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Unternehmensnachfolge aus arbeitsrechtlicher Sicht

Der Generationenwechsel ist in vielen mittelständigen Unternehmen ein aktuelles Thema. Gleich, ob Übernahme eines Unternehmens, Unternehmensverkauf, Ausgründung oder Outsourcing, rechtlich handelt es sich oft um einen Betriebsübergang, bei dem der Übernehmer bzw. Käufer auch in die arbeitsrechtlichen Rechte und Pflichten des bisherigen Inhabers eintritt.
Ein Betriebsübergang liegt nur vor, wenn eine Änderung in der Person desjenigen erfolgt, der arbeitsrechtlich die Organisations-
und Leitungsmacht über den Betrieb oder des Betriebsteils ausübt, unabhängig davon, ob es sich dabei um eine natürliche oder eine juristische Person handelt. Liegt ein solcher Betriebsübergang vor, so hat der Übernehmer bzw. Käufer aber auch der bisherige Inhaber die damit verbundenen Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, das Haftungssystem und das Kündigungsrecht zu beachten.

Danach stellen sich nun folgende Fragen, die dieses Merkblatt beantwortet:

I. Wann genau liegt ein Betriebsübergang nach § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor?

Ein Betriebsübergang nach § 613a BGB liegt vor, wenn infolge eines Übergangs ein Betrieb oder ein Betriebsteil durch Rechtsgeschäft (z.B. Kaufvertrag) auf einen neuen Inhaber übertragen wird.

1. Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils bzw. einer wirtschaftlichen Einheit

Erste Voraussetzung für einen Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB ist der Übergang eines Betriebs oder Betriebsteiles.

a.) Betrieb

Nach dem Bundesarbeitsgerichtes (BAG) ist ein Betrieb nach § 613a BGB „die organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von sächlichen oder immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung des Eigenbedarfs erschöpfen.“ Zudem ist der Betrieb nicht an die Art oder den Ort der Ausübung gebunden. Es kommt auf eine Einheit an, die erst durch die Mittel der Betriebsorganisation zu einer
Einheit geworden ist. Sächliche und immaterielle Mittel sind nichts anderes als Produktionsfaktoren, die dauerhaft eingesetzt werden, um Fremdbedarf zu decken.

b.) Betriebsteil

Beim Betriebsteil handelt es sich um einen Bereich eines Betriebes, der zwar auf den Zweck des Hauptbetriebes ausgerichtet und in dessen Organisation eingegliedert ist, allerdings vom Hauptbetrieb organisatorisch abgrenzbar und relativ verselbständigt ist. Dabei muss es sich um eine organisatorische Untergliederung handeln, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird. Das bedeutet, dass, wenn nicht ohnehin ein Betrieb im Ganzen übergeht, eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit vorliegen muss, die innerhalb eines betrieblichen Gesamtzwecks einen Teil- oder Hilfszweck verfolgt.
Ein Betriebsteil kann eine Abteilung, eine Filiale, eine Geschäftsstelle oder auch eine bestimmte Funktion sein, selbst wenn diese nur von einer einzigen Person ausgeübt wird. Eine bloße Tätigkeits- oder Funktionsnachfolge ist jedoch nicht ausreichend (z.B. die Vergabe eines Gebäudereinigungsauftrages an eine andere Firma).

c.) Definition der wirtschaftlichen Einheit

Nach dem Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ist eine wirtschaftliche Einheit eine organisierte Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit kann dabei sowohl für einen ganzen Betrieb als auch für einen Betriebsteil verwendet werden.
Aufgrund dieser Definition der wirtschaftlichen Einheit ist auch der Übergang von Teilen eines Betriebes schlicht darauf zu überprüfen, ob der übergehende Teil des Betriebs eine “organisierte Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Tätigkeit” darstellt. Entscheidend für einen Teilbetriebsübergang ist daher, ob der Erwerber den Funktionszusammenhang des Veräußerers übernimmt und fortführt.

d.) Übergang einer wirtschaftlichen Einheit eines Betriebs oder übergangsfähigen Betriebsteils

Übergang ist dabei der Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit.
Der EuGH und das BAG haben bei der Prüfung, ob eine ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit übergegangen
ist, 7 Kriterien festgelegt, die im Rahmen einer Gesamtwürdigung die Unterschiedlichkeiten der einzelnen Wirtschaftszweige berücksichtigen sollen. Dabei gibt nicht ein einzelnes Merkmal den Ausschlag, sondern die Gerichte stellen eine Gesamtbetrachtung an und legen die Merkmale nach der Wichtigkeit des Betriebs fest.

