Wirtschaftspolitik 2030


Wirtschaftspolitik 2030

10 Zukunftsthemen für die deutsche Wirtschaft

Deutschland befindet sich an einem wirtschaftlichen Wendepunkt. Die Herausforderungen, die durch einen Mangel an Produktivitätswachstum, die Alterung der Bevölkerung, zaghafte Digitalisierung und strukturelle Hürden entstehen, erfordern entschlossene Reformen und eine Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik. Die sächsischen Industrie- und Handelskammern (IHKs) Chemnitz, Dresden und zu Leipzig fordern eine Politik, die Stabilität und Berechenbarkeit gewährleistet und dabei die Wirtschaft und die internationale Wettbewerbsfähigkeit in den Mittelpunkt stellt. Sachsen muss Industrieland bleiben. Vor dem Hintergrund der geopolitischen Herausforderungen ist es unabdingbar, die Kommunikation zwischen Wirtschaft und Politik weiter zu intensivieren und Entscheidungen reflektierter zu gestalten. Die zehn Kernforderungen sollen den Weg in eine wirtschaftlich starke Zukunft weisen und als Handreichung für die Kandidaten der Bundestagswahl 2025 dienen.

Die letzten Jahre sind inzwischen von einer dauerhaften Konjunkturschwäche mit rezessiven Tendenzen gekennzeichnet. Deutschland schafft es nicht aus der Wachstumsschwäche heraus, vertagt den Aufschwung Quartal für Quartal und wird in Anlehnung an die schwierigen Jahre zu Beginn des Jahrtausends im Ausland wieder als „kranker Mann Europas“ bezeichnet. Aufgrund dieser Entwicklung ergeben sich nicht zu unterschätzende Gefahren für die zukünftige Wohlstandsgenerierung, die maßgeblich von den hier wirtschaftenden Unternehmen getragen werden. Die Lösung struktureller Probleme des Standorts bedarf mithin einer grundlegenden Neuausrichtung der politischen Parameter, damit Unternehmen erfolgreich wirtschaften können und wir unseren hohen Lebensstandard in einer zunehmend kompetitiven Geopolitik erhalten. Die sächsischen Industrie- und Handelskammern fordern einen neuen wirtschaftspolitischen Kurs, der kurzfristig klare Wachstumsimpulse setzt, den Standort Deutschland langfristig stärkt und damit Wohlstand und Arbeitsplätze sichert. Dafür braucht es eine positive Zukunftsagenda, die Stabilität und Berechenbarkeit sowie mehr unternehmerische Verantwortung statt Staat in den Mittelpunkt setzt. Die vorliegenden Forderungen geben den Kandidatinnen und Kandidaten zur Bundestagswahl einen Leitfaden, um die Weichen für eine wirtschaftlich starke Zukunft zu stellen. Die Industrie- und Handelskammern verstehen sich in diesem Prozess als kompetente und lösungsorientierte Partner.

Chemnitz, Dresden und Leipzig im Januar 2025

Max Jankowsky
Präsident IHK Chemnitz

Dr. Andreas Sperl
Präsident IHK Dresden

Kristian Kirpal
Präsident IHK zu Leipzig


1. Weniger Regeln, mehr Möglichkeiten – für eine eigenverantwortliche Wirtschaft!

Forderung:

Die wirtschaftliche Dynamik wird durch ein dichtes Netz von Regulierungen behindert. Ein umfassendes Bürokratieabbauprogramm soll unternehmerische Freiheit gewährleisten, Genehmigungsprozesse erleichtern und Gründungen fördern. Deutschland braucht angesichts der sich verändernden internationalen Rahmenbedingungen eine wettbewerbsfähige Regulierung und schnelle Genehmigungen. Die IHKs fordern ein sofortiges Moratorium für neue Regulierungen und ein einheitliches Verfahren zur Überprüfung bestehender Regelungen. Der anstehende Reformprozess muss unter den Prinzipien Effizienz, Effektivität und Resilienz erfolgen. Die Staatsquote muss durch eine Priorisierung von öffentlichen Aufgaben und Ausgaben sinken. Zudem muss das entscheidende Zukunftsthema Digitalisierung in einem Ministerium gebündelt werden. Bis 2030 scheidet ein Drittel der Beschäftigten aus dem öffentlichen Dienst aus. Diese Gelegenheit sollte für eine konsequente Digitalisierung und mithin für den überfälligen Abbau von Personalstellen genutzt werden.

