Germaineschleicher
Die Bleibeperspektive erhöht sich

Gespräch mit Germaine Schleicher von SCHULEWIRTSCHAFT im Landkreis Nordsachsen

10. März 2023

Das deutschlandweite Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT hat natürlich auch einen sächsischen Ableger, welcher sich, in regionale Arbeitskreise heruntergebrochen, mit der Chancenverbesserung von Schülerinnen und Schülern der Region durch Kontakt mit hiesigen Unternehmen befasst.

Im Landkreis Nordsachsen koordiniert Germaine Schleicher die Arbeit von SCHULEWIRTSCHAFT. Die Projektleiterin der Koordinierungsstelle Berufs- und Studienorientierung beim Amt für Wirtschaftsförderung und Landwirtschaft im Landratsamt Nordsachen gab der WIRTSCHAFT ONLINE ein Interview:

WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Frau Schleicher. Sie sind für das Landratsamt Nordsachsen und dort für das Amt für Wirtschaftsförderung und Landwirtschaft mit dem Projekt SCHULEWIRTSCHAFT beschäftigt. Was ist das denn eigentlich?

Germaine Schleicher: SCHULEWIRTSCHAFT ist ein deutschlandweites Netzwerk, in welchem Schulen, Unternehmen, Kammern und weitere Partnerinnen und Partner in den Regionen im Rahmen von regionalen Arbeitskreisen zusammenarbeiten, um Schülerinnen und Schülern den Weg in die Berufswelt zu ebnen. Durch die Koordinierungsstelle Berufs- und Studienorientierung, die im Amt für Wirtschaftsförderung und Landwirtschaft angegliedert ist, erfolgt die Koordinierung und Unterstützung der Arbeitskreise, deren Hauptakteure, wie es der Name schon sagt, Schul- und Unternehmensvertreter sind.  Wir als Koordinierungsstelle begleiten Unternehmen und Schulen beim Aufbau von Kooperationen und organisieren unterschiedlichste Formate von Veranstaltungen, um diesen Prozess voranzutreiben. Weitere wichtige Partnerinnen und Partner sind die Kammern, das Landesamt für Schule und Bildung, die Agentur für Arbeit sowie die Praxisberaterinnen und -berater an den Oberschulen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Auf welchen Wegen schaffen Sie es, die Wirtschaft in Nordsachsen mit den Schulen zusammenzubringen?

Germaine Schleicher: Der Bedarf an zukünftigen Fachkräften in allen Bereichen der Wirtschaft ist hoch. Gerade in den ländlichen Regionen wird es immer schwieriger, zukünftige Auszubildende zu finden. Die großen Städte sind sehr präsent. Immer mehr Unternehmen sind an Kontakten und Kooperationsmöglichkeiten zu Schulen in ihrer Nähe interessiert. Wir nutzen unterschiedlichste analoge und digitale Kommunikationswege. Digital informieren wir auf unserer Webseite unter www.berufsorientierung-nordsachsen.de sowie unter www.ausbildung-gruen.de. Weitere digitale Plattformen sind die Praktikums- und Ferienjobbörse sowie der Schulkompass des Landkreises Nordsachsen. Analog verweisen wir auf unseren Ausbildungswegweiser Nordsachsen mit über 150 Unternehmen und deren Ausbildungs- und Studienangeboten. Jede Schule wird mit einem Klassensatz ausgestattet.  Die Broschüre „SCHULEWIRTSCHAFT – So kommen Unternehmen und Schulen zusammen!“ ist ein Leitfaden für Unternehmen und Schulen, welche an einer Zusammenarbeit interessiert sind.

In den vergangenen Jahren haben sich Veranstaltungsformate etabliert, in denen unterschiedliche Zielgruppen zusammenkommen. Beispielsweise Schülerinnen sowie Schüler und Unternehmen bei den Ausbildungsmessen, Berufsinformationstagen oder Betriebserkundungen. Ein besonderes Highlight ist das jährliche Motivationscamp für Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf. Regionale Unternehmen bieten Praxiseinblicke und zeigen den Jugendlichen berufliche Perspektiven, begleitet von Sequenzen der Lernmotivation, gesunder Ernährung und sportlichen Aktivitäten. Außerdem unterstützen wir die Praxisberaterinnen und -berater bei der Suche nach Unternehmen. In den jährlich stattfindenden Workshops ist das Thema „Schule und Wirtschaft“ immer präsent.

WIRTSCHAFT ONLINE: Es gibt drei SCHULEWIRTSCHAFT-Arbeitskreise in Nordsachsen. Mit wem arbeiten Sie hier zusammen und welche Ergebnisse haben die Arbeitskreise?

