Konjunkturumfrage Sachsen Jahresbeginn 2024

Sächsische Wirtschaft – Stagnation statt Aufschwung

Die sächsische Wirtschaft geht ohne Rückenwind in das Jahr 2024. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine haben sich die Rahmenbedingungen für die Unternehmen erheblich verschlechtert. Das sächsische Bruttoinlandsprodukt ist im Jahr 2023 voraussichtlich um 0,3 Prozent geschrumpft. Aktuell belasten weiterhin die enorm gestiegenen Kosten sowie die damit in engem Zusammenhang stehende Nachfrageflaute die Unternehmen. Die Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung sehen laut dem ifo-Institut Dresden aber besser aus: angesichts sinkender Inflationsraten, gestiegener Löhne und historisch hohem Beschäftigungsstand ist für die sächsische Wirtschaft ein leichtes Wachstum von 0,9 Prozent möglich.  Es besteht also Aussicht auf Besserung, wenngleich die Geschäftserwartungen der sächsischen Unternehmen dies bisher nicht widerspiegeln.

Der IHK-Geschäftsklimaindex sinkt zum dritten Mal in Folge. Zum Jahresbeginn 2023 hatte sich ein neuerlicher Aufschwung abgezeichnet, dieser konnte sich aber aufgrund von Kostenbelastungen und Nachfrageeinbruch nicht über das Frühjahr hinweg fortsetzen. Sowohl die Lageeinschätzungen als auch die Geschäftserwartungen geben erneut nach. Dadurch sinkt der Index von 97 im Herbst 2023 auf aktuell 94 Punkte und steht damit acht Punkte unter dem Wert vom Jahresbeginn 2023. An der Befragung beteiligten sich 1.690 Unternehmen aller Branchen mit mehr als 91.000 Beschäftigten.

Geschäftslage und -erwartungen

Die Geschäftslage der Unternehmenhat sich in den vergangenen Monaten leicht verschlechtert. Der Lagesaldo sinkt um zwei auf 15 Punkte. Angesichts sinkender Nachfrage und anhaltend hoher Kosten hat sich die Ertragslage in den Unternehmen erneut negativ entwickelt.  Iim Vorjahresvergleich verschlechterte sich diese um vier Punkte. Obwohl viele Unternehmen ihre Preise erhöht haben, belasten weiterhin hohe Energie-, Rohstoff- und Arbeitskosten die Erträge.

Die Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate nehmen eine ähnliche Entwicklung wie die Lagebewertungen. Der Saldo sinkt leicht auf nunmehr -23 Punkte. Während der Anteil der positiven Stimmen zum dritten Mal in Folge sinkt, steigt spiegelbildlich der Anteil der negativen Prognosen. Damit liegt der Saldo zwar 21 Punkte über dem Tiefpunkt vom Herbst 2022, sinkt aber ebenfalls zum dritten Mal in Folge. Bei unverändert schwierigen Rahmenbedingungen lässt dieses Ergebnis kein Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr erwarten.

Geschäftslage

  • Schlecht
  • Gut
  • Befriedigend

Gut: 36 %
Befriedigend: 43 %
Schlecht: 21 %

Geschäftserwartungen

  • Schlechter
  • Besser
  • Gleichbleibend

Besser: 12 %
Gleichbleibend: 53%
Schlechter: 35 %

Investitionen, Beschäftigung und Risiken

Die Investitionsbereitschaft in der sächsischen Wirtschaft bleibt nach wie vor schwach und hat sich gegenüber den vorherigen Umfragen kaum verändert. 15 Prozent der Unternehmen mit steigenden stehen 30 Prozent mit sinkenden Investitionsausgaben gegenüber. Der Saldo bleibt somit negativ. Die schwierigen wirtschaftspolitischen Rahmen- und Investitionsbedingungen verlängern somit den gewaltigen Investitionsstau, der sich seit Beginn der Corona-Pandemie aufgebaut hat.