Handlungsempfehlung:

  • Belastungsmoratorium für neue Regulierungen: Insbesondere muss sich die Bundesregierung gegenüber der EU-Kommission dafür einsetzen, dass die unmittelbaren bürokratischen Lasten aus den Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit, der Lieferkette und im CO₂-Außenhandel koordiniert und reduziert werden.
  • Abschaffung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG): Angesichts der Europäischen Lieferkettenrichtlinie muss das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in seiner jetzigen Form aufgehoben werden, um Mehrbelastungen der unterschiedlichen geregelten Verpflichtungen zu vermeiden.
  • Jahresentbürokratiesierungsgesetz: Es braucht eines jährlichen Bürokratieabbaugesetzes, das sich aus der Zuarbeit aller Ressorts speist, damit eine kontinuierliche und spürbare Eindämmung übermäßiger Belastung ermöglicht wird.
  • Einführung eines Deregulierungsgesetzes, um Gold-Plating abzuschaffen: Es darf höchstens eine 1:1-Umsetzung europäischer Vorgaben in nationales Recht erfolgen. Deutsche Sonderinteressen dürfen nicht weiter zu einer Übererfüllung führen.
  • Überarbeitung des E-Government-Gesetzes, Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes (OZG): Konsequente Umsetzung der Digitalisierung von Verwaltungsprozessen zur Effizienzsteigerung und zur Beschleunigung von Prozessen. KI und Dunkelverarbeitung ermöglichen und das Once-only-Prinzip implementieren.
  • Anpassung des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG): Einführung vereinfachter Genehmigungsverfahren und Reduzierung von Verfahrensfristen.
  • Rechtssicherheit und Klarheit bei der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) schaffen: Datenschutz sollte durch praktikable und rechtssichere Regelungen gewährleistet werden, um Bürokratie zu vermeiden und die Nutzungsrechte an Daten klar zu definieren. Zudem muss der Rechtsrahmen an datengetriebene Geschäftsmodelle angepasst werden, um internationale Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern.
  • Einführung des Reallabore-Gesetzes inkl. Experimentierklausel-Check: Jedes neue Gesetz ist auf die Möglichkeit der Umsetzung von neuen Reallaboren zu prüfen. Um frühzeitig rechtliche Hürden bei neuer Technologie identifizieren zu können, müssen Experimentierräume mit der Wirtschaft ermöglicht werden.
  • Schaffung eines „echten“ Digitalministeriums: Dort müssen alle wesentlichen Themen der Digitalpolitik (unterlegt mit KPIs und verbindlichen Zeitplänen) mit zentralen Budgets und effektiven Koordinierungsrechten gebündelt und verantwortet werden.
  • Vergaben des Bundes: Keine Aufnahme sachfremder Kriterien, wie zum Beispiel Nachhaltigkeitsauflagen und tarifvertragliche Standards in die Vergabegesetze.

Konsequenz:

Durch die Abschaffung unnötiger Bürokratie werden unternehmerische Kapazitäten frei, die zum einen produktiv und zum anderen für Innovation und Investitionen verwendet werden können. Gründer- und Unternehmergeist werden gefördert und durch die Abschaffung der Misstrauenskultur entsteht die Chance auf einen Dialog auf Augenhöhe.

2. Niedrigere Energiepreise und Ausbau der Energieinfrastruktur – für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft!