Germaine Schleicher: Im Landkreis Nordsachsen arbeiten wir mit den drei Arbeitskreisen von SCHULEWIRTSCHAFT sehr eng zusammen. Wir unterstützen und koordinieren die Arbeit. Die Struktur der Arbeitskreise in den Regionen ist geregelt. Der Vorsitz setzt sich jeweils aus einem Vertreter Schulen und einem Vertreter Unternehmen zusammen. Sie sind unsere ersten Ansprechpartner. In den drei Regionen gibt es unterschiedliche Arbeitsschwerpunkte, welche sich im Laufe der vielen Jahre herauskristallisiert haben. Dies sind in Torgau das Projekt „Berufsinformationstage Torgau“, in der Collm-Region der regelmäßige Informationsaustausch im Rahmen der Veranstaltung „Unternehmen trifft …“ und im Delitzscher Arbeitskreis die jährliche Ausbildungsmesse mit über 100 Ausstellenden.

Die Zielsetzungen sind klar definiert: die Verbesserung des Austausches zwischen Schule und Wirtschaft, die Förderung von Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen und das beides im regionalen Kontext.

Durch die intensiven Aktivitäten können wir jährlich circa 200 Unternehmen in schulische Aktivitäten einbinden. Die Bleibeperspektive für Schülerinnen und Schüler in der Region ist sichtbarer und deutlich erhöht.

WIRTSCHAFT ONLINE: Es geht ja in allen Bemühungen schlussendlich um die Fachkräftesicherung und davor -gewinnung. Wie sind Ihre eigenen Erfahrungen hier?

Germaine Schleicher: Für den Landkreis Nordsachsen ist die langfristige Fachkräftegewinnung und -sicherung ein Kernthema. Unsere Erfahrungen sind sehr positiv. Dies ist auch dem geschuldet, dass das Fachkräftethema und die Berufs- und Studienorientierung in einem gemeinsamen Fachbereich des Amtes für Wirtschaftsförderung und Landwirtschaft arbeiten und so Synergien entstehen und Informationsaustausch sowie Netzwerkarbeit ausgezeichnet miteinander funktionieren.

Unternehmen nehmen gern die Angebote der Berufsorientierung und der Fachkräftestelle in Anspruch. Die Wirtschaftsförderung agiert als Vermittler, Berater und Impulsgeber.

Alle Akteure und Partner in unserem Netzwerk sind kooperativ und an innovativen Projekten interessiert. Seit 2016 gibt es die Fachkräfteallianz im Landkreis Nordsachsen, welche unterschiedlichste regionale Projekte zum Thema Fachkräftesicherung aus dem Budget der Fachkräfterichtlinie des SMWA fördert. Eigene fest etablierte Projekte der Wirtschaftsförderung sind unter anderem der Nordsächsische Rückkehrertag, der Fachtag Fachkräfte, die regionale Fachkräftesicherung in der Land- und Ernährungswirtschaft sowie das MINT-Projekt.

WIRTSCHAFT ONLINE: Welches sind die Pluspunkte in Nordsachsen für junge Menschen in Bezug auf die Berufswahl?

Germaine Schleicher: Zukünftigen Auszubildenden und Studierenden bietet sich ein breites Spektrum an Möglichkeiten und an unterschiedlichsten Fachgebieten. Landwirtschaft, Industrie, Automotiv und Logistik, Gesundheit und Tourismus sowie traditionelles Handwerk sind hier zu Hause. Die Berufsschulzentren haben sich als Kompetenzzentren der beruflichen Bildung etabliert. Der Landkreis Nordsachsen bietet eine abwechslungsreiche Kultur-, Sport- und Erholungslandschaft.  Den Jugendlichen stehen alle Möglichkeiten für eine realistische Ausbildungs-, Arbeits- und Lebensperspektive offen. Außerdem ist die Anbindung an Leipzig ein weiterer Pluspunkt.

Unsere nordsächsischen Unternehmen sind sehr aufgeschlossen und bieten Jugendlichen gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen. Neben neuen modernen Arbeitsformen wie Coworking punkten aber auch ein persönliches und familiäres Klima im Unternehmen bei den Jugendlichen. 

WIRTSCHAFT ONLINE: Auf der Homepage der Berufs- und Studienorientierung Landkreis Nordsachsen fand ich unter den Arbeitsfeldern: Transfer von „best practice“. Was ist das denn ganz konkret?

Germaine Schleicher: Das heißt: Wir nutzen jede Möglichkeit der Kommunikation, um uns über neue und beispielhafte Projekte, Aktivitäten und Maßnahmen auszutauschen. Wir nutzen unsere intensive Netzwerkarbeit, um gute und gelungene Beispiele in den Landkreis Nordsachsen zu bringen. Wir sind Ansprechpartner bei der Entwicklung neuer Projekte und stehen für jegliche Formen des Austausches zur Verfügung. Wir veranstalten dazu beispielsweise den Fachtag Fachkräfte mit dem Markt der Möglichkeiten und darin eingebettet themenbezogene Workshops, die dem Informationsaustausch und dem Transfer dienen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, Frau Schleicher, für Ihre Antworten und Ihr Engagement.

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