Die Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten
bei der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig
1. Aufgabe der Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten
Die Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten (Einigungsstelle) hat die Aufgabe, in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten eine gütliche Einigung anzustreben und so deren Beilegung einfach und kostensparend, d. h. ohne Inanspruchnahme der Gerichte, zu ermöglichen.
2. Zuständigkeit
Die Einigungsstelle ist sachlich für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten zuständig, in denen ein Anspruch aufgrund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geltend gemacht wird (§ 15 Abs. 1 UWG, § 1 Einigungsstellenverordnung).
Sie ist örtlich zuständig, wenn der Antragsgegner im IHK-Bezirk seine gewerbliche bzw. selbstständig berufliche Niederlassung oder mangels dieser seinen Wohnsitz oder gegebenenfalls seinen inländischen Aufenthaltsort hat (§§ 15 Abs. 4, 14 Abs. 1 UWG). Sie ist auch dann örtlich zuständig, wenn in ihrem Bezirk die strittige Handlung begangen wurde (§§ 15 Abs. 4, 14 Abs. 2 UWG).
3. Besetzung/Errichtung der Einigungsstelle
Die Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über Einigungsstellen zur Beilegung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (SächsEinigungsstellenVO) regelt die gesamte Tätigkeit der Einigungsstelle. Diese ist gem. § 15 Abs.1 UWG i. V.m. § 1 SächsEinigungsstellenVO bei den Industrie- und Handelskammern errichtet worden.
Die Einigungsstelle verhandelt in den Geschäftsräumen der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig. Sie ist mit einer vorsitzenden Person und mindestens zwei beisitzenden Personen besetzt. Die vorsitzende Person muss hierbei die Befähigung zum Richteramt haben und auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts erfahren sein. Die beisitzenden Personen sind sachverständige Unternehmer und Verbraucher (jeweils in gleicher Anzahl).
Für den Ausschluss und die Ablehnung von Mitgliedern der Einigungsstelle gelten die §§ 41 bis 43, 44 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend (vgl. § 15 Abs. 2 UWG). Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch trifft das Landgericht Leipzig (Kammer für Handelssachen; bei nicht Besetzung die Zivilkammer).
4. Geschäftsführung
Die Geschäfte der Einigungsstelle werden von der IHK zu Leipzig geführt. Zuschriften, Anfragen und Mitteilungen sind daher an die Anschrift der Geschäftsstelle der IHK zu Leipzig zu richten.
5. Gang und Kosten des Verfahrens
a.) Verfahrensbeginn und Antragstellung
Wer ein Verfahren vor der Einigungsstelle einleiten möchte, reicht einen Antrag mit Begründung in mindestens fünffacher Ausfertigung schriftlich bei der Geschäftsstelle ein oder erklärt ihn dort zur Niederschrift (§ 4 EinigungsstellenVO). Im Antrag sollten bereits die Beweismittel angegeben und evtl. vorhandene Urkunden in Kopie oder sonstige Beweisstücke diesem beigefügt werden.
Antragsberechtigt sind gem. § 8 Abs. 3 UWG:
- Mitbewerber des Beklagten,
- rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbstständig beruflicher Interessen (unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG),
- qualifizierte Einrichtungen (i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG, z. B. Verbraucherverbände),
- sowie die Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern.
Die Gegenpartei muss der Anrufung der Einigungsstelle, außer in den Fällen, in denen die Wettbewerbshandlungen Verbraucher betreffen, zustimmen (§ 15 Abs. 3 UWG).
Durch die Anrufung der Einigungsstelle wird die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs in gleicher Weise wie durch Klageerhebung gehemmt (§ 15 Abs. 9 Satz 1 UWG). Während der Anhängigkeit eines Einigungsstellenverfahrens ist die Klage auf Feststellung, dass der geltend gemachte Anspruch nicht besteht, unzulässig (§ 15 Abs. 10 Satz 3 UWG).
Bei Uneinigkeit über die Höhe einer zuvor vereinbarten unbezifferten Vertragsstrafe (Hamburger Brauch), ist auch eine Leistungsklage des Abmahnenden unzulässig, wenn der Abmahnende die Klage erst nach erfolgter Anrufung der Einigungsstelle durch den Abgemahnten erhoben hat (§ 13a Abs. 5 UWG).
