Sächsische Wirtschaft in schwierigem Fahrwasser
Nachdem die sächsische Wirtschaft im Jahr 2024 einen Rückgang des preisbereinigten Bruttoinlandsproduktes von -0,4 Prozent verzeichnete, ist auch aktuell kein Wachstum erkennbar. Während die Lage in den Unternehmen sich weiter leicht eintrübt, ist zumindest bei den Geschäftsprognosen ein moderater Anstieg zu verzeichnen. In der Folge steigt der IHK-Geschäftsklimaindex*, der die Einschätzungen zur aktuellen Lage und zu den Erwartungen in sächsischen Unternehmen gleichrangig berücksichtigt, leicht an und steht mit nunmehr 100 Punkten einen Punkt über dem Frühjahrswert des Vorjahres. Zu Jahresbeginn 2025 hatte der Wert noch bei 97 Punkten gelegen.
Die leichte Verbesserung resultiert somit ausschließlich aus der Entwicklung der Geschäftserwartungen. Der Index liegt jedoch weiter unter dem langjährigen Mittelwert (seit dem Jahr 2000) von 109 Punkten. Vor allem die stetig steigenden Arbeitskosten machen den Unternehmen zu schaffen. Darüber hinaus werden die aktuellen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, wie z. B. Bürokratie und Handelshemmnisse als Hindernisse wahrgenommen. Den Ergebnissen der aktuellen Konjunkturumfrage der sächsischen Indus-trie- und Handelskammern, die vom 24. März bis 20. April 2025 durchgeführt wurde, liegen Antworten von gut 1.500 Unternehmen mit fast 86.000 Beschäftigten aller Wirtschaftsbereiche zugrunde
Geschäftslage und -erwartungen
Den Prognosen vom Jahresbeginn folgend hat sich die Geschäftslage der sächsischen Unternehmen weiter verschlechtert. Nur noch knapp ein Drittel der Firmen berichtet von guten Geschäften, während mehr als jedes fünfte Unternehmen eine schlechte Lage konstatiert. Fast die Hälfte der Betriebe meldet eine befriedigende wirtschaftliche Situation. Der Lagesaldo sinkt daher um einen auf aktuell 10 Punkte. Im Frühjahr letzten Jahres hatte er bei 12 Punkten gelegen. Geringe Lageverbesserungen im Vergleich zum Jahresbeginn vermelden lediglich die Bauwirtschaft (Zuwachs um 5 Punkte), das Dienstleistungsgewerbe (+3 Punkte) und der Handel (Einzelhandel +4 Punkte, Großhandel +2 Punkte).
Bei den Geschäftserwartungen gibt es hingegen einen sichtbaren Anstieg im Vergleich zur vorherigen Umfrage. Dieser zeigt sich in allen Wirtschaftsbereichen, jedoch in unterschiedlicher Ausprägung. 18 Prozent der Unternehmen erwarten eine Verbesserung ihrer Lage, ein gutes Viertel rechnet eher mit Verschlechterungen. Dadurch steigt der Prognosesaldo um 8 auf nunmehr -8 Punkte. Die Prognosen fallen damit auch besser aus als vor einem Jahr (Saldo: -12 Punkte).
Geschäftslage
- Schlecht (22 %)
- Gut (32 %)
- Befriedigend (46 %)
Gut: 32 %
Befriedigend: 46 %
Schlecht: 22 %
Geschäftserwartungen
- Schlechter (26 %)
- Besser (18 %)
- Gleichbleibend (56 %)
Besser: 18 %
Gleichbleibend: 56%
Schlechter: 36 %
Finanzen, Investitionen und Beschäftigung
Die finanzielle Situation der Unternehmen hat sich gegenüber dem Vorjahr leicht verschlechtert. Zwar berichten 53 Prozent der Unternehmen von einer unproblematischen Finanzlage, vor 12 Monaten waren es jedoch noch 55 Prozent. 27 Prozent der Befragten klagen über Eigenkapitalrückgang und 21 Prozent über Liquiditätsengpässe. Das sind 2 bzw. 4 Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr. Auch Forderungsausfälle betreffen die Unternehmen zunehmend (14 Prozent, Frühjahr 2024: 11 Prozent). Keine Änderung gibt es auf Jahressicht bei der Fremdkapitalbelastung, die trotz mehrerer rückläufiger Zinsschritte der EZB weiterhin 11 Prozent der Firmen betrifft.