Auch die Personalplanungen fallen zurückhaltend aus. Aufgrund der schwachen Konjunktur und des angespannten Arbeitsmarktes gehen erneut nur 15 Prozent von einem Mitarbeiterzuwachs in den kommenden Monaten aus. Ein Viertel rechnet mit einem Personalrückgang. Dies ist vor allem auf den ausgeprägten Fach- und Arbeitskräftemangel zurückzuführen. Insgesamt ist in der gewerblichen Wirtschaft Sachsens voraussichtlich mit einer leicht nachlassenden Beschäftigung zu rechnen.

Die konjunkturellen Risiken sind für die Unternehmen ausgesprochen hoch. Mit 67 Prozent der Nennungen bleiben die Energiepreise nach wie vor das am häufigsten genannte Geschäftsrisiko. Insbesondere im Gast- und Tourismusgewerbe, dem Einzelhandel und in der Industrie führen die Energiepreise das Risikoranking weiterhin an. Auf den Plätzen zwei und drei folgen für die Gesamtwirtschaft die Entwicklung der Arbeitskosten (64 Prozent), die insbesondere mit der neuerlichen Anhebung des flächendeckenden Mindestlohnes einen kräftigen Schub erhielten, sowie die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (58 Prozent), deren Nennung im Vergleich zum Vorjahr einen deutlichen Sprung um 14 Prozentpunkte macht. Mit 54 bzw. 53 Prozent betrachten über die Hälfte der sächsischen Betriebe die schwächelnde Inlandsnachfrage und den Fachkräftemangel ebenso als ein Risiko für ihre zukünftigen wirtschaftlichen Aktivitäten.

Geschäftslage weiter im Rückwärtsgang

In der Industrie hat sich die Geschäftslage gegenüber dem Herbst kaum verändert. Aktuell bewertet ein Drittel der Betriebe die Lage mit gut, knapp ein Viertel hingegen mit schlecht. Der Anteil der Betriebe, die die Geschäftslage als gut bewerten, sinkt seit Jahresbeginn 2022 stetig, während die negativen Lagebewertungen sich seitdem verdoppelt haben. Der Saldo liegt mit neun Punkten 22 Punkte unter dem Vorjahresniveau. Nach wie vor belasten die hohen Energie- und Rohstoffpreise sowie die Arbeitskosten die sächsischen Industriebetriebe. Hinzu kommt die zurückhaltende Nachfrage aus dem In- und zunehmend auch aus dem Ausland. Die Geschäftserwartungen bleiben in Anbetracht der schlechteren Nachfrage negativ. Der Prognosesaldo gibt mit -23 Punkten nochmals deutlich nach. Verglichen zum Jahresbeginn 2023 geben die Umsatzerwartungen spürbar um 25 Punkte nach (aktuell -20 Punkte). Die nach wie vor zurückhaltenden Aussichten lassen insgesamt auf kein substanzielles Industriewachstum schließen.

Die Geschäftslage im Baugewerbe hat sich nach Stagnation in den Vorumfragen nochmals deutlich verschlechtert. Der Lagesaldo liegt nunmehr bei 15 Punkten. Im Herbst 2023 hatte er noch 31 betragen. Die Kapazitäten sind weniger stark ausgelastet und auch die aktuellen Auftragseingänge stellen keine Besserung in Aussicht. Der Auftragseingangssaldo erreicht damit einen Negativrekord von minus 50 Punkten. Entsprechend skeptisch fallen die Geschäftserwartungen für die kommenden Monate aus. Nur sieben Prozent rechnen mit besseren Geschäften, über die Hälfte hingegen mit weiteren Umsatzrückgängen und damit auch einer Verschlechterung ihrer Lage.

