die außerordentliche Kündigung ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Voraussetzung ist, dass ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin unzumutbar ist. Absolute Gründe für eine außerordentliche Kündigung gibt es nicht.

Folgende Gründe sind an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen:

  • beharrliche Arbeitsverweigerung
  • grobe Beleidigung von Vorgesetzten oder des Arbeitgebers - Diebstahl, Unterschlagung
  • eigenmächtiger Urlaubsantritt
  • Tätlichkeiten am Arbeitsplatz

Liegt ein solcher Sachverhalt vor, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht. Für diese Interessenabwägung spielt u.a. die Betriebszugehörigkeit oder das Alter des Arbeitnehmers eine Rolle. Eine außerordentliche Kündigung kann nur innerhalb einer
Frist von zwei Wochen erfolgen, nachdem der Kündigende von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat.

Tipp: Vor jeder Kündigung sollten Sie sich fachkundige Rat einholen, sei es durch Rechtsanwälte, Arbeitgeberverbände oder Industrie- und Handelskammern.

7. Mutterschaft

Nach dem Grundgesetz hat jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. Auf seiner Grundlage gewährleistet insbesondere das Mutterschutzgesetz (MuSchG) während der Schwangerschaft und für einige Zeit nach der Entbindung umfassenden Schutz. Nach § 17 MuSchG ist nämlich die Kündigung einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.

7.1 Kann eine schwangere Arbeitnehmerin von sich aus kündigen?

Ja, jedoch muss der Arbeitgeber die zuständige Aufsichtsbehörde unverzüglich von einer Eigenkündigung der Schwangeren informieren.

7.2 Ist die Nachtarbeit einer werdenden Mutter erlaubt?

Nach § 5 Abs. 1 MuSchG dürfen werdende Mütter grundsätzlich nicht in der Nacht zwischen 20 und 6 Uhr beschäftigt werden. Es gibt jedoch Ausnahmen von diesem generellen Beschäftigungsverbot für Schwangere in den ersten vier Schwangerschaftsmonaten, insbesondere für Arbeitnehmerinnen in Gast- und Schankwirtschaften sowie für Künstlerinnen. Ferner kann die zuständige Aufsichtsbehörde in begründeten Einzelfällen Ausnahmen vom Nachtarbeitsverbot
zulassen.

7.3 Ist eine Kündigung während der Elternzeit (früher: Erziehungsurlaub) durch den Arbeitgeber zulässig?

Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis grundsätzlich während der Elternzeit nicht kündigen. Nach § 18 Bundeselterngeld-und Elternzeitgesetz (BEEG) kann jedoch ausnahmsweise eine Kündigung durch die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmten Stelle, d.h. in Leipzig das Regierungspräsidium, für zulässig erklärt werden. Beispielsfälle sind hier die Betriebsstillegung ohne Möglichkeit der Weiterbeschäftigung; Existenzgefährdung für Betrieb oder Arbeitgeber; etc. 

Wichtig: Die Zulässigerklärung muss bei Ausspruch der Kündigung vorliegen!

7.4 Nach Ablauf der Elternzeit kann das Arbeitsverhältnis gekündigt werden – ist dabei für die Berechung einer Kündigungsfrist, für die die
Betriebszugehörigkeit maßgeblich ist, die Elternzeit mit zu berücksichtigen?

Ja, da der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses durch die Elternzeit nicht berührt wird.

7.5 Zur Vertretung der Mutter, die Elternzeit genommen hat, ist eine Ersatzkraft befristet eingestellt worden. Die Mutter beendet ohne Zustimmung des Arbeitgebers die Elternzeit vorzeitig. Muss der Arbeitgeber in diesem Fall beide Arbeitnehmer parallel beschäftigen und entlohnen?

Der Arbeitgeber kann in diesem Fall ausnahmsweise eine befristet eingestellte Ersatzkraft ordentlich kündigen (§ 21 Abs. 4 BEEG). Dieses Sonderkündigungsrecht besteht unter Einhaltung einer Frist von mindestens drei Wochen, jedoch frühestens zum Ende der Elternzeit.

8. Probezeit

Die Probezeit dient Arbeitgeber und Arbeitnehmer dazu, im Rahmen einer angemessenen Zeitspanne Klarheit zu gewinnen, ob eine dauerhafte Zusammenarbeit möglich erscheint. Ein Probearbeitsverhältnis kann sowohl als unbefristetes Arbeitsverhältnis mit vorgeschalteter Probezeit als auch als befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart werden.