Die sieben Kriterien sind:

  • Art des Unternehmens oder Betriebes
  • Der Übergang der materiellen Aktiva (wie Gebäude, bewegliche Güter)
  • Wert der immateriellen Aktiva
  • Die Übernahme der Arbeitnehmer
  • Die Übernahme der Kundschaft
  • Der Grad der Ähnlichkeit der Tätigkeit vor und nach der Übernahme
  • Dauer der eventuellen Unterbrechung der Geschäftstätigkeit.

aa.) Art des Unternehmens oder Betriebes

Die Art des Unternehmens bestimmt in besonderem Maße darüber, welche weiteren Faktoren die wirtschaftliche Einheit
bestimmen. Ein Produktionsbetrieb unterscheidet sich durch die Bedeutung der sämtlichen Betriebsmittel (Gebäude, Maschinen,
Arbeitsmethoden- und techniken etc.) von einem Dienstleistungsbetrieb, für den oft die immateriellen Betriebsmittel (Kundenstamm, Geschäftsbeziehungen zu Dritten, das Know-how, die Marktstellung etc.) wichtig sind. Insofern kommt beim Produktionsbetrieb der Übertragung der sämtlichen Betriebsmittel eine wichtige Bedeutung zu. Hingegen beim Dienstleistungsbetrieb der Übertragung der immateriellen Mittel und des Personals.

bb.) Der Übergang der materiellen Aktiva

Im produzierenden Gewerbe wird die wirtschaftliche Einheit stark durch materielle Güter geprägt. Wesentliche materielle Betriebsmittel sind Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Anlagen, Hardware, Lagerbestände, etc. Gehen bei einem Produktionsbetreib die wesentliche Betriebsmittel als organisatorische Einheit auf einen neuen Inhaber über, liegt in der Regel ein Betriebsübergang vor.
Allein der Verkauf nur einzelner Betriebsmittel stellt allerdings noch keinen Betriebsübergang dar. Ferner müssen die Betriebsmittel einen organisatorischen Zusammenhang aufweisen. Bei einem Dienstleistungsbetrieb hingegen ist die Übertragung der materiellen Betriebsmittel nicht entscheidend.

cc.) Wert der immateriellen Aktiva

Wesentliche immaterielle Betriebsmittel sind Know-how (vor allem die Fachkunde der Arbeitnehmer), Arbeitsorganisation, Betriebsmethoden, Fertigungsverfahren, GeschäftsFertigungslizenzen, Patente, Name, Software etc).
Gehen bei einem Dienstleistungsbetrieb die Patent- und Schutzrechte, Firmenname, Lizenzen und Kundestamm auf einen neuen Inhaber über, liegt in der Regel ein Betriebsübergang vor. Werden hingegen z.B. nur die Räumlichkeiten an einen neuen Inhaber übergehen, der jedoch ein anderes Konzept verfolgt und einen anderen Kundenstamm hat, liegt in der Regel kein Betriebsübergang vor.

dd.) Die Übernahme der Arbeitnehmer

Auch der Übergang eines wesentlichen Teils des fachkundigen Personals kann einen Betriebsübergang darstellen. In betriebsmittelarmen Betrieben (Dienstleistungsbereich), in denen die Belegschaft und die Führungskräfte eine bedeutende
Rolle zur Erbringung des wirtschaftlichen Zwecks spielen, ist die Übernahme der Belegschaft durch den Erwerber ein wichtiges Kriterium dafür, ob ein Betriebsübergang vorliegt. Da die wirtschaftliche Einheit in bestimmten Branchen ohne relevante Betriebsmittel tätig sein kann, ist die Wahrung der Identität nicht von der Übertragung der Betriebsmittel abhängig.