Forderung:

Industrie und Mittelstand benötigen sichere und kostengünstige Energie als Lebenselixier. Deutschland muss bis spätestens 2030 auch hier wieder international wettbewerbsfähig werden. Um das Energieangebot zu erhöhen, muss der Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter vorangebracht werden. Dies allein reicht jedoch nicht aus. Auch die Infrastruktur, bestehend aus Netzen und Speichern, muss Schritt halten, um eine 24/7-Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Es bedarf der Beschleunigung des Netzausbaus in allen Spannungsebenen und verbesserter Koordination mit dem Ausbau erneuerbarer Energien sowie eines beschleunigten Ausbaus von Stromspeicherkapazitäten. Die hierdurch entstehenden Kosten dürfen im internationalen Vergleich nicht zu einer Mehrbelastung von Unternehmen führen.

Handlungsempfehlung:

  • Deckelung der Netzentgelte (StromNEV): Angesichts der anstehenden Erhöhungen ist eine Deckelung für die (gewerblichen) Endkunden erforderlich. Die Finanzierung der dringend notwendigen Investitionen in Netze kann über Amortisationskonten erfolgen. Neue Flexibilitätsanreize dürfen nicht zu Mehrbelastungen bei Akteuren führen, welche nicht zu einer Flexibilisierung in der Lage sind.
  • Senkung der Stromsteuer (StromStG): Für die Wirtschaft muss die Stromsteuer auf das europäische Mindestniveau herabgesetzt werden.
  • Finanzierung weiterer Umlagen über den Staatshaushalt: Für die Senkung der Energiekosten für die Wirtschaft in ihrer gesamten Breite müssen nach der EEG-Umlage weitere Umlagen staatlich finanziert werden.
  • Zügige Umsetzung der Kraftwerksstrategie (KWSG): Die Ausschreibung von Back-up-Kraftwerken und Langzeitspeichern mit ausreichender Leistung muss zügig umgesetzt werden.
  • Überarbeitung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG): Vereinfachung der Netzregulierung und Einführung von Anreizen für den Ausbau der Speicherkapazitäten, zum Beispiel durch die Befreiung von Stromspeichern von Baukostenzuschüssen bei der Netzanbindung
  • Anpassung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG): Stärkere Integration in den EU-Emissionshandel und Vermeidung nationaler Alleingänge.
  • Vereinfachung von Herkunftsnachweisen (HKNR): Herkunftsnachweise für förderfähigen Grünstrom in der Industrie müssen einfacher gestaltet werden. Ein generisches Zertifikat des Stromerzeugers muss ausreichen.
  • Novellierung des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) abschließen:  Die Modernisierung und Digitalisierung der Infrastruktur auf Verteilnetzebene muss zügig umgesetzt werden. Der bereits festgesetzte Handlungsrahmen für die Netzbetreiber sollte nicht erneut geändert werden.

Konsequenz:

Durch den beschleunigten Ausbau der Netz- und Speicherinfrastruktur erhöht sich nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der hier ansässigen Unternehmen, sondern auch die Standortattraktivität für Neuansiedlungen, die auf Energie aus nachhaltigen Quellen zur wettbewerbsfähigen Gesamtpreisen angewiesen sind.

3. Wettbewerbsfähiges und praxistaugliches Steuersystem – für eine leistungsfähige Wirtschaft!

Forderung:

Hohe Unternehmenssteuern stellen einen Wettbewerbsnachteil dar. Eine Senkung der Körperschaftsteuer und des Solidaritätszuschlags sowie erhöhte Abschreibungen sollen Investitionen anregen und so die Wettbewerbsfähigkeit sichern. Es reicht nicht, die Bedingungen für Abschreibungen zu verbessern und Freibeträge in überschaubarem Umfang anzuheben. Gleichzeitig muss der Bund Neutralität zwischen der Besteuerung von Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften herstellen – beispielsweise über ein Optionsmodell für Personenunternehmen zur Veranlagung nach Körperschaftsteuer. Erstrebenswert wäre eine rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung von maximal 25 Prozent.