8.1 Wie lang darf die Probezeit sein?

Gesetzlich vorgeschrieben ist eine bestimmte Dauer nur im Rahmen von Berufsausbildungsverhältnissen (mindestens 1 Monat, höchstens 4 Monate – § 20 BBiG). In allen anderen Fällen ist die Dauer tarifvertraglich oder individualvertraglich regelbar, wobei sich die zulässige Höchstdauer nach den Anforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes richtet und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden muss. Bei individualvertraglicher Vereinbarung werden für den Regelfall sechs Monate als Höchstgrenze angesehen.

8.2 Kann die Probezeit verlängert werden? 

Lässt sich die Eignung des Arbeitnehmers nach Ablauf der vereinbarten Probezeit noch nicht verlässlich beurteilen, kann ausnahmsweise eine einmalige Verlängerung in Frage kommen, wenn der Arbeitnehmer zustimmt.

8.3 Welche Fristen gelten für die ordentliche Kündigung während der Probzeit?

Während einer Probzeit von maximal sechs Monaten kann das Arbeitsverhältnis jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden (§ 622 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch). Längere Kündigungsfristen können einzelvertraglich vereinbart werden; kürzere Fristen können nur durch Tarifvertrag vereinbart werden. Für die Anwendbarkeit der für die Probzeit geltenden kurzen Fristen kommt es nur darauf an, dass der Ausspruch der Kündigung während der Probezeit erfolgt, auch wenn der Beendigungszeitpunkt außerhalb der Probezeit liegt.

8.4 Ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses zur Probe zulässig?

Ja. Nach § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ist die Befristung eines Arbeitsvertrages zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Befristung zur Erprobung erfolgt. 

Praxistipp: Soweit nicht eine eindeutige Befristungsabrede getroffen wurde, ist im Zweifel von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit vorgeschalteter Probezeit auszugehen. Soll dagegen ein befristetes Probearbeitsverhältnis vereinbart werden, muss sich die Befristung eindeutig aus dem Vertrag ergeben, z. B. durch die Formulierung „Der Arbeitnehmer wird für die Dauer vom ... bis ... zur Probe eingestellt. Das Arbeitsverhältnis endet nach Ablauf der Frist, sofern es nicht ausdrücklich verlängert wird.“
8.5 Gilt während der Probezeit das Kündigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz?

Ja. Nach § 17 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) ist die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung grundsätzlich unzulässig. Dieses Kündigungsverbot gilt auch für unbefristete Arbeitsverhältnisse mit vorgeschalteter Probezeit. Lediglich im Falle einer ausdrücklich vereinbarten automatischen Beendigung des Vertragsverhältnisses mit Ablauf der Probezeit (s. oben) endet das Arbeitsverhältnis mit Fristablauf, ohne dass der besondere Kündigungsschutz nach § 17 MuSchG eingreift.

9. Überstunden

Überstunden oder Überarbeit leistet der Arbeitnehmer, der über die für sein Beschäftigungsverhältnis geltende Arbeitszeit hinaus arbeitet. Vergleichsmaßstab ist die regelmäßige Arbeitszeit, die im Tarifvertrag, in der Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag festgelegt ist.

9.1 Wann besteht eine Verpflichtung zur Leistung von Überstunden?

Überstunden müssen erbracht werden, wenn der Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung dem das Recht zur einseitigen Anordnung von
Überstunden einräumen. Ferner kann sich eine Pflicht zur Leistung von Überstunden als arbeitsvertragliche Nebenpflicht ergeben, nämlich bei Notfällen oder sonstigen außergewöhnlichen Fällen, die für den Arbeitgeber nicht vorhersehbar sind und den Einsatz des Arbeitnehmers zur Abwehr von Gefahren für den Betrieb oder zum Schutz erheblicher betrieblicher Interessen erfordern. 

9.2 Was hat der Arbeitgeber bei der Anordnung von Überstunden zu beachten?

Der Arbeitgeber hat die Grundsätze billigen Ermessens zu beachten, d. h. die beiderseitigen Interessen sind abzuwägen und ein angemessener Ausgleich ist herzustellen. Ferner hat der Betriebrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz bei der Anordnung von Überstunden mitzubestimmen. Die gesetzlichen Grenzen bzgl. der Leistung von Überstunden sind insbesondere im Arbeitszeitgesetz geregelt: Danach darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten und kann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im
Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Von dieser Regelung darf jedoch abgewichen werden bei vorübergehenden Arbeiten in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen, die unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind. Auch durch Tarifverträge kann die werktägliche Arbeitszeit höher angesetzt werden.