ee.) Die Übernahme der Kundschaft

Die Übernahme der Kundschaft kann in erster Linie durch Übertragung einer Kundenkartei oder durch Übergang einer
Vertriebsberechtigung für eine bestimmte Region erfolgen. Ansonsten ist der Übergang der Kundschaft nur eine indirekte
Folge anderer Übernahmefaktoren, etwa bei Durchführung einer ähnlichen Tätigkeit am gleichen Ort oder in
unmittelbarer Nähe. Dieses Merkmal ist für alle Dienstleistungsbetriebe von entscheidender Bedeutung, denn nur bei Beibehaltung des bisherigen Angebots kann der Erwerber davon ausgehen, dass er die Kunden hält.

ff.) Der Grad der Ähnlichkeit der Tätigkeit vor und nach der Übernahme

Der Betriebsübergang kann sich daraus ergeben, dass dieselbe oder eine gleichartige Tätigkeit tatsächlich weitergeführt
oder wieder aufgenommen wird. Wenn der neue Betreiber aber ein völlig anderes Konzept verfolgt, liegt auch bei Übernahme materieller und immaterieller Betriebsmittel in der Regel kein Betriebsübergang vor.

gg.) Dauer der eventuellen Unterbrechung der Geschäftstätigkeit

Stellt der frühere Betriebsinhaber die betriebliche Tätigkeit ein und nimmt ein neuer Betreiber sie später wieder auf, kommt es für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zusätzlich auf die Dauer der Unterbrechung an. Ist die Unterbrechung länger als 7 Monate, also die längste gesetzliche Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 2 Nr. 7 BGB, besteht ein Indiz für eine Betriebsstilllegung mit anschließender Neuaufnahme, demnach somit keinen Betriebsübergang. Entscheidend ist aber zudem, ob die Unterbrechung der
Geschäftstätigkeit dazu führt, dass eine bestehende, funktionsfähige wirtschaftliche Einheit zerschlagen wird, also ein neuer Betriebsinhaber nicht mehr vom Bestehenden profitieren kann.

2. Inhaberwechsel

Die zweite Voraussetzung für einen Betriebsübergang ist, dass der Betrieb von einem Inhaber auf einen anderen wechselt und dieser den Betrieb tatsächlich fortführt. Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die Rechtspersönlichkeit des Inhabers wechselt. Ein Wechsel der Rechtspersönlichkeit liegt vor, wenn der Betrieb von einem Rechtssubjekt auf ein anderes übergeht. Ein reiner Wechsel
der Rechtsform ist daher nicht ausreichend, weil das Rechtssubjekt in diesem Fall erhalten bleibt. Die bloße Übernahme von Gesellschaftsanteilen führt nicht zu einem Betriebsübergang, weil der Arbeitgeber unverändert bleibt und sich allein dessen Eigentumsverhältnisse ändern. Es handelt sich somit nur um einen bloßen Gesellschafterwechsel, bei dem die Gesellschaft als Betriebsinhaber bestehen bleibt. Dies gilt nach neuerer Rechtsprechung auch für einen Gesellschafterwechsel einer GbR, da deren
Rechtsfähigkeit in Teilen nunmehr anerkannt ist und demnach die Verträge mit der GbR und nicht nur mit den Gesellschaftern
bestehen. Der neue Inhaber muss den Betrieb oder Betriebsteil im eigenen Namen bzw. eigener Inhaberschaft
fortführen. Die bloße Fortführungsmöglichkeit reicht nicht aus.

