Leitfaden für die Arbeit als Prüfer bei der IHK zu Leipzig
Fragen und Antworten zur Durchführung von Fortbildungsprüfungen
0. Präambel
Liebe Prüferinnen und Prüfer,
wir möchten Ihnen herzlich für Ihr Engagement danken. Ihre Rolle als Prüfer bei der IHK zu Leipzig ist von unschätzbarem Wert für die berufliche Bildung in Deutschland. Durch Ihre Arbeit tragen Sie dazu bei, dass unsere Prüfungen qualitativ hochwertig und praxisnah bleiben. Ihr Einsatz sichert die Anerkennung und den hohen Standard der IHK-Abschlüsse. Vielen Dank für Ihre wertvolle Unterstützung und Ihr Engagement!
1. Rechtliche Grundlagen
Um unsere Prüfungen ordnungsgemäß und rechtssicher durchzuführen, gelten folgende rechtliche Rahmenbedingungen:
- Das Berufsbildungsgesetz (BBiG)
- Die Prüfungsordnungen der IHK zu Leipzig
- Die Verordnungen sowie die spezifischen Rechtsvorschriften der jeweiligen Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung
- Die Geheimhaltungsrichtlinien im Umgang mit Prüfungsaufgaben (DIHK)
Diese Gesetze und Vorschriften bilden den Rahmen für Ihre Tätigkeit als Prüfer und sind bindend für die Durchführung und Bewertung der Prüfungen.
2. Erwartungen an die Prüfertätigkeit
Als Prüfer tragen Sie eine große Verantwortung. Hier sind die wichtigsten Erwartungen an Ihre Prüfertätigkeit:
Verantwortung und Identifikation: Ihre Rolle erfordert eine Einbindung in die organisatorischen, fachlichen und juristischen Belange der IHK zu Leipzig. Sie repräsentieren diese und sollten sich dieser Verantwortung bewusst sein.
Kompetenz: Es ist wichtig, dass Sie kompetent und korrekt handeln, Neutralität wahren und Verschwiegenheit bewahren. Ihre Bewertungen sollen fair, objektiv und nachvollziehbar sein.
3. Zusammensetzung des Prüfungsausschusses (PA)
Der Prüfungsausschuss spielt eine zentrale Rolle bei der Abnahme der IHK-Abschlüsse:
Ehrenamtlichkeit: Ihre Tätigkeit ist ehrenamtlich und wird in der Regel nicht vergütet. Ihnen steht allerdings eine Entschädigung gemäß der jeweils gültigen Entschädigungsrichtlinie der IHK zu Leipzig zu.
Mitglieder: Der Ausschuss besteht aus drei Mitgliedern, darunter jeweils ein Beauftragter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie einer Lehrkraft einer berufsbildenden Schule. Eine Besetzung des PA mit mehr Mitgliedern ist nur möglich, wenn dies in einer Anlage der Prüfungsordnung der IHK zu Leipzig festgelegt ist.
Berufung: Mitglieder werden für längstens fünf Jahre durch die IHK zu Leipzig berufen. Eine erneute Berufung ist möglich.
4. Ablauf eines Prüfverfahrens
Erste Sitzung: Hier konstituiert sich der PA, es werden der Vorsitzende und sein Stellvertreter benannt und organisatorische Fragen geklärt. Dies umfasst auch die Einteilung der Aufsichten und die Festlegung der Korrektoren.
Zweite Sitzung (nach der schriftlichen Prüfung oder vor der mündlichen Prüfung): Es erfolgt die Bewertung der schriftlichen Prüfungen und die Abstimmung der Ergebnisse. Diskutieren Sie auf Grundlage Ihrer eigenen Wahrnehmung die Bewertungen im Gremium, um eine einheitliche Notengebung zu beschließen. Daraufhin erfolgt eine Auswertung und Einteilung der nachfolgenden Prüfungen.
Durchführung der mündlichen und praktischen Prüfungen: Diese werden gemäß den festgelegten Regularien durchgeführt. Die Bewertung erfolgt wie bei der schriftlichen Prüfung.
5. Rolle der IHK zu Leipzig bei Prüfungen
Die IHK zu Leipzig unterstützt Sie in vielerlei Hinsicht bei der Abnahme der Prüfungsleistungen:
Koordination und Moderation: Wir übernehmen die Organisation der Prüfungen. Dies umfasst die Bereitstellung von Räumlichkeiten und Materialien sowie die Terminplanung. Auch werden die Prüfungsausschüsse durch die IHK zu Leipzig berufen.
Fachliche und rechtliche Information/Beratung: Bei Unklarheiten stehen wir Ihnen und den Prüflingen beratend zur Seite.