9.3 Welche Konsequenzen hat es, wenn der Arbeitnehmer trotz angeordneter Überstunden seinen Arbeitsplatz verlässt?

Lehnt der Arbeitnehmer die Ableistung zulässig angeordneter Überstunden ab, so kann zumindest nach einer Abmahnung eine Kündigung gerechtfertigt sein (Frage des Einzelfalls). Enthält dagegen weder der Arbeits- noch der Tarifvertrag noch eine Betriebsvereinbarung eine Ermächtigung zur Anordnung von Überstunden und liegt auch kein Notfall vor, handelt der Arbeitnehmer nicht rechtswidrig, wenn er nach Ablauf der regulären Arbeitszeit seinen Arbeitsplatz
verlässt.

9.4 Müssen Überstunden vergütet werden?

Tarifverträge enthalten in der Regel eine sehr differenzierte Vergütungsregelung. Findet ein Tarifvertrag keine Anwendung und enthält auch der Arbeitsvertrag keine Regelung, ist unter Berücksichtigung betrieblicher Handhabung und Branchenüblichkeit im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob für Überstunden der Grundlohn zuzüglich eines Zuschlages zu zahlen ist. Möglich ist auch die Vereinbarung eines Freizeitausgleichs. Überstunden werden jedenfalls nur dann bezahlt,
wenn sie vom Arbeitgeber angeordnet worden sind oder betriebsnotwendig waren und vom Arbeitgeber geduldet wurden.

10. Urlaub

Die gesetzlichen Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) gewährleisten jedem Arbeitnehmer einen Mindesturlaub und regeln die Modalitäten der Urlaubsgewährung und -vergütung. In der Praxis sind Inhalt und Umfang des Urlaubsanspruchs jedoch regelmäßig durch Einzel- oder Tarifvertrag für den Arbeitnehmer günstiger gestaltet.

10.1 Wie viele Urlaubstage stehen dem Arbeitnehmer zu?

Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt gemäß § 3 BUrlG 24 Werktage. Werktage sind alle Tage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind, also auch Sonnabende. Ein Anspruch in dieser Höhe besteht jedoch nur, wenn die Arbeitspflicht an sechs Werktagen besteht. Das BUrlG beruht nämlich noch auf der früher üblichen 6-Tage-Arbeitswoche. Besteht die Arbeitsverpflichtung an weniger als sechs Tagen, ist daher eine Umrechnung vorzunehmen. Ist der Arbeitnehmer
z. B. von Montag bis Freitag zur Arbeit verpflichtet, reduziert sich der Urlaubsanspruch entsprechend auf 20 Arbeitstage; bei einer Arbeitsverpflichtung an vier Tagen pro Woche beträgt der Urlaubsanspruch 16 Arbeitstage. Als Faustregel kann gelten, dass der Arbeitnehmer mindestens vier Wochen im Jahr urlaubsbedingt abwesend sein darf.

10.2 Spielt es eine Rolle für die Höhe des Urlaubsanspruchs, ob der Arbeitnehmer nur wenige Stunden am Tag tätig ist?

Nein. Das BUrlG geht vom Tagesprinzip aus. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Befreiung von der Arbeitspflicht für Tage, nicht für Stunden. Urlaub kann daher nicht stundenweise berechnet und in der Regel auch nicht stundenweise gewährt werden.

10.3 Bestehen Besonderheiten für geringfügig Beschäftigte?

Nein. Geringfügig Beschäftigte haben ebenso Urlaubsansprüche wie Vollzeitarbeitskräfte. Ihnen steht daher mindestens der gesetzliche Mindesturlaub zu. Arbeitet ein wöchentlich beschäftigter Geringverdiener nicht an allen Tagen in der Woche, sind die wöchentlichen Arbeitstage des Geringverdieners zu denen eines Vollzeitarbeitnehmers in Beziehung zu setzen und hieraus die dem Geringverdiener zustehenden Urlaubstage zu ermitteln. Im Ergebnis bedeutet dies, dass ein geringfügig Beschäftigter genauso viele Wochen Urlaub nehmen kann wie ein Vollzeitarbeitnehmer. 

10.4 Werden Krankheitstage auf den Urlaub angerechnet, wenn der Arbeitnehmer während seines bereits angetretenen Urlaubs erkrankt?

Nein. Erkrankt der Arbeitnehmer während des Urlaubs, werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet. Dies regelt § 9 BUrlG.

10.5 Innerhalb welchen Zeitraums muss der Urlaub genommen werden?

Nach § 7 Abs. 3 BUrlG muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung auf das nächste Kalenderjahr ist möglich, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Jedoch ist die Übertragung nur befristet möglich: Der Urlaub muss dann bis zum 31. März des Folgejahres gewährt und genommen werden.

