Sächsische Wirtschaft: Erholung bleibt aus
Obwohl das sächsische preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt im ersten Halbjahr real einen leichten Anstieg von 0,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum verzeichnete, ist in der gewerblichen Gesamtwirtschaft in Sachsen derzeit keine konjunkturelle Erholung zu verspüren. Die Lage in den Unternehmen hat sich weiter leicht eingetrübt und vor allem die Erwartungen sind nach einem spürbaren Anstieg im Frühjahr wieder deutlich pessimistischer. Dementsprechend sinkt der IHK-Geschäftsklimaindex*, der die Einschätzungen zur aktuellen Lage und zu den Erwartungen in sächsischen Unternehmen gleichrangig berücksichtigt, und steht mit nunmehr 97 Punkten drei Punkte tiefer als in der Vorumfrage im Frühjahr. Vor einem Jahr hatte der Wert bei 96 Punkten gelegen.
Die Verschlechterung ist damit vor allem Folge der verhaltenen Geschäftserwartungen. Nach der nun schon mehrere Jahre anhaltenden Schwächephase ist demnach auch für die nächsten Monate nicht mit einer konjunkturellen Erholung zu rechnen. Dafür sind insbesondere ein besseres außenwirtschaftliches Umfeld und die Überwindung der Wachstumsschwäche der Industrie nötig.
Den Ergebnissen der aktuellen Konjunkturumfrage der sächsischen Industrie- und Handelskammern, die vom 1. bis 19. September 2025 durchgeführt wurde, liegen Antworten von knapp 1.800 Unternehmen mit reichlich 85.000 Beschäftigten aller Wirtschaftsbereiche zugrunde.
Geschäftslage und -erwartungen
Obwohl sich im Frühjahr die Prognosen aufgehellt hatten, hat sich die Geschäftslage der sächsischen Unternehmen im Herbst weiter leicht verschlechtert. Der Anteil an Unternehmen mit einer guten Lageeinschätzung bleibt auf dem niedrigen Stand von 32 Prozent, wohingegen die negativen Einschätzungen um einen Prozentpunkt zunehmen. Damit sinkt auch der Geschäftslagesaldo aktuell um einen auf nunmehr neun Punkte. Vor einem Jahr hatte dieser Saldo noch bei 13 Punkten gelegen. Die aktuelle Verschlechterung der Geschäftslage in der Gesamtwirtschaft resultiert vor allem aus einer geringeren Zufriedenheit in der Industrie und im Handel sowie bei den Dienstleistern, während im Gastgewerbe/Tourismus und im Verkehrsgewerbe Verbesserungen zu verzeichnen sind. In der Bauwirtschaft gibt es keine Änderungen.
Bei den Geschäftserwartungen konnte sich der Aufwärtstrend aus dem Frühjahr nicht fortsetzen. Der Anteil der Unternehmen, die eine verbesserte Geschäftsentwicklung in den nächsten Monaten erwarten, sinkt von zuletzt 18 auf nur noch 12 Prozent, zugunsten der Erwartungen einer gleichbleibenden Geschäftslage (62 Prozent der Unternehmen). Im Ergebnis fällt der Saldo um sechs auf -14 Punkte.
Geschäftslage
- Schlecht (23 %)
- Gut (32 %)
- Befriedigend (45 %)
Gut: 32 %
Befriedigend: 45 %
Schlecht: 23 %
Geschäftserwartungen
- Schlechter (26 %)
- Besser (12 %)
- Gleichbleibend (62 %)
Besser: 12 %
Gleichbleibend: 62 %
Schlechter: 26 %
Investitionen, Beschäftigung und Risiken
Die Investitionsneigung der sächsischen Unternehmen bleibt zurückhaltend. Zwar nimmt der Anteil von Unternehmen mit zukünftig steigenden Investitionsausgaben von zuletzt 15 auf 17 Prozent zu, jedoch planen weiterhin mehr als die Hälfte der Firmen keine oder zurückgehende Investitionsausgaben.