Das Investitionsgeschehen in der sächsischen Wirtschaft ist unverändert schwach. Fast die Hälfte der Unternehmen plant keine oder abnehmende Investitionen. Lediglich 15 Prozent der Betriebe wollen in den nächsten Monaten mehr für Investitionen ausgeben als zuletzt.
Bei den Personalplanungen ist die sächsische Wirtschaft ebenfalls weiter sehr zurückhaltend. 65 Prozent der Unternehmen setzen auf gleichbleibende Belegschaftszahlen. 14 Prozent planen ihre Beschäftigtenzahlen zu erhöhen. Dem gegenüber stehen 21 Prozent an Firmen, die mit einer Abnahme rechnen. Der Saldo bleibt damit unverändert zum Vorjahr bei -7 Punkten.
Geschäftslage bleibt schwach
In der sächsischen Industrie gibt es bei der Geschäftslage nur wenig Bewegung. Die schwache Konjunktur und zunehmende Handelshemmnisse wirken negativ auf die Unternehmen. Der Saldo der Geschäftslage notiert aktuell – wie vor einem Jahr – bei einem Punkt. Das ist ein Punkt weniger als zu Jahresbeginn. Die Auslastung der Produktionskapazitäten ist weiterhin schwach. Dass der Lagesaldo nicht schwächer ausfällt, liegt vor allem an den Ver- und Entsorgern, den Betrieben der Reparatur und Installation von Maschinen und Anlagen sowie der Nahrungsmittelherstellung. Der Saldo der Geschäftserwartungen verbessert sich bei den Industrieunternehmen im Vergleich zur Vorumfrage um sieben auf nunmehr -10 Punkte. Damit ist dieser Saldo auch etwas besser als vor einem Jahr (-13 Punkte). Der größte Risikofaktor für die weitere Entwicklung sind die Arbeitskosten (72 Prozent der Unternehmen). Entsprechend zurückhaltend sind die Personalplanungen (Saldo: -13). Zudem bereiten weiterhin die schwache Inlandsnachfrage (66 Prozent) und die hohen Energiepreise (63 Prozent) große Sorgen.
Nach dem Rückgang der Geschäftslage im Baugewerbe zu Jahresbeginn ist aktuell wieder eine leichte Verbesserung zu verzeichnen. Der Lagesaldo steigt um fünf auf 16 Punkte. Gegenüber dem Frühjahr 2024 (Saldo: 27 Punkte) bleibt der Lagewert jedoch deutlich zurück. Waren die Baukapazitäten vor einem Jahr noch bei deutlich über der Hälfte der Baufirmen zu 85 und mehr Prozent ausgelastet, so ist dies aktuell nur noch bei 47 Prozent der Firmen der Fall. Auch die Ertragslage entwickelte sich durch die stetig gestiegenen Kosten ungünstig. Circa jede fünfte Baufirma gibt an, aktuell mit Verlust zu wirtschaften. Dennoch blicken deutlich weniger Baubetriebe pessimistisch in die Zukunft als zuletzt. Der Prognosesaldo bleibt mit ‑9 Punkten zwar weiter negativ, ist jedoch erstmals seit langem wieder einstellig. Stützend für die Prognosen dürften die sinkenden Zinsen und die Aussicht auf die vom Bund geplanten Investitionen in die Infrastruktur sein.
Die Geschäftslage im Dienstleistungsgewerbe verbessert sich im Vergleich zur Vorumfrage ebenfalls. Mit 33 Punkten stellt der Geschäftslagesaldo erneut den höchsten Wert im Vergleich der Wirtschaftsbereiche dar. Vor einem Jahr hatte der Saldo allerdings noch vier Punkte höher gelegen. Zwar berichten die Dienstleister per saldo von gestiegenen Umsätzen, jedoch verschlechtert sich aktuell die Tendenz der Auftragseingänge bzw. Vertragsabschlüsse (Saldo: -11 Punkte). Der Saldo der Geschäftserwartungen dreht erstmals seit einem Jahr wieder in den positiven Bereich. Umsatz und Beschäftigtenzahl dürften bei den Dienstleistern in den nächsten Monaten weiter leicht zunehmen.