10.6 In welchen Fällen hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Sonderurlaub?

In Fällen der unverschuldeten Arbeitsverhinderung im Sinne von § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Fernbleiben von der Arbeit und behält zugleich seinen Vergütungsanspruch. Voraussetzung ist das Vorliegen eines persönlichen Leistungshindernisses. Das können besondere familiäre Ereignisse sein, z. B. die eigene Hochzeit oder die der Kinder, die Niederkunft der Ehefrau oder der in häuslicher Gemeinschaft lebenden Partnerin, Begräbnisse im engen Familienkreis, aber auch persönliche Unglücksfälle wie z. B. Einbruch, Brand, unverschuldete Verkehrsunfälle.

10.7 Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsgeld?

Urlaubsgeld ist eine zusätzliche, über das Urlaubsentgelt hinaus für die Dauer des Urlaubs gezahlte Vergütung. Anspruch auf Urlaubsgeld besteht nur, wenn eine besondere Vereinbarung dies vorsieht, also aufgrund Tarifvertrages, Betriebsvereinbarung oder Einzelarbeitsvertrages.

11. Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers 

Arbeitnehmer unterliegen schon kraft Gesetzes Verschwiegenheitspflichten. Nach § 17 UWG - Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - ist der Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen strafbar, wenn der Arbeitnehmer sie zu Zwecken des Wettbewerbs aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Geschäftsbetriebs Schaden zuzufügen, an jemand mitteilt. Ein weiteres Beispiel ist § 79 Betriebsverfassungsgesetz, nach dem die Mitglieder des Betriebsrats verpflichtet sind, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und
vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Über die gesetzlichen Regelungen hinaus erfasst die arbeitsvertragliche Verschwiegenheitspflicht nicht nur Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, sondern auch darüber hinausgehende schützenswerte Arbeitgeberinteressen. 

11.1 Ist eine vertragliche Vereinbarung erforderlich, um den Arbeitnehmer zur Verschwiegenheit zu verpflichten?

Auch ohne besondere Vereinbarung ist der Arbeitnehmer verpflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren. Es handelt sich hierbei um eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht, die neben den spezialgesetzlichen Geheimhaltungspflichten besteht.

11.2 Was sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse?

Dies sind alle Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehen, nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt und nicht offenkundig sind und nach dem (ausdrücklich oder konkludent) bekundeten Willen des Arbeitgebers auf Grund eines berechtigten wirtschaftlichen Interesses geheimgehalten werden sollen. Beispiele sind Tatsachen aus dem technischen und betrieblichen Bereich (Produktionseinrichtungen, Computersoftware), aus dem
Absatz- und Lieferantenbereich, aus dem Rechnungswesen (Bilanzen, Kalkulationen) und Fakten aus dem Personalbereich. 

11.3 Wann ist ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis “offenkundig” und unterliegt damit nicht der Verschwiegenheitspflicht?

Offenkundig und damit nicht der Verschwiegenheitspflicht unterliegend ist eine Tatsache, wenn sie von jedermann ohne größere Schwierigkeiten in Erfahrung gebracht werden kann. Zur Offenkundigkeit führt z. B. die Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift.

11.4 Wann hat der Arbeitgeber an der Geheimhaltung eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses kein „berechtigtes wirtschaftliches Interesse“?

Ein solches Interesse an der Geheimhaltung scheidet bei illegal - also etwa durch Wettbewerbsverstöße oder Straftaten - erlangtem Tatsachenmaterial aus.

11.5 Kann die Verschwiegenheitspflicht insoweit erweitert werden, als bestimmte Informationen vom Arbeitgeber ausdrücklich als vertraulich bezeichnet werden?

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können die Verschwiegenheitspflicht innerhalb der allgemeinen gesetzlichen Grenzen durch vertragliche Vereinbarung erweitern. Mindestvoraussetzung für deren Zulässigkeit ist ein Geheimhaltungsinteresse des Arbeitgebers. 

11.6 Besteht die Verschwiegenheitspflicht nur während der Dauer des Arbeitsverhältnisses?

Die Verschwiegenheitspflicht beginnt grundsätzlich mit Abschluss des Arbeitsvertrages; im Stadium der Vertragsanbahnung besteht sie, soweit ein besonderes Vertrauensverhältnis begründet wurde. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Arbeitnehmer auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich zur Verschwiegenheit über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verpflichtet. Das gilt aber nur insoweit, wie der Arbeitnehmer durch die Wahrung solcher Verschwiegenheitspflichten nicht in seiner Berufsausübung unzumutbar beschränkt wird. Einen weitergehenden Geheimnisschutz
kann der Arbeitgeber nur über die Vereinbarung eines  nachvertraglichen Wettbewerbsverbots erreichen.

