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News | 05.12.2025

Stellungnahme der IHK zu Leipzig zum Entwurf des Kommunalen Wärmeplans der Stadt Leipzig

Die IHK zu Leipzig begleitet aktiv den Prozess der kommunalen Wärmeplanung der Stadt Leipzig, als Mitglied des Klimaschutzbeirates oder durch Unterstützung bei Erhebungen zu industriellen Abwärmepotenzialen. Der Verband ist auch offen für die Zusammenarbeit mit weiteren Kommunen der Region.

Grundsätzliches

Die Stadt Leipzig kommt mit dem vorgelegten Entwurf des Kommunalen Wärmeplans ihrer gesetzlichen Pflicht gemäß Wärmeplanungsgesetz nach, bis 30.06.2028 einen Plan für die zukünftige Wärmeversorgung im Stadtgebiet zu erstellen. Nicht zuletzt mit der Einführung des Emissionshandelssystems ETS-2 für den Gebäudesektor gewinnt die kommunale Wärmeplanung weiter an Bedeutung. Zudem wird eine klimafreundliche Wärmeversorgung zunehmend zu einem wichtigen Standortfaktor hinsichtlich der Nachhaltigkeitsperformance von Unternehmen.

Grundsätzlich schafft der Wärmeplan eine planerische Grundlage auf deren Basis bi- und multilaterale Wärmelieferverträge geschlossen werden können. Als Beteiligte kommen hier neben den Abwärmeproduzenten und den Wärmenetzbetreibern auch Betreiber von Nahwärmeinseln sowie die potenziell Nutzenden in Betracht. 

Bundespolitische Rahmenbedingungen für die Wärmewende 

Einerseits verursacht die Wärmewende hohe Kosten, anderseits bietet sie die Chance, durch zusätzliche Binnennachfrage neue wirtschaftliche Impulse zu setzen. Da die Transformation der Wärmeversorgung stark von Elektrifizierung geprägt ist, sind ein netzdienliches Strommarktdesign sowie volkswirtschaftlich sinnvolle Förderregime notwendig – etwa eine Förderung von Wärmepumpen nur in Kombination mit Pufferspeichern. 

Für die Fernwärme sind klare regulatorische Rahmenbedingungen erforderlich, die Investitionssicherheit für Erzeuger, Netzbetreiber, Versorger und Abnehmer schaffen. Transparenz, stabile Preise und nachvollziehbare Kostenstrukturen sind zentrale Voraussetzungen. Da Fernwärme monopolartig organisiert ist und Wettbewerb fehlt, sind ausgleichende Regulierungsmechanismen unerlässlich. Für ein erfolgreiches Gelingen der Wärmewende ist es entscheidend, dass der Preis fossiler Brennstoffe je Wärmeeinheit langfristig über dem von nachhaltigen Alternativen liegt. 

Umsetzung strategisch aufsetzen!

Der im Entwurf vorliegende Wärmeplan wird die Umsetzungsgrundlage der Transformation der Wärmeversorgung in Leipzig sein. Diese Umsetzung bringt jedoch erhebliche, insbesondere finanzielle Herausforderungen mit sich, die bereits im Planungsstadium berücksichtigt werden müssen. Die Finanzierung der Infrastrukturen (Fernwärmenetzausbau, Nahwärmenetzbau) sollte über lange Zeiträume gestreckt werden, um diese über stabile Fernwärmepreise zu refinanzieren und um neben Belastungen durch den CO2-Preis auch kurzfristige investitionsbedingte Preissprünge zu vermeiden. Eine zeitlich zu ambitionierte Umsetzung würde bei begrenzten privatwirtschaftlichen Kapazitäten (Planern und Bauunternehmen) jedenfalls kostentreibend wirken.

Die IHK erwartet ferner, dass auch diese Infrastrukturinvestitionen als Wertschöpfungsmotor verstanden und mithin vorrangig Bau- und Handwerksunternehmen sowie Dienstleister aus der Region Leipzig beauftragt werden. So bleiben die zu investierenden (öffentlichen) Finanzmittel im regionalen Wertschöpfungskreislauf.

Die Umsetzungsfinanzierung mit öffentlichen Mitteln muss solide aufgesetzt werden. Der Ausbau der Fernwärmenetze und die integrierte Berücksichtigung weiterer Energieinfrastrukturen sowie Speicherlösungen wird u. a. Netzbetreiber und Stadtwerke vor große wirtschaftliche Herausforderungen stellen. Es braucht daher klare Finanzierungspläne unter Ausnutzung aller Fördermöglichkeiten von Bund und Land. Zusätzlich sollten Public Private Partnerships als Investitions- und Betreibermodelle in Betracht gezogen werden.