Qualitätssicherung: Wir sorgen für die Einhaltung der formellen Prüfungsstandards. Im Bereich der hoheitlichen Tätigkeit trifft die IHK zu Leipzig die Entscheidungen zur Prüfungszulassung (im Fall der Ablehnung mit einem Beschluss des Prüfungsausschusses) und/oder die Beantragung von Nachteilsausgleichen.
6. Zulassung zur Prüfung
Die IHK zu Leipzig entscheidet im ersten Schritt über die Zulassung zur Prüfung. Hält sie die Zulassungsvoraussetzungen nicht für gegeben, entscheidet der Prüfungsausschuss abschließend durch Beschluss.
7. Prüfungsablauf
Die schriftlichen, mündlichen und praktischen Prüfungen werden gemäß den jeweiligen Rechtsverordnungen bzw. den besonderen Rechtsvorschriften der beruflichen Bildung durchgeführt.
Jede Prüfungssituation sollte durch den PA gut vorbereitet und strukturiert sein, um der besonderen Situation der Prüflinge gerecht werden zu können (Nervosität/Prüfungsangst). Die Begrüßung, die Vorstellung der PA-Mitglieder und die Belehrung sollten zu Beginn der Prüfung durch den Vorsitzenden erfolgen. Zudem bietet es sich an, insbesondere bei mündlichen Prüfungen, klare Rollen für die Durchführung der Prüfung vorab festzulegen.
Umgang mit den Prüflingen: Ein respektvoller und freundlicher Umgang ist Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Prüfung. Seien Sie klar in Ihren Anweisungen und geben Sie den Prüflingen die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Bringen Sie den Prüflingen Wertschätzung entgegen, sie könnten zukünftige Kolleginnen / Kollegen sein (zumindest für Beauftrage der Arbeitgeber / Arbeitnehmer).
Unparteilichkeit: Handeln Sie stets neutral und ohne Vorurteile. Vermeiden Sie somit eventuelle Interessenkonflikte.
Identitätsnachweis: Die Prüflinge haben einen amtlichen Lichtbildausweis und die Einladung der IHK zu Leipzig vor Beginn der Prüfung vorzuzeigen
Belehrung: Die Prüflinge sind vor Beginn der Prüfung über den Prüfungsablauf, die zur Verfügung stehende Zeit, die erlaubten Arbeits- und Hilfsmittel, die Folgen von Täuschungshandlungen und Ordnungsverstößen, Rücktritt und Nichtteilnahme zu belehren.
8. Prüfungsinhalte und Dokumentation
Die Prüfungsinhalte orientieren sich ausschließlich an den jeweiligen Prüfungsordnungen und Rahmenplanempfehlungen des DIHK und der IHK zu Leipzig.
Verlieren Sie nicht den Sinn der Prüfungen aus dem Auge: Der Prüfling soll seine berufliche Handlungsfähigkeit nachweisen. Wie der Prüfling dies nachzuweisen hat bzw. die Ausgestaltung der Prüfung, steht weitestgehend in Ihrem Ermessen, soweit Sie sich an die Rechtsverordnungen bzw. die besonderen Rechtsvorschriften der beruflichen Bildung halten.
In den meisten Fällen der Prüfungsverfahren handelt es sich um bundeseinheitliche Prüfungen, in denen zentral erstelle Aufgaben verwendet werden. Sollte dies nicht der Fall sein, werden Sie in Abstimmung mit der IHK zu Leipzig eigene Prüfungsaufgaben erstellen.
Dokumentation: Während der Prüfungen ist eine sorgfältige Dokumentation durch den Prüfungsausschuss notwendig. Halten Sie alle wichtigen Ereignisse, Informationen und Antworten des Prüflings fest, um Transparenz und Nachvollziehbarkeit, insbesondere für Fälle eines Rechtsstreits, zu gewährleisten. Ein Wortprotokoll der Prüfung ist allerdings nicht notwendig. Von der IHK zu Leipzig erhalten Sie hierzu einen Vordruck.
Die Niederschrift (Protokoll der Prüfung) ist, neben der Ergebnisniederschrift, dass entscheidende Dokument, damit die IHK zu Leipzig einen entsprechenden Prüfungsbescheid (Verwaltungsakt) zur Beendigung des Prüfungsverfahrens erlassen kann.
Bitte denken Sie dringend daran: Die Niederschrift muss von allen teilnehmenden Prüfern des Prüfungsausschusses unterzeichnet sein. Ihre eigens angefertigten Notizen sind der Niederschrift beizufügen.
9. Bewertung und Notengebung
Die Bewertung erfolgt anhand festgelegter Kriterien:
Objektivität und Transparenz: Die Bewertungen sollten neutral und transparent sein. Vermeiden Sie persönliche Präferenzen und bewerten Sie die Leistungen der Prüflinge nach objektiven Maßstäben.