3. Übergang durch Rechtsgeschäft

Die dritte Voraussetzung für das Vorliegen eines Betriebsübergangs ist der Übergang der wirtschaftlichen Einheit durch ein Rechtsgeschäft. In den meisten Fällen wird der Betrieb mittels eines “Übernahmevertrags” veräußert. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind dabei vielseitig. Als Übernahmeverträge kommen vor allem folgende Rechtsgeschäfte in Betracht:

  • Kaufverträge
  • Pachtverträge
  • Mietverträge
  • Nießbrauchverträge
  • Schenkungen

Auch bei einer Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung nach dem Umwandlungsgesetz liegt eine rechtsgeschäftliche Übertragung vor, wenn wenigstens eine rechtsgeschäftliche Grundlage (z.B. Spaltungs- oder Verschmelzungsvertrag) vorliegt.
Ausgeschlossen ist nur der Übergang kraft Gesetzes durch die sog. Gesamtrechtsnachfolge (z.B. Erbfall) und durch
Hoheitsakte. Stirbt der Betriebsinhaber, so treten die Erben gem. § 1922 BGB in alle Rechtspositionen des Erblassers ein. Diese Rechtsfolge erfasst damit auch den Übergang des Betriebes auf den neuen Inhaber. Da es sich aber nicht um einen rechtsgeschäftlichen, sondern um einen gesetzlich veranlassten Übergang handelt ist § 613 a BGB nicht anwendbar. Ein weiterer Fall des Betriebsübergangs kraft Gesetzes ist der Übergang durch Hoheitsakt. Hier sind die Fälle, in denen ein Betrieb bzw. ein Unternehmen in die Insolvenz fällt sowie die Fälle, in der das Unternehmen oder der Betrieb durch Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung einem neuen Betriebsinhaber zufällt, zu nennen.

II. Welche arbeitsrechtlichen Rechtsfolgen ergeben sich bei Betriebsübergang?

Die wichtigsten Rechtsfolgen des Betriebsübergangs sind:

  • Übergang der Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber;
  • Unterrichtungspflicht über den Betriebsübergang;
  • Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer;
  • Haftung des bisherigen und des neuen Arbeitgebers für Verbindlichkeiten dem Arbeitnehmer gegenüber;
  • Verbot von Kündigungen, die wegen des Betriebsübergangs erklärt werden sollen;
  • Weitergeltung kollektivrechtlicher Normen (tarifliche Regelungen und Betriebsvereinbarungen).
1. Übergang der Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber

Der Erwerber tritt in alle Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse ein. Der Betriebsübergang bewirkt somit auch automatisch einen Arbeitgeberwechsel. Die Verträge gehen in dem Zustand über, in dem Sie sich zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs befinden. Somit gelten die Höhe der Löhne und Gehälter, Gratifikationen und andere Sonderleistungen, Arbeitgeberdarlehen (abhängig vom Einzelfall), erdiente Versorgungsanwartschaften, bindende betriebliche Übungen, Urlaubs- und Entgeltfortzahlungspflichten und vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbote
fort. Ebenso bleiben die vom Veräußerer erteilten Nebentätigkeitsgenehmigungen und Abmahnungen wirksam. Die Dauer der bisherigen Betriebszugehörigkeit bleibt bestehen und zählt bei der Berechnung von Wartezeiten (z.B. zur Berechnung der Kündigungsfristen, Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen, etc.) mit. Die bei ihm fortgeltenden Regelungen im Arbeitsvertrag kann der Erwerber nur im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer ändern. Bei der Änderung gilt jedoch die Sperrfrist
von einem Jahr.
Das bedeutet nicht, dass der Erwerber den Arbeitnehmer mindestens ein Jahr weiterbeschäftigen muss. Liegen die Voraussetzungen für eine Kündigung vor, so darf auch gekündigt werden. War ein Arbeitsvertrag befristet und die Befristung wirksam, so endet das Arbeitsverhältnis mit Fristablauf.

2. Unterrichtungspflicht über den Betriebsübergang

Wesentlicher Kernpunkt der Regelungen des § 613a Abs.5 BGB ist die gesetzliche Festschreibung der Informationspflichten
der Arbeitgeber gegenüber den vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmern. Für die arbeitsrechtliche Praxis ist daher von besonderem Interesse, wer zu informieren hat, wann dies zu erfolgen hat und in welchem Umfang wie zu informieren ist.

a. Wer muss über den Betriebsübergang unterrichten?