Besser als in den anderen Branchen ist der Konjunkturverlauf im Dienstleistungsgewerbe. Der Saldo aus guten und schlechten Lagebeurteilungen steigt leicht um einen auf 35 Punkte und ist damit erneut der beste Wert aller Wirtschaftsbereiche. Fast die Hälfte der Unternehmen (49 Prozent) meldet eine gute Geschäftslage. Die meisten Dienstleister sind in geringerem Maße von den hohen Kosten bei Energie und Rohstoffen betroffen als viele andere Branchen. Auch die Geschäftsaussichten sind zwar weniger pessimistisch, stehen aber dennoch unter negativen Vorzeichen. Der Saldo liegt aktuell bei ‑8 Punkten. Die Wachstumsperspektiven sind somit stark eingeschränkt. Auch die Dienstleistungsbranche berichtet angesichts der verschlechterten konjunkturellen Rahmenbedingungen von rückläufigen Auftragseingängen. Dementsprechend schwach fällt die Umsatzprognose aus.

Die Lage im sächsischen Einzelhandel hat sich in den vergangenen Monaten – getrieben durch die inflationsbedingte Konsumzurückhaltung – negativ entwickelt. Zwar sind im Vergleich zum Herbst dank des zufriedenstellenden Weihnachtsgeschäfts leichte Verbesserungen zu vermerken, dennoch überwiegen die negativen Lageurteile (Saldowert: -7 Punkte). Die Geschäftserwartungen lassen derzeit keine Entwicklung in Richtung Vor-Corona-Stand erkennen. Damals lag der Lagesaldo noch bei 30 bis 50 Punkten. Im Gegenteil, das Erwartungsbarometer sinkt zum dritten Mal in Folge und liegt nunmehr bei -40 Punkten. Die Aussichten sind ausgesprochen pessimistisch.

Auch der sächsische Großhandel kann sich dem schwierigen konjunkturellen Umfeld nicht entziehen. Die Umsätze sind trotz gestiegener Preise rückläufig (Saldowert: -20 Punkte). Neun von zehn Großhändlern beobachten kundenseitig ein zurückhaltendes Kaufverhalten. Angesichts des immensen Kostendrucks ist eine spürbare Entspannung der Preise im Handel nicht in Sicht. Aufgrund der allgemein schwachen Konjunkturprognosen beurteilt der Großhandel seine Geschäftsaussichten ebenfalls sehr zurückhaltend. Nur acht Prozent der Firmen rechnen mit zukünftig besseren Geschäften, während 44 Prozent von einer Verschlechterung ihrer Lage ausgehen. 

Im Verkehrsgewerbehat sich die Lage in den vergangenenMonaten weiter verschlechtert. Der Lagesaldo fällt um acht auf nunmehr minus sechs Punkte. Insbesondere der nochmals gestiegene Kostendruck durch die Mauterhöhung, die Erhöhung des CO2-Preises und die damit weiterhin hohen Kraftstoffpreise führten bei knapp der Hälfte der Befragten zu einer negativen Ertragsentwicklung. Positive konjunkturelle Impulse sind derzeit kaum zu erkennen. Der Saldo der aktuellen Auftragseingänge liegt bei -46 Punkten. Auch die Umsatzerwartungen bleiben skeptisch (Saldo: -34 Punkte). Entsprechend verhalten beurteilen die Verkehrsunternehmen ihre zukünftige Geschäftsentwicklung. Mit -43 Punkten ist der Prognosesaldo im Vergleich zum Herbst erneut um acht Punkte gesunken.

Im Gastgewerbe/Tourismus hat sich die Geschäftslage ebenfalls verschlechtert, verharrt mit neun Punkten aber noch im positiven Bereich. Während die Umsatzentwicklung weiterhin positiv verlief, schmälern die gestiegen Verkaufspreise durch das Auslaufen der Mehrwertsteuersenkung auf Speisen, die Steigerung des Mindestlohns sowie weiterhin hohe Einkaufs- und Energiepreise die Erträge vieler Betriebe. Ihre Geschäftsaussichten bewerten die Tourismusbetriebe erneut deutlich schlechter als im Vorjahr (-25 Punkte). Die Umsatzerwartungen lassen nicht auf konjunkturelle Impulse hoffen. Ein Drittel der Betriebe rechnet trotz steigender Preise mit rückläufigen Umsätzen.  