Handlungsempfehlung:

  • Erhöhte Abschreibungen (EStG): Ausweitung der degressiven AfA auf 30 Prozent der Investitionssumme, Anpassung der Abschreibungsdauer an die Nutzungsdauer in der Praxis, Einführung beschleunigter Abschreibungen für Investitionen in Forschung und Entwicklung.
  • Änderung des Körperschaftsteuergesetzes (KStG): Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau (Gesamtbelastung aus Körperschafts- und Gewerbesteuer max. 25 Prozent)
  • Abschaffung der Gewerbesteuer (GewStG): Die Gewerbesteuer ist besonders ineffizient und bürokratisch. Sie könnte durch einen Zuschlag auf die Einkommens- und Körperschaftsteuer ersetzt werden, den die Kommunen erheben.
  • Abschaffung des Solidaritätszuschlaggesetzes (SolZG): Vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags.
  • Änderungen am Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG): Abschaffung der Erbschaftsteuer für Unternehmensnachfolgen, da Aufkommen und Bürokratieaufwand zur Erhebung in keinem Verhältnis zueinanderstehen, oder alternativ Einführung einer geringen Flat-Tax (max. 10 Prozent) unter Abschaffung aller Ausnahmetatbestände.

Konsequenz:

Eine geringere Steuerbelastung stärkt die Wettbewerbsposition der Unternehmen, setzt Investitionsanreize und führt zudem zu einem Bürokratieabbau. Die Umgestaltung der Gewerbesteuer in einen Zuschlag auf die Einkommens- und Körperschaftssteuer trägt zudem zu einer Glättung der kommunalen Haushalte bei.

4. Investitionsstau auflösen, moderne Infrastruktur flächendeckend schaffen – für eine zukunftsfähige Wirtschaft!

Forderung:

Um den Investitionsstau in der Infrastruktur aufzulösen und die zunehmend maroden Brücken, Schienen und Straßen in diesem Land zu modernisieren, sind in den nächsten Jahren massive öffentliche Investitionen umzusetzen. Hinzu kommt der fortlaufende Ausbau der Telekommunikations- (Glasfaser/Highspeed-Internet, Mobilfunk) und der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur. Für die Umstellung von Erdgas auf vollständig grünen Wasserstoff in den Jahren nach 2030 sind ausreichend Erzeugungskapazitäten (EE-Anlagen, Elektrolyseure) und Pipelinenetze erforderlich. Zusätzlich zur Priorisierung des Einsatzes öffentlicher Gelder für den Erhalt und den Ausbau der Infrastruktur, muss das Investitionsbeschleunigungsgesetz aus dem Jahr 2020 konsequent umgesetzt und wo nötig angepasst werden. Insgesamt muss bei alledem der ländliche Raum besonders berücksichtigt werden.

Handlungsempfehlung:

  • Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans: Die im Bundesverkehrswegeplan enthaltenen sächsischen Projekte müssen zügig umgesetzt werden.
  • Elektrifizierung (und weitestgehend zweigleisiger Ausbau) der folgenden Strecken: Leipzig-Chemnitz, die Sachsen-Franken-Magistrale (zwischen Nürnberg und Hof sowie Dresden und Görlitz) und Cottbus-Horka-Görlitz-Zittau.
  • Sicherung der Wasserstoffanbindung: Die öffentliche Hand muss eine lückenlose Anbindung aller sächsischen Regionen und auf Wasserstoff angewiesenen Unternehmen an das Wasserstoffnetz gewährleisten.
  • Überarbeitung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG): Vereinfachung von Genehmigungsverfahren für Wasserstoffprojekte und Anlagen zur Wasserstofferzeugung.
  • Anpassung des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG): Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren für Verkehrsprojekte.
  • Überarbeitung des Telekommunikationsgesetzes (TKG): Förderung des Breitbandausbaus und Einführung von Anreizen für private Investitionen in digitale Infrastrukturen,
  • Digitale Infrastruktur: Schaffung einer souveränen digitalen Infrastruktur für die Weiterentwicklung der gewerblichen Wirtschaft (Rechenzentren, Cloud-Lösungen, flächendeckende Mobilfunkinfrastruktur für gewerbliche Anwendungen etc.)