11.7 Welche Rechtsfolgen hat die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht?

Auf die Verletzung kann der Arbeitgeber zum einen mit einer Unterlassungsklage reagieren. Auch eine Strafbarkeit des Arbeitnehmers kommt in Betracht, z. B. gemäß § 17 UWG. Ferner können Geheimnisverletzungen die ordentliche oder außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Daneben können auch Schadenersatzansprüche bestehen.

12. Weisungsrecht und Änderungskündigung

Das Direktions- bzw. Weisungsrecht berechtigt den Arbeitgeber, die im Arbeitsvertrag umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers einseitig durch Weisungen zu konkretisieren im Hinblick auf Zeit, Ort, Inhalt sowie Art und Weise der zu leistenden Arbeit. Gleichzeitig bildet der Arbeitsvertrag eine erste Grenze für die Ausübung des Direktionsrechts: Je konkreter das Aufgabengebiet des Arbeitnehmers im Vertrag umschrieben ist, desto kleiner ist der Spielraum des Arbeitgebers hinsichtlich der Ausübung des Weisungsrechts. Bei Maßnahmen, die der Arbeitgeber nicht mehr im Rahmen seines Direktionsrechts realisieren kann, kommt unter Umständen eine Änderungskündigung in Betracht.

12.1 Kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer jederzeit einen anderen Arbeitsbereich zuteilen? 

Die Zuteilung eines anderen Arbeitsbereichs bedarf einer Versetzung, die ihre Rechtsgrundlage im Direktionsrecht des Arbeitgebers hat. Eine Versetzung ist nur möglich, wenn der Arbeitsvertrag eine Versetzungsklausel enthält, z. B. die Festlegung, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, dem Arbeitnehmer andere zumutbare, gleichwertige Tätigkeiten zu übertragen. Bei der Formulierung der Klausel ist insbesondere zu beachten, dass eine Versetzung nicht in den Kernbereich des Arbeitsvertrages eingreifen darf. 

12.2 Ist eine Versetzung auch ohne arbeitsvertragliche Grundlage möglich?

Enthält der Arbeitsvertrag keine oder eine unwirksame Versetzungsklausel, ist der Arbeitgeber darauf angewiesen, dass sich der Arbeitnehmer mit der Versetzung einverstanden erklärt. Liegt ein Einverständnis nicht vor, kommt eine Änderungskündigung in Betracht. Durch diese wird der Inhalt eines Arbeitsvertrages einseitig geändert: Der Arbeitgeber kündigt dem Arbeitnehmer, bietet ihm aber im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an.

12.3 Ist für eine Änderungskündigung eine bestimmte Form vorgeschrieben?

Die Änderungskündigung ist eine „echte“ Kündigung, die das Arbeitsverhältnis nicht nur ändern, sondern beenden kann und bedarf daher zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die Schriftform gilt nicht nur für die in ihr enthaltene Änderungskündigung, sondern auch für das mit ihr verbundene Änderungsangebot.

12.4 Gelten Besonderheiten für die Wirksamkeit einer Änderungskündigung?

Die Änderungskündigung ist als ordentliche und außerordentliche Kündigung möglich. Da es nicht nur um die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, sondern darum geht, ob es zu geänderten Bedingungen fortgesetzt wird, gilt hier im Vergleich zur gewöhnlichen Kündigung, durch die ein Arbeitsverhältnis einfach nur beendet werden soll, ein anderer Maßstab bei der Beurteilung ihrer Wirksamkeit. 

Auch die ordentliche Änderungskündigung muss im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes sozial gerechtfertigt sein; Maßstab für die Prüfung der Sozialwidrigkeit ist jedoch nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern allein die soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen. Die außerordentliche Änderungskündigung setzt u. a. voraus, dass die sofortige Änderung der Arbeitsbedingungen unabweisbar notwendig ist.

12.5 Gibt es verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten für eine Änderungskündigung?

Der Arbeitgeber kann eine unbedingte Kündigung aussprechen und mit ihr die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen anbieten oder eine bedingte Kündigung aussprechen, die gelten soll, falls der Arbeitnehmer das Vertragsangebot nicht annimmt. 

 

Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
 

Aktualisierung: 01.01.2019

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