Die gesetzliche Unterrichtungspflicht trifft im Fall des Betriebsübergangs jeden Betrieb, unabhängig von
der Anzahl der Beschäftigten. Zu unterrichten hat der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber.

b. Wann muss über den Betriebsübergang unterrichtet werden? 

Die vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer müssen vor dem Übergang unterrichtet werden. Wird erst nach Betriebsübergang informiert, so besteht die Gefahr, dass die Widerspruchsfrist nicht zu laufen beginnt, so dass die betroffenen Arbeitnehmer grundsätzlich auch noch lange nach dem Betriebsübergang ihr Widerspruchsrecht ausüben, um zu ihrem alten Arbeitgeber zurückzukehren.

c. Wie muss über den Betriebsübergang unterrichtet werden?

Die Unterrichtung hat in Textform zu erfolgen. Die Erklärung muss dabei so abgegeben werden, dass sie lesbar, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung erkennbar gemacht ist (durch Namensnennung des Erklärenden, Nachbildung der Namensunterschrift o.ä.). Der Arbeitgeber kann somit grundsätzlich auch per E-Mail, per Fax oder per Aushang am schwarzen Brett informieren. Die Unterrichtung muss dabei vollständig und richtig sein.

d. Worüber muss informiert werden?
aa.) Geplanter Zeitpunkt des Übergangs und Identität des Übernehmers

Es genügt die Angabe des geplanten Zeitpunkts des Betriebsübergangs, die Unterrichtung kann demzufolge bereits in einem frühen Stadiums des Vorhabens erfolgen. Anzugeben ist zudem, ob es sich um einen vollständigen Betriebsübergang oder einen Teilbetriebsübergang handelt. Handelt es sich um einen Teilbetriebsübergang ist die Bezeichnung der Abteilung bzw. des bestimmten Bereiches des Betriebes der übergehen soll anzugeben. Außerdem ist die Firma bzw. der Name des Betriebserwerbers,
dessen Rechtsform, der Name des Geschäftsführers bei Gesellschaften sowie die genaue Adresse anzugeben.(Nach dem BAG müssen Arbeitnehmer auch darüber informiert werden, wenn der Betriebserwerber nur die beweglichen Anlagenteile des Betriebes, nicht aber das Betriebsgrundstück übernimmt.)

bb.) Grund für den Übergang

Als Grund für den Betriebsübergang ist das zugrunde liegende Rechtsgeschäft (Kaufvertrag, Schenkung, Verpachtung, Umwandlung) sowie die wirtschaftlichen Ursachen bzw. die zum Betriebsübergang führenden unternehmerischen Erwägungen zumindest stichpunktartig anzugeben.

cc.) Rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen des Übergangs für den Arbeitnehmer

Den Arbeitnehmern sind ausschließlich solche Umstände mitzuteilen, die zum Zeitpunkt der Unterrichtung vorhersehbar
sind. Maßgeblich ist dabei der Wissensstand des bisherigen Arbeitgebers und des Übernehmers zum Zeitpunkt der Unterrichtung.
Die Umstände sollten einen konkreten Bezug zu dem Arbeitsverhältnis haben und von einer gewissen Erheblichkeit sein. Folgende Inhalte sind empfehlenswert (beispielhaft):

  • Übergang der unveränderten Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis auf den neuen Inhaber
  • Kollektivrechtliche Regelungen gelten unverändert oder als individuelle Rechte und Pflichten weiter bzw. werden durch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen des Erwerbers verdrängt
  • Haftung des bisherigen Arbeitgebers für alle bis zumÜbergang entstandenen und fälligen oder nach Ablauf eines Jahres danach fällig werdenden Ansprüche aus dem mit ihm beendeten Arbeitsverhältnis
  • Eintritt des Erwerbers in die unbeschränkte Haftung für alle, auch rückständige Ansprüche aus dem übertragenen Arbeitsverhältnis
  • Hinweis, dass Kündigungen wegen des Betriebsüberganges unzulässig sind
  • Hinweis auf das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers, insbesondere Frist (ein Monat nach Zugang der Unterrichtung),
  • Schriftform und Adressat (bisheriger Arbeitgeber oder neuer Inhaber)
  • Wegen des Wegfalls des Arbeitsplatzes beim bisherigen Arbeitgeber – nach dem Betriebsübergang droht im Fall des Widerspruchs die Kündigung
  • Betriebsverfassungsrechtliche Folgen – z.B. Fortbestand des Betriebsrates, dessen Größe etc.
  • Räumliche Änderungen (neuer Arbeitsort)
dd.) Hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommene Maßnahmen