Konsequenz:

Eine nachhaltige Investitionsstrategie stärkt den Freistaat sowohl im ländlichen Raum als auch in den Großstädten. Der andauernde Investitionsstau wird aufgelöst.

5. Klare Förder- und Industriepolitik – für eine starke Wirtschaft!

Forderung:

Industriepolitik muss den Rahmen dafür bieten, dass in- und ausländische Unternehmen aus Branchen mit großem Zukunftspotenzial am Standort Deutschland investieren. Dieser ist vor allem durch marktwirtschaftliche Anreize und klare attraktive Rahmenbedingungen zu erzielen. Innovationsfreundliche steuerliche Rahmenbedingungen und mehr Risikokapital müssen die wirtschaftliche Entwicklung beschleunigen. Der Mittelstand ist auch zukünftig auf staatliche Unterstützung angewiesen, um die Transformation in eine digitale, automatisierte und klimabewusste Wirtschaft erfolgreich zu meistern. Dafür braucht es eine Fokussierung der Förderprogramme auf industrielle Stärken des Standortes und der Bewältigung des Strukturwandels. Eine Zersplitterung und parallele sich überschneidende Fördermaßnahmen sind zu vermeiden. Darüber hinaus sollte die Investitionstätigkeit der Unternehmen künftig primär über steuerliche Anreize statt über Mikrosteuerung durch Regulierung oder überfrachtete Förderprogramme angeregt werden.

Handlungsempfehlung:

  • Anpassung Forschungszulagengesetz (FZulG): Erhöhung steuerlicher Anreize für Investitionen in Forschung und Entwicklung, Verrechnung mit Vorsteuer ermöglichen.
  • Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW): Förderungen auf hohem Niveau beibehalten und Arbeitsplatzkriterium im GRW-Koordinierungsrahmen abschaffen.
  • Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM): bietet KMU finanzielle Unterstützung für betriebliche Innovationen und sollte auf hohem Niveau verstetigt werden. Zudem muss die neue Richtlinie umgehend verabschiedet werden.
  • Anpassung des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (VAG): Ausweitung der Investitionen von Versicherungen und Pensionsfonds in Wagniskapital ermöglichen.
  • Vorzeitigen Maßnahmenbeginn bei Förderprogrammen auf eigenes Risiko ermöglichen: Für den Erhalt der Forschungslandschaft muss es Forschungseinrichtungen ermöglicht werden, auf Basis von LOIs auf eigenes Risiko Projekte zu beginnen und rückwirkend abzurechnen (IGF-Programm, InnoKom, ZIM). Ansonsten droht ein massiver Abfluss von Humankapital und mithin Nachteile für den Transfer von Innovationen.
  • Vereinfachung des Testens und Experimentierens mit neuen technischen Möglichkeiten: Der AI-Act (KI-Verordnung) muss schnellstmöglich mit entsprechenden Text- und Experimentiermöglichkeiten in deutsches Recht umgesetzt werden.
  • Rückverbürgung durch die KfW erhöhen: Um die Finanzierung von Unternehmensnachfolgen sowie Investitionen in Transformationsprozesse zur Digitalisierung und Dekarbonisierung zu erleichtern, soll die Rückverbürgung durch die KfW angepasst werden. Dadurch können Bürgschaften für entsprechende Vorhaben attraktiver und zugänglicher gestaltet werden.

Konsequenz:

Die unaufhaltsam anstehenden Transformationsprozesse werden strategisch und entschieden unterstützt. Dies stärkt die Investitionsbereitschaft von Unternehmen und beschleunigt den Wandel hin zu einer nachhaltigeren sowie digitalisierten Wirtschaft. Deutschland sichert sich die Chance auf eine Vorreiterrolle in globalen Wachstumsmärkten.