Geschäftserwartungen äußerst gedämpft

Personalplanungen zurückhaltend

Infolge der äußerst gedämpften wirtschaftlichen Aussichten bleiben die Personalplanungen der sächsischen Unternehmen unverändert zurückhaltend. Aufgrund der Großen Probleme bei der Gewinnung neuer Arbeitskräfte haben die meisten Unternehmen (62 Prozent) ein großes Interesse, zumindest ihren derzeitigen Mitarbeiterstamm zu halten. Unter den restlichen 38 Prozent überwiegt jedoch der Anteil (23 Prozent) der Betriebe, der mit einer rückläufigen Beschäftigtenzahl rechnet. Somit kann ein leichter Beschäftigungsrückgang in der sächsischen Wirtschaft nicht ausgeschlossen werden. 

Lediglich im Dienstleistungsgewerbe sind leichte Zuwächse (Saldo: 9 Punkte) möglich. Die größten Beschäftigungsrückgänge sind dagegen im Bau- (-20 Punkte) und Verkehrsgewerbe (-24 Punkte) zu erwarten. Auch in der Industrie sowie im Einzel- und Großhandel liegen die Salden im zweistelligen negativen Bereich. Selbst im Gast- und Tourismusgewerbe liegt der Saldo mit 8 Punkten im Minus.  Neben geplanten Personalentlassungen sind häufig jedoch auch andere Gründe für einen Beschäftigtenrückgang verantwortlich. Zu nennen sind unter anderem fehlende Nachfolger für ein Gewerbe, Standortschließung aufgrund stark steigender Gewerbemieten oder der fehlende Ersatz für regulär ausscheidende Mitarbeiter (z.B. Altersrente).

Investitionsaktivitäten sinken weiter

Die trüben Geschäftserwartungen drücken deutlich auf die Investitionspläne der sächsischen Unternehmen. Angesichts der großen Unsicherheit fehlt vielfach eine verlässliche Planungsgrundlage und werden Projekte vorerst auf Eis gelegt. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen wegen der hohen Preise für Energie und Rohstoffe nach Einsparpotenzialen suchen und dafür auch bei den Investitionsausgaben kürzen. Der Investitionsstau, insbesondere bei den Ausrüstungsinvestitionen, verlängert sich somit weiter und gefährdet letztlich die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Häufig werden nur noch unbedingt notwendige Ersatzbeschaffungen getätigt. Der Investitionssaldo ist gegenüber der Herbstumfrage 2023 nochmals um vier auf -15 Punkte gesunken.

In keinem Wirtschaftbereich liegt der aktuelle Saldo im positiven Bereich. Mit -6 Punkten liegt der Saldowert im Dienstleistungsgewerbe noch am höchsten. In allen anderen Wirtschaftsbereichen ist dieser zweistellig negativ: Einzelhandel (-10 Punkte), Großhandel (-15 Punkte), Industrie (-18 Punkte),  Verkehrsgewerbe (-19 Punkte) und Gastgewerbe/Tourismus (-20 Punkte). Nicht völlig unerwartet ist momentan die mit Abstand schlechteste Investitionsbereitschaft im Baugewerbe (Saldo: -30 Punkte) zu beobachten.

Fußnoten

*Der IHK-Geschäftsklimaindex berücksichtigt gleichrangig die Beurteilungen der Unternehmen zur Geschäftslage (Lagesaldo) und zur zukünftigen Geschäftsentwicklung (Erwartungssaldo). Er wird als geometrisches Mittel der Lage- und Erwartungssalden berechnet.

HERAUSGEBER:

Industrie- und Handelskammer Chemnitz, Geschäftsbereich Standortpolitik, Straße der Nationen 25, 09111 Chemnitz, 0371 6900-1250, www.chemnitz.ihk24.de

Industrie- und Handelskammer Dresden, Geschäftsbereich Standortpolitik und Kommunikation, Langer Weg 4, 01239 Dresden, 0351 2802-220, www.dresden.ihk.de

Industrie- und Handelskammer zu Leipzig, Abteilung Wirtschafts- und Bildungspolitik, Goerdelerring 5, 04109 Leipzig, 0341 1267-1254, www.leipzig.ihk.de

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