Kriterien zur Bewertungsfindung: Fachliche Kompetenz, praktische Fähigkeiten, Sozialkompetenz und Präsentationsfähigkeiten.
Die Festlegung der Noten für einzelne Prüfungsleistungen, sowie für das Gesamtergebnis, liegt ausschließlich im Aufgabenbereich des Prüfungsausschusses. Eine ordnungsgemäße Benotung kann nur durch die Mitglieder des Prüfungsausschusses, auf Grundlage der jeweils einzelnen Wahrnehmung eines jeden Mitglieds, erfolgen. Andere Personen, Gäste der Prüfung und auch Mitarbeiter der IHK zu Leipzig, dürfen bei der Beratung im Gremium nicht anwesend oder anderweitig an der Beschlussfassung mitwirken.
Bewertungsskala: Die Noten reichen von "sehr gut" bis "ungenügend". Die genaue Aufschlüsselung können Sie den jeweils gültigen Prüfungsordnungen der IHK zu Leipzig entnehmen.
Hat der Prüfungsausschuss sich auf die abschließende Bewertung der Prüfungsleistungen geeinigt, so sind diese in der Ergebnisniederschrift festzuhalten. Bitte vermerken Sie ebenfalls, ob der Prüfling die Prüfung bestanden, nicht bestanden oder von der Prüfung zurückgetreten ist. Hierzu erhalten Sie von der IHK zu Leipzig ebenfalls ein Vordruck zur Ergebnisniederschrift.
Bitte denken Sie dringend daran: Die Ergebnisniederschrift muss von allen teilnehmenden Prüfern des Prüfungsausschusses unterzeichnet sein.
10. Notenbekanntgabe
Die Notenbekannte der einzelnen Prüfungsleistungen erfolgt ausschließlich und schriftlich durch die IHK zu Leipzig (Prüfungsbescheid).
Handelt es sich um die die letzte, abzulegende Prüfungsleistung, haben Sie die „Ehre“, dem Prüfling den Ausgang des Prüfungsverfahrens mündlich mitzuteilen.
Bitte denken Sie hierbei daran, nur Auskunft über das Bestehen oder Nichtbestehen dem Prüfling mitzuteilen. Bei Prüfungen in der Erstausbildung erhält der Prüfling zusätzlich eine entsprechende Bescheinigung für seinen Ausbildungsbetrieb.
11. Korrektur von schriftlichen Prüfungen
Die Korrektur von schriftlichen Prüfungen können auf zwei Mitglieder des PA übertragen werden (Korrektoren). Die Korrektur erfolgt hierbei selbstständig und unabhängig, zuerst durch den Erstkorrektor, danach durch den Zweitkorrektor. Beide Korrektoren einigen sich auf eine Bewertung.
Nach Vorschlag der Korrektoren, beschließt der gesamte PA die endgültige Bewertung der Prüfungsleistung. Die Beauftragung der Korrektoren liegt in der Verantwortung des Prüfungsausschusses.
Sogenannte Antwort-Wahl-Aufgaben können automatisiert ausgewertet werden. Der zuständige Prüfungsausschuss ist an die hieraus festgestellten Bewertungen gebunden.
Bei der Korrektur von Prüfungen ist es wichtig, die Korrekturrichtlinien einzuhalten und objektiv zu bewerten. Gehen Sie sorgfältig und systematisch vor, um Fehler zu vermeiden.
Transparenz: Dokumentieren Sie Ihre Korrekturen und machen Sie Ihre Bewertungen nachvollziehbar.
12. Umgang mit Täuschungsversuchen
Sollten Täuschungsversuche auftreten, sind diese in der Niederschrift zu dokumentieren. Unzulässige Hilfsmittel werden für die übrige Prüfungszeit in Verwahrung genommen.
Dem Prüfungsteilnehmer teilen Sie mit, dass dieser die Prüfung nunmehr unter Vorbehalt fortsetzt.
Die Beurteilung der Täuschungshandlung erfolgt durch den Prüfungsausschuss im Nachgang der jeweiligen Prüfung.
13. Prüfungsunterlagen
Gehen Sie sorgfältig mit den Prüfungsunterlagen um und lagern Sie diese nicht unbeaufsichtigt. Achten Sie auf die sichere Aufbewahrung und den vertraulichen Umgang mit sensiblen Informationen (Datenschutz).
Vor der Prüfung erhalten Sie persönlich die Prüfungsunterlagen durch die IHK zu Leipzig ausgehändigt. Halten Sie hierzu bitte einen Identitätsnachweis (Lichtbildausweis) bereit.
