Porträt von Moritz John vor der IHK zu Leipzig
Interview zur Kampagne #könnenlernen

Die Jugend von heute. Ganz schön ausgebildet.

08. April 2024

Dass unsere Volkswirtschaft dringend Fachkräfte braucht, die gut ausgebildet und motiviert in Industrie und Handel arbeiten, ist eine Binsenweisheit. Dass das Leben viel zu kurz ist für Warte-Semester eine satirisch formulierte weitere.

Die Bundeskampagne #könnenlernen zielt genau darauf ab: Es gibt hochinteressante Ausbildungsberufe und einen sehr großen Bedarf an guten Nachwuchskräften bei den Unternehmen. Moritz John ist für die IHK zu Leipzig als Abteilungsleiter Wirtschafts- und Bildungspolitik tätig und hat die Kampagne #könnenlernen in seinem Fokus, weil Wirtschafts- und Bildungspolitik schließlich zusammengehören. Wir trafen ihn zum Gespräch.  

WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Herr John. Sie sind in der IHK zu Leipzig der Abteilungsleiter Wirtschafts- und Bildungspolitik und haben somit die Bundeskampagne #könnenlernen im Blick. Können Sie uns etwas zur konzeptionellen Ausrichtung der Kampagne erzählen? Welche Philosophie steht dahinter?

Moritz John: Wir freuen uns sehr, dass die 79 regional selbständig arbeitenden Industrie- und Handelskammern (IHK) sich entschieden haben, im Bereich der Erstausbildung erstmals gemeinsam konkret zusammenarbeiten. Als IHK zu Leipzig setzen wir uns ganzjährig für die Ausbildung in staatlich anerkannten Berufen ein, also einen Beruf zu erlernen und einen Facharbeiterabschluss zu erlangen. Das erfolgt halbjährlich in rund 1.800 Prüfungen in der Erstausbildung allein bei uns in der IHK zu Leipzig.

Um die Jugendlichen und Eltern in unserer Region zu den Möglichkeiten und Berufen im kaufmännischen und im gewerblich-technischen Bereich zu informieren, wurden bislang in den Regionen vielfältige Aktionen zu unterschiedlichen Zeiten organisiert. Der große Vorteil dieser Kampagne besteht darin, dass jetzt erstmals deutschlandweit mit einer gemeinsamen Marke und mit einem gemeinsamen Logo auf das Thema Berufsausbildung aufmerksam gemacht wird. Damit kann ein viel größerer Wiedererkennungseffekt erzielt werden.

Wichtig war uns als IHK-Organisation auch, einen adäquat sichtbaren Auftritt anderen Werbungen, welche ebenfalls um junge Menschen werben, wie etwa die Kampagne der Polizei, entgegenzusetzen.

Unsere Philosophie ist es, den jungen Menschen mitzugeben, dass eine gute praktische Berufsausbildung im Betrieb hinsichtlich der Anerkennung genauso wertvoll ist, wie eventuell ein Studium. #könnenlernen ist somit auch eine Imagekampagne für die Berufsausbildung ganz allgemein.

WIRTSCHAFT ONLINE: Welche Kammern machen eigentlich mit?

Moritz John: Grundsätzlich sind alle IHKs dabei. Und das stimmt uns auch hoffnungsvoll, dass die Philosophie der Kampagne, die ich oben schon erwähnte, breitflächig zum Tragen kommt. Es gibt einen hohen Wiedererkennungseffekt. Von Rostock bis Garmisch-Partenkirchen gibt es mit unserer Kampagne #könnenlernen jetzt einen Blickfang, der ermöglicht, dass Menschen sich für eine individuelle Zukunft als Facharbeiterinnen und Facharbeiter interessieren.

Für die Kampagne haben wir uns bewusst junge, professionelle Werbeprofis ins Boot geholt, die den Puls der jungen Leute kennen und aktivieren können. Bei den jährlich laufenden verschiedenen Einzel-Aktionen, wie etwa der Out-Of-Home-Werbung (OOH), können dann die IHKs wieder völlig selbständig entscheiden, ob sie mitmachen oder nicht.

