Tax Compliance für KMU
Ich habe meine Steuern im Griff. Aber was passiert, wenn das Finanzamt das nicht so sieht?
Ausgangssituation
Im Rahmen einer Betriebsprüfung kommt es regelmäßig zu Feststellungen, die zu einer Steuermehrbelastung führen. Die Gründe für die Nachzahlung sind unterschiedlich – zum Beispiel neue Erkenntnisse über steuerlich relevante Sachverhalte bzw. eine andere Rechtsauffassung zu wesentlichen steuerlichen Themen. Meistens ist mit der Nachzahlung die Betriebsprüfung abgeschlossen und der Unternehmer kann sich wieder seinem Tagesgeschäft widmen. Es gibt jedoch auch Fälle, bei denen die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts informiert wird und diese dann ein Steuerstrafverfahren gegen den Unternehmer einleitet. Ob und wann ein solches Verfahren eingeleitet wird, kann nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden. Nunmehr hat jedoch die Finanzverwaltung eine Möglichkeit angedeutet (vgl. Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 23. Mai 2016 – Anwendungserlass zu § 153 Abgabenordnung), wonach von einem strafrechtlichen Verfahren abgesehen werden kann, wenn der Unternehmer ein System zur Einhaltung steuerlicher Vorschriften („Tax Compliance Management System“) eingerichtet hat.
Kleine Unternehmen
Was bedeutet dies für kleine Unternehmen? Hier ist es üblich, dass monatlich die Buchhaltungsunterlagen zum Steuerberater gegeben werden und dieser die Voranmeldungen und die Steuererklärungen erstellt. Aber reicht das schon? Es ist zusätzlich wichtig, dass gemeinsam mit dem Steuerberater eine steuerliche Risikoanalyse erfolgt und ein gemeinsames Verständnis darüber besteht, welche Sachverhalte ein steuerliches Risiko darstellen können. Wenn diese Risikoanalyse und die darauf aufbauenden Handlungsanweisungen schriftlich festgehalten werden, verfügt der Unternehmer über ein eigenes kleines, aber wirkungsvolles „Steuerhandbuch“. Dies wird ihn nicht vor Nachzahlungen schützen. Es kann aber helfen, weitergehende Ermittlungen durch die Steuerbehörden zu verhindern.
Mittlere Unternehmen
Mittlere Unternehmen verfügen häufig über eine eigene Buchhaltung, die die Geschäftsvorfälle selbst bucht oder so aufbereitet, dass der Steuerberater auch hier die weitere Bearbeitung übernimmt. Jedoch steigt bei mittleren Unternehmen die Komplexität der steuerlich relevanten Sachverhalte. Buchhaltungsabteilung und Steuerberater müssen diese Vorgänge gemeinsam korrekt bearbeiten.
Beispiel: Es kommt sehr häufig vor, dass die Buchhaltung einen bestimmten Grundsachverhalt richtigerweise als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung führt. War aber die aktuelle Lieferung tatsächlich steuerfrei oder hat vielleicht der Vertrieb Zugeständnisse gemacht, die zu einer anderen Würdigung führen könnten? Hatte die Buchhaltung die entsprechenden Unterlagen? Hoffentlich!
Bei solchen Sachverhalten kann die Nachzahlung sehr schnell hoch ausfallen und die in einer Betriebsprüfung erkannte vermeintliche Steuerhinterziehung kann dann auch nicht mit einer korrigierten Umsatzsteuervoranmeldung geheilt werden. In dieser Situation kann es helfen, wenn der Unternehmen durch ein System zur Einhaltung steuerlicher Pflichten dokumentiert hat, dass er eine steuerliche Risikoanalyse durchgeführt und seine Mitarbeiter zu korrektem Handeln verpflichtet hat. Im oben genannten Beispiel wären ggf. die Vertriebsmitarbeiter anzuweisen, die Buchhaltungsabteilung auf Abweichungen vom Grundsachverhalt hinzuweisen, um so den Unternehmer und seinen steuerlichen Berater in die Lage zu versetzen, die Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung zu beurteilen.
Fazit
Ein System zur Einhaltung steuerlicher Pflichten wird nicht verhindern, dass es zu Steuernachzahlungen bei einer Betriebsprüfung kommt. Es kann aber dazu beitragen, dass (teure) Fehler vermieden werden und der Unternehmer bei einer Betriebsprüfung gelassen(er) bleiben kann. Wichtig für den Unternehmer ist folglich, zu erkennen, dass er persönlich für die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten verantwortlich ist. Der steuerliche Berater ist dafür ein wichtiger Partner.
Dieses Merkblatt entstand auf Initiative und unter Mitwirkung des Finanz- und Steuerausschusses der IHK zu Leipzig.
Aktualisierung: 01.01.2021