14. Durchführung der mündlichen Prüfungen
Vorbereitung: Begrüßen Sie die Prüflinge und stellen Sie sich vor. Erklären Sie den Ablauf der Prüfung und geben Sie den Prüflingen die Möglichkeit, Fragen zu stellen.
Strukturierter Ablauf: Achten Sie auf einen klaren und strukturierten Prüfungsverlauf. Halten Sie sich an den vorgegebenen Zeitrahmen und die Prüfungsfragen.
Protokollierung: Zeichnen Sie den Prüfungsverlauf auf. Notieren Sie die relevanten Antworten des Prüflings und bewerten Sie die Leistungen objektiv und nachvollziehbar.
15. Konfliktlösung und Beschwerden
Gehen Sie sachlich und neutral mit Beschwerden um. Unsachliche Bemerkungen oder verbale Diskriminierungen/Auseinandersetzungen bringen niemanden weiter.
Prüflinge haben die Möglichkeit, Widerspruch bei der IHK zu Leipzig einzulegen. Hierauf können Sie verweisen. Bitte geben Sie keine sonstigen Rechtsauskünfte. Die weitere Bearbeitung liegt in den Händen der IHK zu Leipzig.
Überdenkensverfahren: Im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens könnte der PA mit einem Überdenkensverfahren beauftragt werden. In diesem sollen Sie sich noch einmal kritisch mit Ihrer Bewertung (in Zusammenhang mit den vom Prüfling vorgebrachten Rügen) auseinandersetzen. Eine Neubewertung ist aber nur dahingehend möglich, dass der Prüfling eine bessere Note/Teilergebnisse erhält. Eine Verschlechterung ist ausgeschlossen.
Befangenheit: Haben Sie Bedenken im Hinblick auf Ihre Neutralität, zeigen Sie diese bitte vor dem Prüfungsverfahren der IHK zu Leipzig an. Sollten die Bedenken erst während der Prüfung auftreten, trifft der PA hierüber selbst die Entscheidung. Bei der Mitwirkung der Prüfung sind folgende Personengruppen ausgeschlossen: Ehepartner/Verlobte, Verwandte/Verschwägerte ersten Grades, Geschwister, Kinder der Geschwister, Ehepartner der Geschwister, Geschwister der Verwandten/Verschwägerten ersten Grades, Pflegeeltern/Pflegekinder.
16. Honorierung und Entschädigung
Ihre Tätigkeit wird mit einer Aufwandsentschädigung (Zeitversäumnis, Fahrtkosten, Aufwand) honoriert. Dies richtet sich nach der jeweils gültigen Entschädigungsregelung der IHK zu Leipzig.
Abrechnungsverfahren: Stellen Sie sicher, dass Sie Ihre Aufwände korrekt und vollständig abrechnen. Die Abrechnung erfolgt über die Plattform „Webfachverfahren Prüfer“.
17. Besondere Prüfungssituationen
Nachteilsausgleich: Prüflinge mit Behinderungen haben Anspruch auf besondere Prüfungsbedingungen, die individuell festgelegt werden. Die Antragsstellung und Bearbeitung erfolgt durch die IHK zu Leipzig.
Gäste während der Prüfung: Gäste können durch Sie nur zugelassen werden, wenn abzusehen ist, dass die Prüfung hierdurch nicht gestört wird. Aber beachten Sie: Die Prüfungen sind nicht öffentlich. Gäste können somit nur Vertreter der obersten Bundes- oder Landesbehörden, der IHK zu Leipzig sowie die Mitglieder des Berufsbildungsausschusses IHK zu Leipzig sein.
Bitte denken Sie dringend daran: Zur Bewertung der Prüfungsleistungen müssen alle Gäste den Raum verlassen. Hierzu sind nur die Mitglieder des PA berechtigt.
Verspätung: Erscheint der Prüfling nach Beginn der Prüfung, so kann dieser nach der Identitätsfeststellung weiterhin an der Prüfung teilnehmen. Allerdings ist dem Prüfling keine Zeitverlängerung zu gewähren.
Nichtteilnahme: Nimmt der eingeladene Prüfling nicht an der Prüfung teil, vermerken Sie dies bitte auf der Niederschrift. Liegt kein wichtiger Grund vor, so ist die Prüfungsleistung mit 0 Punkten zu bewerten.
18. Prüfungswiederholung
Prüflinge, die die Prüfung nicht bestanden haben, haben die Möglichkeit zur zweimaligen Wiederholung.
19. Schlusswort
Als Prüfer bei der IHK zu Leipzig ist Ihre Arbeit von unschätzbarem Wert für die berufliche Bildung. Mit Ihrem Engagement tragen Sie zur Qualitätssicherung und Weiterentwicklung unserer Ausbildungssysteme bei. Vielen Dank für Ihre wertvolle Unterstützung und Ihr Engagement.