Rechtssicherheit und verlässliche Vertragsstrukturen von Anfang an garantieren!

Die IHK zu Leipzig fordert eine rasche Schaffung von Rechts- und Planungssicherheit, damit die notwendigen umfangreichen Investitionen erfolgen können.

Besonderes Augenmerk ist darauf zu legen, Abwärmepotenziale rechtssicher, wirtschaftlich und langfristig verlässlich in die Leipziger Wärmeversorgung einzubinden. Die räumliche Gebietsdarstellung weist verschiedene Gebiete im Süd-Osten und Nord-Westen in Leutzsch, Böhlitz-Ehrenberg, Lindenthal, Probstheida, Holzhausen, Engelsdorf oder Teile von Liebertwolkwitz als “Potenzialgebiete Nahwärmeinseln” aus, in denen neue selbstständige Wärmenetze entstehen können. In diesen Quartieren befinden sich nach der Potenzialanalyse relevante Abwärmequellen, die ausdrücklich als geeignet für Nahwärme- oder Quartierslösungen bewertet werden. Daraus ergibt sich ein konkretes Feld für die vertragliche Kopplung zwischen lokalem Abwärmeproduzenten und dem Betreiber des Quartiers- bzw. Inselnetztes.

Für die Nutzung von Abwärme und den Aufbau von Insellösungen ist deshalb die Schaffung klarer rechtlicher Rahmenbedingungen unerlässlich. Nur so können Betreiber von Wärmeinseln, Abwärmeproduzenten und Abnehmer ihre Potenziale heben und Investitionen planen. Zumal im Abschnitt 4.8.2 des Wärmeplans festgestellt wird, dass es erhebliche Unsicherheiten insbesondere mit der langfristigen Verfügbarkeit der kleineren Wärmequellen im Stadtgebiet gibt, besteht insbesondere bei der Anbindung kleiner und mittlerer Abwärmeproduzenten an Quartierslösungen ein hoher Bedarf an individuellen vertraglichen Regelungen, die angemessene Garantien, Anpassungsklauseln und Rücktrittsrechte enthalten und damit eingeschränkte Planungssicherheit ausgleichen. Für energieintensive Unternehmen und verlässliche Abwärmequellen sollte zudem ein standardisiertes Vertragsmuster z. B. für Abwärme-Einspeiseverträge und für Quartiers-Wärmelieferverträge entwickelt werden, welches wirtschaftliche und technische Anforderungen in rechtlich belastbare Klauseln überführt (Temperaturniveau, Mindestleistung, Verfügbarkeit, Investitionskostenbeteiligung, Datentransparenz). 

Jedenfalls sollten die Stadtverwaltung und die beteiligten Versorgungsunternehmen ein besonderes Augenmerk daraufsetzen, die Abwärmepotenziale rechtssicher, wirtschaftlich und langfristig verlässlich in die Leipziger Wärmeversorgung einzubinden.


Bedarfe von Industrie und Gewerbe stärker mitdenken!

Industrie- und Gewerbe haben spezifische Anforderungen an die Wärmeversorgung, da hier nicht nur Heizwärme, sondern auch Prozesswärme für industrielle Fertigungsprozesse benötigt wird. Entsprechend muss sichergestellt werden, dass Unternehmen im Falle einer zukünftigen Stilllegung des Gasnetzes frühzeitig informiert werden, um ihre Prozesse rechtzeitig und wirtschaftlich anpassen zu können. Positiv hervorzuheben ist, dass das Potenzial industrieller Abwärme in die Planung mit einbezogen wurde, beispielsweise das Klärwerk Rosental oder die Raffinerie in Leuna. Bei dem teuren Projekt der Trassenlegung zum Chemiepark Leuna ist kritisch zu betrachten, dass die unvermeidbare Abwärme zwar als fossilfrei gilt, jedoch derzeit nicht aus einer nachhaltigen Produktion stammt. Zudem sollte die Wiederanbindung eines künftig wasserstoffbetriebenen Kraftwerks Lippendorf über die bestehende Infrastruktur zur Fernwärmeversorgung nicht aus dem Blickfeld geraten.

Akzeptanz durch Wirtschaftlichkeit erreichen!