Die Einigungsstelle kann die Einleitung von Verhandlungen ablehnen, wenn sie den geltend gemachten Anspruch von vornherein für unbegründet oder sich für nicht zuständig hält (§ 15 Abs. 8 UWG).
b.) Mündliche Verhandlung, Ladung und persönliches Erscheinen
Die vorsitzende Person legt den Termin für die mündliche Verhandlung fest und sorgt für die ordnungsgemäße Ladung der Parteien (§ 6 Abs. 1 SächsEinigungsstellenVO). Die Ladungsfrist beträgt drei Tage, kann aber vom Vorsitzenden auch verlängert oder verkürzt werden.
Die Verhandlung vor der Einigungsstelle ist nicht öffentlich. Die vorsitzende Person kann aber Dritten die Anwesenheit gestatten, wenn diese ein berechtigtes Interesse an der Teilnahme haben (§ 5 Abs. 1 Satz 2 SächsEinigungsstellenVO). Auch Zeugen und Sachverständige dürfen gehört werden, wenn sie freiwillig vor der Einigungsstelle erscheinen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 SächsEinigungsstellenVO).
Um den vertraulichen Charakter der Verhandlung zu wahren, kann die vorsitzende Person die Teilnehmer dazu verpflichten, alle Tatsachen, die ihnen durch das Verfahren bekannt werden, geheim zu halten (§ 5 Abs. 3 SächsEinigungsstellenVO).
Die vorsitzende Person kann das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen und durch Ordnungsgelder erzwingen (§ 15 Abs. 5 UWG). Natürlich können sich diese auch durch einen Verfahrensbevollmächtigten, unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht – die insbesondere zum Abschluss eines Vergleichs ermächtigt, vertreten werden. Die bevollmächtigte Person muss außerdem zur Aufklärung des Sachverhalts in der Lage sein.
Gegen eine Partei, die der Verhandlung unentschuldigt fernbleibt und auch nicht ordnungsgemäß vertreten ist, kann die Einigungsstelle ein Ordnungsgeld festsetzen.
Die Beschlüsse der Einigungsstelle werden mit Stimmenmehrheit gefasst. Eine Stimmenenthaltung ist unzulässig.
c.) Einigungsvorschläge, Vergleich
Die Einigungsstelle soll einen gütlichen Ausgang des Verfahrens anstreben und kann dazu im Einzelfall den Parteien auch einen schriftlichen, begründeten Einigungsvorschlag unterbreiten (§ 15 Abs. 6 Satz 2 UWG).
Kommt eine Einigung zwischen den Parteien zustande, wird dieser Vergleich in einer Urkunde schriftlich niedergelegt. Die Vereinbarung kann insbesondere die Unterlassung der beanstandeten Handlung für die Zukunft beinhalten, aber auch die Zahlung von Schadensersatz, die Zahlung eines Ausgleichsbetrages oder eine Vertragsstrafe für zukünftige Zuwiderhandlungen gegen den Vergleich.
Aus einem vor der Einigungsstelle geschlossenen Vergleich kann die Zwangsvollstreckung betrieben werden, wobei § 797a der ZPO entsprechend anzuwenden ist (§ 15 Abs. 7 UWG).
Kann keine Einigung erzielt werden, stellt die Einigungsstelle dies ordnungsgemäß fest. Es bleibt dann den Parteien überlassen, das gerichtliche Verfahren in Anspruch zu nehmen.
d.) Kosten des Verfahrens
Für das Verfahren vor der Einigungsstelle werden keine Gebühren erhoben, aber gem. § 8 EinigungsstellenVO werden die erforderlichen Auslagen durch die IHK wie Beiträge eingezogen. Welche Partei welchen Anteil der Auslagen zu tragen hat, entscheidet ggf. die Einigungsstelle (§ 8 Abs. 2 EinigungsstellenVO). Im Übrigen trägt jede Partei die ihr entstandenen Kosten selbst, z. B. für den Rechtsanwalt oder Bevollmächtigte.
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Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt, dessen ungeachtet beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter.
Aktualisierung: Mai 2023