Die Beschäftigtenentwicklung war bereits in den letzten Monaten von Rückgängen geprägt. Die Beschäftigtenplanungen sind aktuell mehrheitlich auf das Halten der Belegschaften ausgerichtet. Zwei Drittel der Unternehmen haben dies vor. Insgesamt dürfte aber weiter mit einer Abnahme der Beschäftigung zu rechnen sein, da 22 Prozent der Firmen mit rückläufigen Mitarbeiterzahlen planen. Denen stehen nur 12 Prozent an Betrieben gegenüber, welche ihren Beschäftigtenstamm ausbauen wollen. Der entsprechende Saldo sinkt damit von zuletzt -7 auf -10 Punkte.
Entsprechend kritisch sehen die Befragten die Entwicklung der Arbeitskosten. Mehr als zwei Drittel bezeichnen diese als Risiko der weiteren Geschäftsentwicklung (67 Prozent). Kritisch beobachtet mehr als die Hälfte der Unternehmen auch die Inlandsnachfrage. 57 Prozent der Firmen sehen diese aufgrund der derzeitigen Konjunkturflaute als Risiko. Fast ebenso viele Unternehmen (56 Prozent) empfinden die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen als einschränkend für ihre Geschäftsentwicklung.
Geschäftslage in Industrie und Handel besonders schwach
In der sächsischen Industrie trübt sich die Lageeinschätzung spürbar ein. Der Geschäftslagesaldo sinkt um fünf Punkte und rutscht damit wieder in den negativen Bereich auf nunmehr -4 Punkte. Stagnierende Umsätze im Inland und Ausland bei gleichzeitig steigenden Kosten dämpfen die Stimmung. Nur noch 30 Prozent der Industriebetriebe haben eine Auslastung von über 85 Prozent ihrer Produktionskapazitäten. Sowohl die Auftragseingänge aus dem Inland als auch aus dem Ausland haben derzeit eine negative Tendenz. Positive Impulse für das Lagebild kommen aktuell lediglich aus den Branchen Chemie und Pharma, Herstellung sonstiger Waren und Sonstiger Fahrzeugbau und vor allem aus der Reparatur und Installation von Maschinen und Ausrüstungen sowie den Energie- und Wasser- ver- bzw. -entsorgern. In allen anderen Branchen überwiegen die negativen Lageurteile gegenüber den positiven. Aufgrund von Unsicherheiten in der Planbarkeit, zunehmendem Protektionismus, steigender Abgabenlast und unverändert hohen bürokratischen Belastungen sind auch die Geschäftsprognosen für die kommenden Monate weiter unter Druck. Der Saldo sinkt aktuell um zwei auf -12 Punkte, ist aber besser als vor einem Jahr, als er bei -19 Punkten notierte.
Die Geschäftslage im Baugewerbe hat sich zuletzt nicht geändert. Nach einem schwachen Start zum Jahresbeginn und einer leichten Verbesserung im Frühjahr bleibt der Lagesaldo bei 16 Punkten. Saisonbedingt hat sich der Beschäftigungsrückgang abgeschwächt und die Auslastung der Baukapazitäten hat sich wieder verbessert. Mehr als die Hälfte der Firmen (53 Prozent) sind zu über 85 Prozent ausgelastet. Die Umsätze und die aktuelle Tendenz der Auftragseingänge sind jedoch per saldo rückläufig. Der Ausblick der Bauwirtschaft ist aktuell wieder verhaltener als noch im Frühjahr. Mit zwei Dritteln ist aktuell der Anteil der Betriebe, die eine gleichbleibende Lage prognostizieren, besonders hoch. Der Erwartungssaldo liegt mit -16 Punkten sieben Punkte unter dem des Frühjahres, ist aber deutlich weniger pessimistisch als noch vor einem Jahr (-24 Punkte).
Die besten Bewertungen kommen von den Dienstleistern. Allerdings sinkt der Saldo im Vergleich zur Vorumfrage um drei auf nunmehr 30 Punkte ab. Die Beschäftigtenentwicklung der letzten Monate war gerade noch positiv. Der Wirtschaftsbereich konnte in geringem Umfang Umsatzzuwächse verzeichnen. Die Tendenz der Auftragseingänge und die Ertragsentwicklung sind dagegen per saldo negativ. Bei den Geschäftserwartungen gibt es kaum Bewegung. Der Saldo rutscht dennoch knapp in den negativen Bereich. In den nächsten Monaten dürfte es zu geringfügigen Umsatzsteigerungen und einer leichten Zunahme der Beschäftigtenzahlen kommen.