Hier sind nur Maßnahmen mitzuteilen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Übergang bereits konkret geplant sind. Dabei muss es sich jedoch um erhebliche Änderungen handeln (z.B. geplante Weiterbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Umstrukturierung, andere die berufliche Entwicklung betreffende Angebote, oder auch ein geplanter Stellenabbau). Liegen hierüber im Zeitpunkt der Unterrichtung noch keine hinreichenden Vorstellungen vor, so sollte eine Negativerklärung (z.B. konkrete Maßnahmen bezüglich der Arbeitnehmer sind derzeit nicht geplant) ausreichend sein.

ee.) Ergänzende nachträgliche Unterrichtungen bei Änderungen

Ein ergänzender nachträglicher Aufklärungsanspruch über den Betriebsübergang besteht grundsätzlich nur dann, wenn ursprünglich mitgeteilter und nunmehr bevorstehender Betriebsübergang nicht mehr identisch sind (z.B. weil der Betrieb auf einen anderen als den angekündigten Erwerber übergeht).

Achtung: Die ordnungsgemäße Unterrichtung ist von wesentlicher Bedeutung, da bei fehlerhafter Information die Widerspruchsfrist nicht zu laufen beginnt, so dass bei der Unterrichtung höchst sorgfältig vorgegangen werden muss.

3. Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer

Der Arbeitnehmer kann ohne Angabe von Gründen dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung schriftlich (d.h. eigenhändig unterschrieben) widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.
Nach einem Widerspruch besteht das Arbeitsverhältnis bei dem früheren Betriebsinhaber weiter. Ist die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit dort infolge des Betriebsübergangs entfallen, kann unter Einhaltung der gesetzlichen (oder tarifvertraglichen) Kündigungsfrist ordentlich gekündigt werden, wenn keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im Unternehmen besteht.

Ein Verzicht des Arbeitnehmers auf das Widerspruchsrecht ist für den Einzelfall möglich. Das heißt, dass ein wirksamer Verzicht nur anlässlich eines konkreten Betriebsübergangs erklärt werden kann (eine Regelung im Voraus in einem Arbeitsvertrag ist nicht möglich). Dieser Verzicht muss jedoch ausdrücklich erfolgen und setzt eine ordnungsgemäße Unterrichtung voraus.

4. Haftung des bisherigen und des neuen Arbeitgebers für Verbindlichkeiten dem Arbeitnehmer gegenüber

Der Erwerber haftet grundsätzlich für alle im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Verbindlichkeiten des Veräußerers aus dem Arbeitsverhältnis.
Der Veräußerer haftet jedoch kraft Gesetzes als Gesamtschuldner neben dem Erwerber für solche Verpflichtungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden und fällig geworden sind, die vor dem Betriebsübergang entstanden und spätestens ein Jahr danach fällig geworden sind.

5. Verbot von Kündigungen, die wegen des Betriebsübergangs erklärt werden sollen

§ 613 a Abs. 4 S. 1 BGB verbietet eine Kündigung durch den bisherigen Inhaber oder den neuen Arbeitgeber, die wegen des Betriebsübergangs erklärt wird. § 613 a Abs. 4 S. 2 BGB stellt auch fest, dass das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen unberührt bleibt. Das bedeutet, dass es dem Betriebserwerber erlaubt ist, Kündigungen aus anderen Gründen als dem Betriebsübergang zu erklären.
Der Kündigungsschutz des § 613 a Abs. 4 S. 1 BGB gilt unabhängig vom Kündigungsschutzgesetz, es stellt vielmehr
ein eigenständiges Kündigungsverbot dar. Es ist also weder notwendig, dass der Betrieb eine bestimmte Zahl von Arbeitnehmern
beschäftigen muss, noch dass die einzelnen Arbeitnehmer eine Wartezeit von sechs Monaten erfüllt haben müssen.