WIRTSCHAFT ONLINE: Die Kampagne soll ja junge Menschen erreichen, dies bedeutet, dass die Sprache und die Symbolik der jungen Generation genutzt werden muss sowie, dass nicht alles so bierernst oder büroknöchern verhandelt werden kann. Wie wird das erreicht?

Moritz John: Um genau dies zu erreichen, beginnen wir ja mit einem Hashtag … (schmunzelt)
Aber jetzt mal in konkret: Das wird durch authentische junge Azubis aus dem 1. bis 3. Lehrjahr erreicht, die wir als Azubi-Botschafter einsetzen und die aus ihrem Azubi-Alltag berichten, der eben auch richtig cool sein kann. Azubi-Botschafter sind selbst noch in einem ähnlichen Alter wie die Schulabsolventen und sprechen deren Sprache. Die überzeugen dann oft viel eher und mehr, als wenn ein 20 Jahre älterer IHK-Mitarbeiter von den Vorzügen der Ausbildung referiert. Wir platzieren unsere Botschaft natürlich auch auf den Social-Media-Kanälen, welche die jungen Menschen vorrangig benutzen. Wir arbeiten außerdem mit Stickern, also Aufklebern und weiterem coolen Werbematerial sowie mit entsprechenden, der Zielgruppe angepassten, Sprüchen. „Fach you“ ist doch viel besser als das leider viel zu oft benutzte sexualisierte Pendant in der Jugendsprache, kreiert aber gleichzeitig sofort eine Verbindung zu diesem (schmunzelt). Ich finde auch „Das Leben ist zu kurz für Warte-Semester“ oder „Diese Jugend von heute. Ganz schön ausgebildet“ sehr gelungen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Was bringt die Kampagne den Mitgliedsunternehmen?

Moritz John: Einen großen Wiedererkennungseffekt und große Reichweite vor allem. Daneben bieten wir durch die konzertierte Kampagne den Unternehmen fertige Grafik-Vorlagen vom E-Mail-Abbinder über Kulis bis zu Plakat-Motiven an. Nur Drucken muss jede Firma bei Bedarf selbst. Und schlussendlich erzeugt die Kampagne für die mitwirkenden Unternehmen einen großen positiven Imagegewinn.

WIRTSCHAFT ONLINE: Wo finden interessierte Unternehmen diese Werbematerialien und den Content?

Moritz John: Den Content und die Werbematerialien sowie die Vorlagen gibt es für bestätigte Unternehmen über die Ausbildungsberater der IHKs sowie über die unter dem Interview veröffentlichten Links. Die Zielgruppe der Eltern von Ausbildungssuchenden hat eine eigene Präsenz im Netz. Auch hier gibt es den Link am Ende des Beitrags.

WIRTSCHAFT ONLINE: Es gibt auch die DIHK-Lehrstellenbörse, welche das ganze System mit Inhalten unterfüttert. Können Sie uns dazu bitte noch etwas sagen?

Moritz John: Da liegen Sie, Herr Hartmann-Tanner, etwas falsch. Es ist die IHK–Lehrstellenbörse. Früher hatten wir dafür in Leipzig eine regionale Software, wie andere IHKs auch. Weil durchaus die Möglichkeit besteht, dass Jugendliche mit oder ohne Eltern umziehen oder eine Ausbildung im benachbarten Bundesland aufnehmen, haben wir mit der IHK-Lehrstellenbörse schon länger eine gemeinsame Plattform. Jede IHK betreut und vermarktet diese völlig eigenverantwortlich. Die IHK-Lehrstellenbörse war schon lange vor der Kampagne und ist ein konkreter Service für unsere IHK-Ausbildungsbetriebe. Hier können die Betriebe ihre aktuellen freien Ausbildungsstellen für konkrete Berufe anbieten.

WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, Herr John, für Ihre Zeit und Ihr Engagement.

 

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