6. Arbeitsmarkt flexibilisieren, Leistungsanreize setzen – für eine erfolgreiche Wirtschaft!

Forderung:

In der deutschen Arbeitsmarktpolitik ist eine Umsteuerung dringend notwendig. Leistung muss sich wieder lohnen. Die Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre haben dazu geführt, dass das Volumen an im Jahr geleisteten Arbeitsstunden mittlerweile das geringste aller EU-Staaten ist. Die mit dem „Bürgergeld“, zusätzlichen weiteren staatlichen Unterstützungsleistungen und gesetzlichen Regelungen zur vereinfachten Nutzung von Teilzeitbeschäftigung falsch gesetzten Anreize sind ursächlich dafür, dass sich die Aufnahme von Arbeit in Vollzeit für viele Menschen aktuell schlicht nicht lohnt. Dringend erforderlich sind zudem flexiblere Arbeitszeitmodelle und eine stärkere Förderung der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt, um die Fachkräftelücke zu schließen. Gesetzliche Anpassungen sollen die Attraktivität des Standorts für Arbeitskräfte aus dem Ausland und das Potenzial des Arbeitsmarkts maximieren.

Handlungsempfehlung:

  • Änderung des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG): Einführung flexiblerer Arbeitszeitmodelle, wie z. B. wöchentliche statt tägliche Höchstarbeitszeiten. Lockerung der Grenzen für Höchstarbeitszeit für jene Beschäftigte, die freiwillig mehr arbeiten möchten.
  • Anpassung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG): Vereinfachung der zu komplexen und komplizierten Regelungen bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln und der Anerkennung und Bewertung von ausländischen Berufsabschlüssen. Senkung der Gehaltsgrenzen und Möglichkeit zur Beschäftigung in der Zeitarbeitsbranche.
  • Anpassung des Teilzeitgesetzes (TzBfG):Das Recht auf Teilzeit sollte künftig wieder an konkrete Anlässe, wie z. B. die Pflege Angehöriger, geknüpft werden.
  • Inländisches Fachkräftepotenzial nutzen: Rückkehr zum bewährten Prinzip des „Forderns und Förderns“. Dazu muss zunächst das als bedingungsloses Grundeinkommen angelegte „Bürgergeld“ abgeschafft werden. Arbeitsagenturen und Jobcenter müssen wieder legitimiert werden, Sanktionen auszusprechen, wenn zumutbare Arbeitsangebote ausgeschlagen werden. Um mehr Menschen in Arbeit zu bringen, muss zudem das Lohnabstandsgebot konsequent eingehalten werden. Durch die Anpassung von Hinzuverdienstgrenzen und Einkommenssteuersätzen müssen Anreize für die Rückkehr in eine Erwerbstätigkeit gesetzt werden.

Konsequenz:

Die genannten Maßnahmen tragen zu einer Steigerung des Wertschöpfungspotenzials bei. Die Folgen des demografischen Wandels werden abgeschwächt, indem sowohl auf inländische als auch ausländische Potenziale in größerem Maße zurückgegriffen wird.

7. Bildungsreform und Fachkräftesicherung – für eine exzellente Wirtschaft!

Forderung:

Bildung ist ein wichtiger Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft und der Wirtschaft in unserem Land. Für die Jahre ab 2025 müssen daher die Anforderungen an ein exzellentes Bildungssystem im Mittelpunkt der politischen Debatte stehen. Es muss gelingen, eine praxisnahe und auf die zukunftsrelevanten Themen fokussierende Bildungslandschaft zu etablieren, die insbesondere die MINT-Fächer in den Mittelpunkt rückt. Der Bildungsföderalismus muss durch eine zentrale koordinierte Bildungsstrategie weiterentwickelt werden. Die Qualität der Bildung und die Bildungsgerechtigkeit sind wieder stärker in den Blick zu nehmen. Zur langfristigen Sicherung des Fachkräftebedarfs der deutschen Wirtschaft muss insbesondere die berufliche Bildung exzellent aufgestellt werden.