Besonders im Handel brechen die Lagebeurteilungen aktuell ein. Zehn Punkte verliert der Saldo im Einzelhandel auf nunmehr -14 Punkte. Sieben Punkte beträgt der Rückgang seit der Vorbefragung im Frühjahr im Großhandel, wo der Saldo nun bei -8 Punkten liegt. Der leichte Aufwärtstrend, der bis Frühjahr 2025 zu beobachten war, ist damit vollständig gestoppt und beide Salden stehen jeweils einen Punkt unter ihrem Vorjahreswert vom Herbst 2024. Verunsicherung über die wirtschaftliche Lage und geringe Anschaffungsneigung der Verbraucher drücken Umsatz- und Ertragsentwicklung. Auch bei den Geschäftserwartungen geht es aktuell leicht nach unten. Die Aussagen sind aber in beiden Handelssparten weniger pessimistisch als vor einem Jahr.
Im Verkehrsgewerbe verbessert sich die Geschäftslage gegenüber dem Frühjahr auf niedrigem Niveau und ist auch geringfügig besser als im Herbst letzten Jahres. Dennoch sind die Umsätze in den letzten Monaten stärker zurückgegangen. Auch die Tendenz der Auftragseingänge ist per saldo deutlich negativ. Das wirkt sich auf die Geschäftserwartungen aus. Diese verschlechtern sich derzeit wieder. Der Saldo aus positiven und negativen Prognosen geht seit Frühjahr um zehn auf nunmehr -27 Punkte zurück. Besonders skeptisch sind dabei die Unternehmen des Personenverkehrs.
Nach dem Rückgang der Geschäftslage im Gast-/Tourismusgewerbe im Frühjahr ist aktuell wieder eine leichte Verbesserung zu verzeichnen. Der Saldo steigt um 10 Punkte und verlässt den negativen Bereich. Dennoch bleibt er mit sieben Punkten deutlich hinter dem Vorjahreswert zurück (20 Punkte). Die Umsatzerwartungen in der Branche verschlechtern sich derzeit spürbar. Dementsprechend fallen die Geschäftserwartungen aus. Der Prognosesaldo schwächt sich um 12 auf -24 Punkte ab und ist damit acht Punkte niedriger als vor einem Jahr.
Beschäftigtenplanungen weiter stark zurückhaltend
Da die Konjunktur auch im laufenden Jahr nicht an Fahrt aufgenommen hat, bekam auch die Beschäftigtenentwicklung keine Impulse. Strukturelle Probleme, die nach Jahren der Krisen weiterhin ungelöst sind, belasten den Arbeitsmarkt inzwischen deutlich. Die angespannte Geschäftslage führt in nahezu allen Wirtschaftsbereichen zu einem Rückgang der Beschäftigung. Insbesondere die Arbeitskosten stellen viele Unternehmen vor Herausforderungen, bei denen - wo möglich - mit Rationalisierung oder Digitalisierung bis hin zu KI-Lösungen reagiert wird. In vielen Fällen kommt es jedoch schlicht zu Entlassungen oder einem Einstellungsverzicht. Bei den Beschäftigtenplanungen setzt sich diese Tendenz fort. Zwar wollen zwei Drittel der Unternehmen ihren Mitarbeiterstand konstant halten, jedoch rechnen 22 Prozent der Firmen mit sinkenden Beschäftigtenzahlen. Denen stehen nur zwölf Prozent der Betriebe entgegen, welche mit wachsenden Belegschaften planen. Allein aufgrund der weiteren geplanten Mindestlohnerhöhungen ab nächstem Jahr erwarten 17 Prozent der Unternehmen eine Reduzierung ihrer Mitarbeiterzahlen. Darüber hinaus dürften die Arbeitskosten weiter steigen. 28 Prozent der Unternehmen beschäftigen zum Mindestlohn und werden Lohnanhebungen vornehmen müssen. In 55 Prozent der Firmen wird die Anhebung auch zur Anpassung der Löhne der höheren Lohngruppen führen. Dennoch besteht das Problem des Fachkräftemangels nach wie vor. Durch die Entwicklungen am Arbeitsmarkt ist dieser zwar in einigen Fällen nicht mehr so drängend, aber 44 Prozent der Unternehmen bezeichnen ihn dennoch als Risiko für ihre Geschäftsentwicklung. In den verschiedenen Wirtschaftsbereichen überwiegen die rückläufigen Personalplanungen am ehesten im Einzelhandel und im Verkehrsgewerbe (Saldo -20 und -18 Punkte). Aber auch in der Industrie ist mit spürbaren Rückgängen zu rechnen (Saldo -17 Punkte). Etwas weniger stark ist diese Tendenz im Baugewerbe bzw. im Gast-/Tourismusgewerbe (jeweils -12 Punkte) und im Großhandel (-6 Punkte). Einzig bei den Dienstleistern ist mit einem stagnierenden Personalbestand zu rechnen. Mit einem Punkt liegt der entsprechende Saldo hier gerade noch im positiven Bereich.
