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Pressemitteilung | 27.06.2023

Mitteldeutsche Wirtschaft ist verunsichert

Gewerbliche Kammern aus Leipzig und Halle (Saale) stellen Konjunkturbericht vor

Leipzig, 27. Juni 2023. Die Nachwirkungen der Pandemie, die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine, die Liefer- und Materialengpässe sowie die damit verbundenen Preissteigerungen setzen der mitteldeutschen Wirtschaft nach wie vor schwer zu. Dennoch sind die Unternehmen im Frühjahr 2023 wieder etwas optimistischer. Das zeigt die gemeinsame Konjunkturumfrage der Handwerkskammern sowie der Industrie- und Handelskammern (IHKs) aus Leipzig und Halle (Saale), die für insgesamt 147.000 Unternehmen in der Region stehen. Prof. Dr. Thomas Brockmeier, Hauptgeschäftsführer der IHK Halle-Dessau, und Matthias Forßbohm, Präsident der Handwerkskammer zu Leipzig, stellen die Ergebnisse in Leipzig vor. Demnach ist der Konjunkturklimaindex für Mitteldeutschland – er zeigt auf, wie die Betriebe ihre aktuelle Geschäftslage sowie ihre Zukunftsaussichten einschätzen – im Frühjahr 2023 gegenüber dem Vorjahr um 11 Punkte auf jetzt 43 Punkte gestiegen. Besonders deutlich ist die Veränderung gegenüber dem Herbst 2022, als der Wert −8,4 Punkte betrug. Dennoch sind die Werte der Vor-Coronajahre noch lange nicht erreicht.

„Insgesamt bleiben die Geschäftserwartungen in allen Branchen aber verhalten. Kostendruck, Inflation und Fachkräftemangel trüben den Ausblick“, sagt Handwerkskammer-Präsident Matthias Forßbohm. Und IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Brockmeier ergänzt: „Die Industrie hat sich der schwierigen Situation weitgehend angepasst und ihrerseits die Preise angehoben. Damit ging die Unsicherheit zurück und die Geschäftsaussichten haben sich verbessert, sind aber noch pessimistisch. Die aktuelle Geschäftslage hingegen ist durch zurückgegangene Aufträge und Umsätze unter Druck.“

Ein hoher Auftragsvorlauf hatte die Baubranche lange vor dem Auftragsrückgang geschützt. Im Frühjahr 2023 bleiben Aufträge, insbesondere im Wohnungsbau, aufgrund der gestiegenen Preise und Zinsen aus. Die übliche Frühjahrsbelebung ist nahezu ausgefallen. Auch die Zahl der Baugenehmigungen ging deutlich zurück. Infolge sinkt auch die Zahl der Beschäftigten. „Die Gefahr besteht, dass die Fachkräfte die Branche dauerhaft verlassen. Aber Wohnungsbau und energetische Gebäudesanierung werden nur mit genügend Beschäftigten im Bausektor möglich sein“, so Forßbohm.

Der pessimistische Blick der Unternehmen in die Zukunft schlägt sich auf das Investitionsverhalten nieder. Nach wie vor sind die Unternehmen branchenübergreifend bei der langfristigen Investitionsplanung sehr zurückhaltend. „Das zeugt von einer tiefen Verunsicherung“, schätzt Brockmeier ein. Die Personalnachfrage bleibt gegenüber dem Vorjahr stabil. In den kommenden Monaten planen wieder etwas mehr Unternehmen, Beschäftigte einzustellen statt Stellen abzubauen, sofern dies der angespannte Fachkräftemarkt erlaubt.

Wirtschaftspolitische Empfehlungen

Die wirtschaftliche Entwicklung in Mitteldeutschland muss sich wieder dauerhaft stabilisieren und Fahrt aufnehmen. Dafür gilt es, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen zu schaffen. Die mitteldeutschen Wirtschaftskammern empfehlen:

Hindernisse für stärkere Bautätigkeit beseitigen!

Die Konzentration auf unbedingt notwendige Vorschriften würde entscheidend dazu beitragen, die vorhandenen Baukapazitäten voll auszunutzen. Genehmigungsverfahren müssen verhältnismäßig sein und in angemessenen Zeiten bearbeitet werden. Die Deckelung von Mietpreisen ist ein kontraproduktiver Markteingriff. Es müssen Anreize für den Erwerb und den Erhalt von selbstgenutztem Wohneigentum geschaffen werden. Das könnte unter anderem der Wegfall der Grunderwerbssteuer sein.

Anpassung an den Fachkräftemangel

Die Maßnahmen zur Linderung des Fachkräftemangels müssen konsequent fortgesetzt werden: Beibehaltung des gesamtgesellschaftlichen Arbeitsvolumens, Aktivierung von Arbeitslosen, bessere steuerliche Anreize für ältere Arbeitnehmer weiterzuarbeiten, sowie die Verbesserung der Bedingungen für qualifizierte Zuwanderung.
Der öffentliche Dienst muss durch die Digitalisierung seiner Prozesse effizienter werden und keinen Personalaufbau betreiben. Im Wettbewerb um die Fachkräfte darf sich dieser Bereich nicht durch hohe Lohnabschlüsse, getragen insbesondere von steuerzahlenden Unternehmen, unfaire Vorteile gegenüber der Privatwirtschaft verschaffen.
Außerdem gilt es, sich an den unvermeidbaren Fachkräfteschwund anzupassen: Die Beschäftigten müssen durch Qualifikation und Investition in modernste Produktionsmittel produktiver werden. Das Investitionsklima muss dringend durch eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik verbessert werden. Zur Verbesserung der Qualifikation gehört als Fundament unbedingt auch ein hervorragendes Schulsystem.

Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit im Energiebereich

Dringend notwendig ist eine konsequente Ausweitung des Energieangebots durch den schnellen Ausbau erneuerbarer Energien, das Festhalten am Kohlekompromiss und dem darin festgelegten Ausstiegspfad sowie das Aufheben von Denkverboten. Eine umgehende Angebotsausweitung macht zudem schuldenfinanzierte Strompreissubventionen zulasten der kommenden Generation überflüssig.

Zur Methodik

Für den mitteldeutschen Konjunkturbericht befragen die vier gewerblichen Kammern im Großraum Leipzig-Halle-Dessau regelmäßig ihre Mitgliedsunternehmen und erheben repräsentative Stichproben. Im Schnitt beteiligen sich etwa 1.800 Betriebe aus den verschiedenen Branchen. Diese geben dabei unter anderem an, wie sie ihre aktuelle Geschäftslage bewerten und welche Entwicklung sie künftig erwarten. Die Umfragedaten aus den verschiedenen Branchen werden gewichtet und ausgewertet. Sowohl die Befragung als auch die Auswertung der Ergebnisse erfolgt nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden.

Den aktuellen Konjunkturbericht Mitteldeutschland finden Sie hier.

Kontakt für Medienanfragen

IHK Halle-Dessau:  Isabel Reimann
Tel.: 0345 2126-202 | E-Mail: ireimann@halle.ihk.de
Handwerkskammer zu Leipzig: Dr. Andrea Wolter
Tel.: 0341 2188-155 | E-Mail: wolter.a@hwk-leipzig.de

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