Handlungsempfehlung:

  • Bildungsagenda Deutschland 2035: Die Bundesregierung muss im Schulterschluss mit der Kultusministerkonferenz (KMK) verbindliche und bundeseinheitliche Bildungsstandards erarbeiten, die sich an nationalen und vor allem internationalen Best Practices orientieren. Ziel muss sein, die Bildungsqualität und -gerechtigkeit insbesondere in der MINT-Ausbildung zu verbessern.
  • Verbesserung der Bildungsqualität und -gerechtigkeit: Investitionen in frühkindliche Bildung und kontinuierliche Fortbildung von Lehrkräften sollen Chancengleichheit und Bildungsqualität erhöhen.
  • Überarbeitung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG): Modernisierung der Ausbildungsinhalte und Integration digitaler Kompetenzen in die Berufsausbildung.
  • Lebenslanges Lernen fördern: Finanzielle Anreize und Programme zur beruflichen Fort- und Weiterbildung sollen die Qualifikationen der Beschäftigten kontinuierlich erweitern.

Konsequenz:

Eine bessere Bildung stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, indem sie den Fachkräftemangel mindert und die Innovationsfähigkeit durch besser qualifizierte Arbeitskräfte erhöht

8. Sozialversicherungssysteme modernisieren, Lohnfindung entpolitisieren – für eine belastbare Wirtschaft!

Forderung:

Um eine nachhaltige Finanzierung der sozialen Sicherung zu garantieren und zugleich ein verlässliches Leistungsangebot vorhalten zu können, sind Reformen notwendig. Mit Blick auf die Lohnnebenkosten und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ist es dabei anzustreben, dass der Gesamtbeitragssatz dauerhaft bei unter 40 Prozent stabilisiert wird. Zugleich muss der stetige Anstieg der Steuerzuschüsse in die soziale Sicherung gestoppt werden.

Handlungsempfehlung:

  • Überprüfung des Sozialgesetzbuches (SGB): Identifikation und Reduzierung versicherungsfremder Leistungen in der Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung.
  • Anpassung des Beitragsgesetzes: Einführung von Beitragsdeckeln oder -senkungen für Arbeitgeberanteile.
  • Entpolitisierung der Lohnfindung (MiLoG): Erhöhungen des Mindestlohnes dürfen nur auf Basis der Empfehlungen der Mindestlohnkommission erfolgen.

Konsequenz:

Die Belastung des Faktors Arbeit sinkt und die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft verbessert sich. Davon profitieren sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber.

9. Lieferketten sichern, internationalen Handel stärken – für eine globale Wirtschaft!

Forderung:

Die Bundesregierung muss sich für effektive Verhandlungen der EU mit Freihandelspartnern einsetzen. Zielsetzung hierbei muss es sein, der sächsischen Wirtschaft umfassenden Marktzugang in Drittstaaten zu ermöglichen, sowie ein sicheres europäisches Wirtschaftsumfeld zu erhalten. Mit der europäischen Lieferkettenrichtlinie oder dem „Carbon Border Adjustment Mechanism“ nimmt die Überregulierung zu. Änderungen von Lieferketten, wie Lieferantensuche, Lagerhaltung oder neue Betriebsniederlassungen müssen aber rein unternehmerische Entscheidungen bleiben. Zusätzliche Lenkungsvorgaben seitens der EU sind zu verhindern.