Die Lageeinschätzungen im Handel haben sich im Vergleich zur Vorumfrage etwas verbessert. Auch im Vergleich zum Vorjahreswert ist eine geringe Verbesserung zu verzeichnen. Der Lagesaldo bleibt jedoch sowohl im Einzelhandel (-4 Punkte) als auch im Großhandel (-1 Punkt) im negativen Bereich. Sparneigung und Kaufzurückhaltung der Verbraucher und schwache Konjunktur bei Industrie und Bau belasten Einzel- bzw. Großhändler. Umsätze und Ertragsentwicklung sind in beiden Sparten deutlich rückläufig. 28 Prozent der Einzelhändler und 25 Prozent der Großhändler wirtschaften derzeit mit Verlust.
Im Verkehrsgewerbe verschlechtert sich die Lage aktuell gegenüber der Vorumfrage, ist jedoch etwas besser als vor einem Jahr. Nach einer leichten Entspannung zu Jahresbeginn hat sich die Umsatz- und Ertragsentwicklung aktuell wieder spürbar verschlechtert. Mehr als die Hälfte der Verkehrsunternehmen berichten von sinkenden Erträgen. Auch wenn sich die Geschäftserwartungen im Verkehrsgewerbe per saldo etwas bessern, ist die Skepsis nach wie vor hoch (Saldo: -17 Punkte). Die Aussichten werden vor allem durch steigende Arbeitskosten (75 Prozent der Unternehmen), hohe Kraftstoffpreise (74 Prozent ) und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (61 Prozent) eingetrübt.
Die Geschäftslage im Gast-/Tourismusgewerbe verschlechtert sich aktuell deutlich und der Lagesaldo rutscht in den negativen Bereich (-3 Punkte). Die Branche meldet verstärkt rückläufige Umsätze und vor allem deutlich schlechtere Erträge. Fast zwei Drittel der Betriebe sind davon betroffen. Beinahe jedes dritte Unternehmen arbeitet derzeit nicht kostendeckend. Aber auch in diesem Wirtschaftsbereich schwächt sich der Pessimismus hinsichtlich der Geschäftsaussichten ab. Der Prognosesaldo klettert auf ‑12 Punkte und ist damit sieben Punkte höher als vor einem Jahr und neun Punkte besser als zu Jahresbeginn.
Beschäftigtenzahlen gehen zurück
Die festgefahrene konjunkturelle Situation und die stetige Verschlechterung der Geschäftslage führen zu einer negativen Beschäftigtenentwicklung in allen Wirtschaftsbereichen. Nachfragerückgänge, geringere Auslastungen und steigende Kosten, insbesondere die Arbeitskosten, hinterlassen ihre Spuren am Arbeitsmarkt. Kritisch ist dabei auch die geplante Erhöhung des Mindestlohnes zu sehen. Zwar haben 57 Prozent der sächsischen Unternehmen in den letzten Monaten ihre Beschäftigtenzahlen konstant gehalten, den 27 Prozent Firmen mit verringertem Personal stehen aktuell aber nur noch 16 Prozent Betriebe mit Steigerungen im Personalbereich gegenüber. Auch in den kommenden Monaten dürfte es in der Gesamtwirtschaft in Sachsen zu einem weiteren leichten Rückgang der Beschäftigung kommen. Bei 14 Prozent Unternehmen mit expansiven und 21 Prozent Firmen mit schrumpfenden Personalplanungen ergibt sich ein negativer Saldo von -7 Punkten. Fast zwei Drittel der Betriebe werden ihre Beschäftigtenzahlen konstant halten.