Vom Kündigungsverbot sind alle Arten der Kündigungen erfasst. Das Verbot gilt daher für:

  • außerordentliche (fristlose) und ordentliche (fristgemäße) Kündigungen
  • für Änderungskündigungen und Beendigungskündigungen.
a.) Vorliegen einer Kündigung wegen des Betriebsübergangs

Wann eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs vorliegt, ist nicht immer einfach zu bestimmen. Insbesondere
bei betriebsbedingten Kündigungen ist eine trennscharfe Bestimmung des Kündigungsgrundes problematisch. Verboten sind ausschließlich Kündigungen wegen des Betriebsübergangs. Nicht selten finden im Zusammenhang mit Betriebsübergängen auch Betriebsänderungen statt, bei denen z.B. Rationalisierungsvorhaben oder Restrukturierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Dabei fallen dann häufig Arbeitsplätze weg, was zu betriebsbedingten Kündigungen führt. Diese Kündigungen stehen dann unbestreitbar in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Betriebsübergang, nichtsdestotrotz handelt es sich nicht
um Kündigungen wegen des Betriebsübergangs. Bei der Beurteilung, ob es sich um eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs handelt, kommt es nicht darauf an, was der Arbeitgeber für eine Begründung angibt, sondern, ob tatsächlich die Kündigung wegen des Betriebsübergangs vorliegt. Es ist also aus objektiver Sicht zu beurteilen, ob es sich um eine nach § 613 a Abs. 4 BGB verbotene Kündigung handelt.

b.) Umgehungstatbestände

Zwar spricht § 613 a Abs. 4 BGB nur von der Unzulässigkeit einer Kündigung, allerdings gilt das Verbot auch für Fallgestaltungen,
die eine Umgehung des Kündigungsverbots bedeuten.
So sind auch Aufhebungsverträge und Eigenkündigungen des Arbeitnehmers nach § 134 BGB unwirksam, wenn diese abgeschlossen werden, um das Kündigungsverbot zu umgehen. So ist zum Beispiel ein Aufhebungsvertrag dann unwirksam, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird, um später (zu geänderten Bedingungen) den Arbeitnehmer in dem in der Zwischenzeit übergegangenen Betrieb wieder einzustellen. In einem solchen Verhalten zeigt sich, dass Ziel des Aufhebungsvertrags zum einen die Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses (was z.B. für Altersversorgung in Abhängigkeit von Betriebszugehörigkeit oder Wartezeiten
für Kündigungsschutz bedeutsam sein kann) und zum anderen die Veränderung des Arbeitsverhältnisses ist.

c.) Zulässigkeit von Kündigungen aufgrund eines Erwerberkonzeptes

Ein Sonderfall der Kündigung im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang ist die so genannte Veräußererkündigung
aufgrund eines Erwerberkonzeptes.
Allerdings ist die Rechtsprechung streng bei der Überprüfung der Voraussetzungen einer solchen Kündigung, um eine Umgehung des § 613 a BGB zu verhindern. Vorrausetzung für eine solche Kündigung ist ein verbindliches Konzept oder Sanierungsplan, dessen Durchführung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung schon greifbare Formen angenommen hat. Die bloße Forderung des Erwerbers nach einer Verkleinerung der Belegschaft aus Kostengründen etc. reicht nicht aus.