Weiterhin schwieriges Umfeld für Investitionen
Die Stagnation der Geschäftslage und die wieder pessimistischer werdenden Prognosen sind derzeit keine guten Voraussetzungen für Investitionen. Trotz des angekündigten Investitionspaketes und des Investitions-Boosters der Bundesregierung ist bei der sächsischen Wirtschaft bisher kaum eine gesteigerte Investitionsneigung zu erkennen. Lediglich um zwei Punkte von -11 auf -9 Punkte steigt der Saldo auszunehmender und abnehmender Investitionsplanungen in der sächsischen Wirtschaft seit dem Frühjahr. Vor einem Jahr hatte der Saldo bei -12 Punkten gelegen. Mit Blick auf die Wirtschaftsbereiche ist nur bei den Dienstleistern ein positiver Saldo der Investitionsplanungen zu verzeichnen (ein Punkt, Frühjahr: zwei Punkte). In allen anderen Bereichen ist dieser Saldo negativ, lässt aber stärkere Veränderungen erkennen. So hat sich seit Frühjahr der Saldo im Verkehrsgewerbe von -11 auf -17 Punkte verschlechtert. Auch im Baugewerbe ging es um drei Punkte von -14 auf -17 hinunter. In der Industrie schwächte sich der negative Investitionssaldo etwas ab, um vier auf -14 Punkte. Deutlich weniger negativ zeigt sich auch der entsprechende Saldo im Einzelhandel (von -14 auf -5 Punkte) und im Großhandel (von -19 auf -9 Punkte) sowie im Gast-/Tourismusgewerbe (von -21 auf -12 Punkte). Allerdings bleibt der Anteil von Ersatzbeschaffungen an den Investitionen nahezu unverändert hoch. 71 Prozent der Unternehmen geben diese als Grund für Investitionen an. Besonders hoch ist deren Anteil im Verkehrs-, Bau- und Gast-/Tourismusgewerbe. Rationalisierungen sind der zweithäufigstgenannte Grund (32 Prozent). Diese sollen vor allem in Industrie, Groß- und Einzelhandel stattfinden.
Fußnoten
*Der IHK-Geschäftsklimaindex berücksichtigt gleichrangig die Beurteilungen der Unternehmen zur Geschäftslage (Lagesaldo) und zur zukünftigen Geschäftsentwicklung (Erwartungssaldo). Er wird als geometrisches Mittel der Lage- und Erwartungssalden berechnet.
HERAUSGEBER:
Industrie- und Handelskammer Chemnitz
Geschäftsbereich Standortpolitik
Straße der Nationen 25
09111 Chemnitz
0371 6900-1250
www.chemnitz.ihk24.de
Industrie- und Handelskammer Dresden
Geschäftsbereich Standortpolitik und Kommunikation
Langer Weg 4
01239 Dresden
0351 2802-220
www.dresden.ihk.de
Industrie- und Handelskammer zu Leipzig
Abteilung Wirtschafts- und Bildungspolitik
Goerdelerring 5
04109 Leipzig
0341 1267-1254
www.leipzig.ihk.de
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