Die Akzeptanz der Wärmewende entsteht in erster Linie durch wirtschaftlich tragfähige Lösungen. Die IHK zu Leipzig unterstützt daher Maßnahmen zur Hebung von Effizienzpotenzialen und zur Senkung der Systemkosten. So ist es beispielsweise sinnvoll, in Gebieten mit dezentralen Lösungen technische Versorgungslösungen wie Wärmepumpen durch die Kombination mit Pufferspeichern und Solaranlagen zu optimieren, um die Stromnetze zu entlasten. Ebenso sind eine hohe Anschlussquote an die Fernwärme sowie die Entwicklung effizienter Inselgebiete anzustreben. Eine frühzeitige Einbindung und verständliche Information der Bewohner sind dabei unerlässlich. Der Anschlusszwang ist indes zu vermeiden. Ergänzend sind Maßnahmen zur Sicherung der sozialen Verträglichkeit und Bezahlbarkeit notwendig.

Zugleich ist kritisch zu hinterfragen, ob alle vorgeschlagenen Maßnahmen zur Steigerung der Akzeptanz tatsächlich nötig oder zielführend sind. Leitfäden zu sozialverträglicher Sanierung oder zum Energiesparen existieren bereits und müssen nicht speziell für Leipzig neu ausgearbeitet werden. Auch ein zusätzlicher Online-Wärmedialog würde voraussichtlich nur von Personen genutzt werden, die sich bereits intensiv mit dem Thema befassen. Zur Informationsbereitstellung sind vielmehr die Angebote der sächsischen Energieagentur zu nutzen. Generell sollte ein kostspieliger Paternalismus vermieden werden.

Keine Doppelstrukturen schaffen!

Für eine erfolgreiche Umsetzung der Wärmewende müssen in den verschiedenen Bereichen ausreichende personelle Ressourcen bereitgestellt und Verantwortlichkeiten klar geregelt werden. Im Maßnahmenkatalog ist jedoch ein zweifelhafter Aufbau mehrerer neuer Strukturen vorgesehen – darunter ein Stab zwischen Stadtverwaltung und L-Gruppe, die Gründung einer Quartiersentwicklungsgesellschaft sowie die Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle für Themen der Wärmewende innerhalb einer Agentur. Die IHK warnt eindringlich vor der Schaffung von Doppelstrukturen, die erhebliche Kosten verursachen. Zudem sollte von Beginn an darauf geachtet werden, keine unnötigen bürokratischen Hürden zu schaffen, die die Umsetzung der Wärmeplanung behindern.

Gebäude modernisieren – Anreize nutzen!

Die Sanierung öffentlicher Gebäude setzt ein wichtiges, vorbildhaftes Zeichen. Positiv bewertet wird auch die Erklärung städtebaulicher Sanierungsgebiete nach § 136 BauGB, da damit schnellere steuerliche Abschreibungen unbürokratisch zusätzliche Investitionsanreize schaffen werden. Ebenso sinnvoll sind jene Maßnahmen, mit denen energetische Sanierungen praxistauglich ermöglicht werden sollen.

Wärmewende integriert umsetzen!

Die IHK zu Leipzig begrüßt die Einbindung der Wärmeplanung in Prozesse der Stadtentwicklung und Bauvorhaben. Positiv bewertet wird auch die klimaangepasste Aufwertung des öffentlichen Raums im Zuge des Fernwärmeausbaus. So können Großwärmespeicher für das gesamte Energiesystem stabilisierende und kostensenkende Effekte haben. Die integrierte Betrachtung von Strom-, Gas-, Wärme-, Wasser- und Telekommunikationsinfrastruktur ist zu unterstützen, um Wirtschaftlichkeitspotenziale zu heben. Bei Unternehmensansiedlungen ist es sinnvoll, die effiziente Nutzung technischer Infrastruktur und möglicher neuer Abwärmepotenziale zu unterstützen. Zudem wird eine Vertiefung der interkommunalen Wärmeplanung begrüßt.

Fachkräfte für die Realisierung des Umbaus der Wärmeversorgung sichern!

Da es sich um ein Schlüsselprojekt für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung handelt, liegt dessen qualitativ hochwertige Umsetzung im Interesse der regionalen Wirtschaft. Zur Gewinnung der dafür notwendigen Fachkräfte können gezielte Ausbildungskonzepte und -kampagnen hilfreich sein. Neben der Expertise der Kammern sind dabei auch die Kompetenzen von z. B. dem EnergieNetzWerk Mitteldeutschland e.V. sowie der Sächsische Energieagentur zu nutzen.

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Porträt von Benjamin Rummel