Nicht nur konjunkturelle Gründe führen zu rückläufigen Beschäftigtenentwicklungen.Der immer stärker zu Tage tretende demografische Wandel und der in vielen Bereichen nach wie vor akute Fachkräftemangel sind ebenfalls Ursachen für zurückhaltende Personalprognosen. Einzig im Dienstleistungsgewerbe sind derzeit moderate Ausweitungen der Beschäftigung zu erwarten. Der Anteil der zunehmenden Beschäftigtenplanungen überwiegt hier den Anteil der rückläufigen Planungen um vier Prozentpunkte. Aber auch in dieser Branche gehen die meisten Unternehmen von einem unveränderten Personalbestand aus (68 Prozent). Am meisten überwiegen die rückläufigen Personalplanungen in den Wirtschaftsbereichen Einzelhandel und Verkehrsgewerbe (Saldo jeweils -16 Punkte). Auch in der Industrie (-13 Punkte), im Baugewerbe (-10 Punkte), im Großhandel (-9 Punkte) und im Gastgewerbe/Tourismus (‑8 Punkte) ist mit Beschäftigtenrückgängen zu rechnen, wobei alle Werte infolge der leicht besseren Geschäftsprognosen und teilweise aus saisonalen Gründen im Vergleich zum Jahresbeginn etwas weniger negativ sind.
Investitionen unverändert zurückhaltend
Der Investitionsstau in der sächsischen Wirtschaft bleibt weiter bestehen. Die Seitwärtsbewegung der Geschäftslage, verstärkte Umsatzrückgänge und eine verschlechterte Ertragsentwicklung über alle Wirtschaftsbereiche hinweg tragen aktuell zu einer fortgesetzten Investitionsschwäche bei. Auch die wiederholte Lockerung der Geldpolitik der EZB und die Ankündigung des Investitionspaketes des Bundes in die Infrastruktur lassen bisher kein Investitionswachstum erkennen. Im Gegenteil, der Saldo aus zunehmenden und abnehmenden Investitionsplanungen liegt unverändert bei -11 Punkten. Am höchsten ist die Investitionsbereitschaft in den kommenden Monaten im Dienstleistungsgewerbe (Saldo: 2 Punkte). In allen anderen Wirtschaftsbereichen liegt der Saldo dagegen deutlich im negativen Bereich: Verkehrsgewerbe (-11 Punkte), Industrie (-18 Punkte), Bau (-14 Punkte), Einzelhandel (-14 Punkte), Großhandel (-19 Punkte) und Gast-/Tourismusgewerbe (-21 Punkte). 72 Prozent der investierenden Unternehmen planen Ausgaben für Ersatzbeschaffungen. Im Verkehrsgewerbe ist dieser Anteil mit 83 Prozent besonders hoch. Effizienzsteigerung und Senkung der Arbeitskosten dürften die Hauptgründe für Rationalisierungsmaßnahmen sein, die von 33 Prozent der Unternehmen, die Investitionen planen, angestrebt werden. Besonders der Großhandel will hier aktiv werden. Produkt- und Verfahrensinnovationen spielen in den Planungen von 26 Prozent der Unternehmen eine Rolle. Besonderer Schwerpunkt liegt hier bei den Dienstleistungsunternehmen (31 Prozent). Investitionen zur Erweiterung der Kapazitäten werden von knapp 23 Prozent der Unternehmen geplant.
Fußnoten
*Der IHK-Geschäftsklimaindex berücksichtigt gleichrangig die Beurteilungen der Unternehmen zur Geschäftslage (Lagesaldo) und zur zukünftigen Geschäftsentwicklung (Erwartungssaldo). Er wird als geometrisches Mittel der Lage- und Erwartungssalden berechnet.
HERAUSGEBER:
Industrie- und Handelskammer Chemnitz
Geschäftsbereich Standortpolitik
Straße der Nationen 25
09111 Chemnitz
0371 6900-1250
www.chemnitz.ihk24.de
Industrie- und Handelskammer Dresden
Geschäftsbereich Standortpolitik und Kommunikation
Langer Weg 4
01239 Dresden
0351 2802-220
www.dresden.ihk.de
Industrie- und Handelskammer zu Leipzig
Abteilung Wirtschafts- und Bildungspolitik
Goerdelerring 5
04109 Leipzig
0341 1267-1254
www.leipzig.ihk.de
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