6. Weitergeltung kollektivrechtlicher Normen

Arbeitsbedingungen werden oftmals durch Tarifverträge und/oder Betriebsvereinbarungen geregelt. § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB geht grundsätzlich davon aus, dass kollektivrechtliche Normen individualrechtlich innerhalb eines Jahres fortgelten und damit zu einem Bestandteil des Arbeitsvertrages “transformiert” werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt
werden, § 613 a Abs. 1 S. 3 BGB. Daher ist von einem dreistufigen Regel-Ausnahme-Verhältnis für die Weitergeltung kollektivrechtlicher Normen auszugehen:

  • Soweit die kollektivrechtlichen Normen auch nach dem Betriebsübergang unverändert kollektivrechtlich weiter gelten, findet § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB keine Anwendung. In diesen Fällen besteht kein Grund für eine Veränderungssperre.
  • In den Fällen, in denen die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber kollektivrechtlich bereits geregelt sind, werden die bisherigen kollektivrechtlichen Normen insoweit´verdrängt.
  • Erst wenn die bis zum Betriebsübergang geltenden kollektivrechtlichen Normen nicht kollektivrechtlich weiter gelten, werden sie nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformiert und gelten individualrechtlich weiter.
a.) Kollektivrechtliche Fortgeltung kollektivrechtlicher Normen

Zuerst ist bei einem Betriebsübergang festzustellen, ob und inwieweit die geltenden kollektivrechtlichen Normen über den Betriebsübergang hinaus weiter als solche fortgelten.

b.) Transformation kollektivrechtlicher Regelungen

Wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen nicht wie oben beschrieben kollektiv weitergelten oder durch einen gleichartigen Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung abgelöst werden, werden sie transformiert und damit Inhalt des Arbeitsverhältnisses.

 c.) Bestandsschutz / Veränderungssperre

§ 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB bestimmt, dass kollektivrechtliche Normen, die durch den Betriebsübergang zu individualrechtlichen
Bestandteilen des Arbeitsverhältnis transformiert wurden, nicht vor Ablauf eines Jahres ab dem Betriebsübergang zu Ungunsten der Arbeitnehmer verändert werden können. Diese sog. Veränderungssperre soll den Bestand der (ursprünglich kollektivrechtlichen) Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer schützen. Eine Änderung gegen seinen Willen ist daher nicht zulässig.
Das Bestehen der Veränderungssperre soll aber eine freiwillige Änderung der arbeitsvertraglichen Regelungen nicht hindern. Einseitige Veränderungen durch den Betriebserwerber sind auch dann möglich, wenn diese vorteilhaft für den Arbeitnehmer ist. Die Veränderungssperre gilt grundsätzlich nicht für die vor dem Betriebsübergang bestehenden individualrechtlichen arbeitsvertraglichen Regelungen und auch nicht für kollektivrechtlich fortgeltende oder verdrängende Regelungen.

Der Arbeitgeber hat ohne weiteres die Möglichkeit, die individualrechtlichen Regelungen zu ändern, wenn

  • der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung keine zwingende Wirkung mehr besitzt oder innerhalb eines Jahres nach dem Betriebsübergang verliert und daher nur noch nachwirkt, oder
  • der Erwerber mit den übernommenen Arbeitnehmern die Anwendung eines einschlägigen Tarifvertrags vereinbart.

Nach der Beendigung oder Kündigung von Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen – nach dem Ablauf der Ein-
Jahresfrist – könnten sie jederzeit auch zum Nachteil der Arbeitnehmer geändert werden.
Der Arbeitgeber kann jedoch nicht willkürlich einseitig die Regelungen abändern. Vielmehr ist er darauf angewiesen, sich entweder mit den Arbeitnehmern über die Veränderung der geltenden Regelungen zu einigen, oder er muss eine Änderungskündigung aussprechen, die den betroffenen Arbeitnehmern mit dem Verlust des Arbeitsplatzes drohen, wenn diese den angetragenen Änderungen nicht zustimmen. Allerdings ist dabei zu beachten, dass für eine wirksame Änderungskündigung alle Wirksamkeitsvoraussetzungen nach den kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften erfüllt sein müssen. Insbesondere benötigt
der Arbeitgeber in der Regel nach § 1 KSchG einen Kündigungsgrund und muss nach § 102 BetrVG einen ggf.
bestehenden Betriebsrat anhören. Dabei ist eine Änderungskündigung nicht möglich, um schlicht die Arbeitsbedingungen
der Arbeitnehmer anzugleichen.

Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.

 

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