Handlungsempfehlung:

  • Neue Handelsabkommen: Angesichts der neuen geopolitischen Lage müssen neue Rohstoff- und Handelsabkommen wie mit den Mercosur-Staaten geschlossen werden, damit Europa weiterhin ein global wichtiger Akteur bleibt. Die Abkommen dürfen nicht mit Nachhaltigkeitskriterien überfrachtet werden.
  • Europäische Integration: Das größte Handelspotenzial liegt in der EU, deshalb müssen Hemmnisse im Binnenmarkt, bspw. bei innereuropäischen Dienstleistungen, dringend abgebaut werden.
  • Schnellere Ausfuhrgenehmigungen: Durch mehr (ggf. auditierte) Eigenverantwortlichkeit der Unternehmen kann die Exportkontrolle schneller und unbürokratischer erfolgen, z. B. durch Allgemeingenehmigungen für Wiederholanträge an einen gleichen Empfänger.
  • Carbon Leakage Grenzausgleich (CBAM) praktikabel gestalten: Die CO2-Grenzsteuer muss deutlich vereinfacht werden, um für die Anwender praktikabel zu sein und ihre Wirkung zu entfalten. Zudem ist eine Befreiung von CO2-Kosten beim Export erforderlich.
  • Ganzheitliche europäische Digitalisierungsstrategie: Umsetzung einer ganzheitlichen europäischen Digitalisierungsstrategie, die die komplette digitale Wertschöpfungskette von Hardware, Software bis zum Anwender betrachtet. Um eine europäische Datensouveränität zu gewährleisten, sind beispielsweise gute Rahmenbedingungen für den Ausbau von Rechenzentren in Europa zu schaffen.  

Konsequenz:

Europa im Allgemeinen und Deutschland im Speziellen bleiben weiterhin ein wichtiger Akteur der globalen Wirtschaft. Zudem werden der Standort insgesamt und die europäische Integration gestärkt.

10. Zirkuläre Wirtschaft fördern, Rohstoffe sichern – für eine resiliente Wirtschaft!

Forderung:

Für Deutschland als rohstoffarmes Land ist die Verfügbarkeit insbesondere von strategischen Rohstoffen wie Lithium, Kobalt oder „seltene Erden“ essenziell. Entsprechend muss es hierzulande einfacher werden, die wenigen heimischen Rohstoffe nutzbar zu machen. Dies betrifft auch Baurohstoffe wie Sande und Kiese. Zudem müssen der Aufbereitung von Rohstoffen und der Kreislaufwirtschaft (z. B. Batterierecycling) künftig mehr Bedeutung geschenkt werden. Dabei ist es erforderlich, gesetzliche bzw. behördliche Auflagen nicht zu eng zu fassen. Der Zugang zu kritischen Rohstoffen und die Förderung der Kreislaufwirtschaft sind essenziell, um die deutsche Industrie langfristig zu sichern. Die Wiederverwertung von Ressourcen und der Abbau heimischer Rohstoffe müssen strategisch unterstützt werden. Dafür ist die deutsche Rohstoffstrategie konsequent umzusetzen.

Handlungsempfehlung:

  • Änderung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG): Erleichterung von Recyclingprozessen und Einführung neuer Standards für die Rückgewinnung von Ressourcen.
  • Überarbeitung des Bundesberggesetzes (BBergG): Förderung des heimischen Rohstoffabbaus und Vereinfachung von Genehmigungsverfahren für den Abbau kritischer Ressourcen.
  • Internationale Kooperationen und Partnerschaften: Der Aufbau und die Pflege von Rohstoffpartnerschaften mit rohstoffreichen Ländern sind essenziell, um langfristige Lieferverträge und stabile Handelsbeziehungen zu sichern. Deutschland sollte seine Abhängigkeit von wenigen Lieferländern reduzieren und die Bezugsquellen für kritische Rohstoffe diversifizieren.

Konsequenz:

Der Erschließung lokaler Rohstoffvorkommen, stabilen Rohstoffabkommen und der Wiederverwertung von Ressourcen kommt in Zeiten zunehmenden Protektionismus eine wichtige Funktion in der Sicherung des Rohstoffzugangs für die hiesige Industrie zu.

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