Porträt von Nancy Jonack
Gespräch mit der IHK-Prüferin Nancy Jonack

Der Weg zur Familienunternehmerin und ehrenamtlichen Prüferin

22. April 2024

Damit junge Menschen hier in ihrer Heimat gute Ausbildungen erfahren können, braucht es dringend ehrenamtliche IHK-Prüferinnen und Prüfer.

Nancy Jonack ist hier aktiv, auch als Dozentin. Daneben ist ihre Firma ein Paradebeispiel für eine gelungene Generationenweitergabe eines Familienunternehmens. Im Interview erzählt sie, wie sie zur Prüferin und Dozentin wurde, was sie ganz konkret prüft und wo sie was doziert und vom Stolz auf ihr Unternehmen, welches vor fast 34 Jahren von ihren Eltern gegründet wurde.

WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, liebe Frau Jonack, Sie sind seit über zehn Jahren ehrenamtliche Prüferin der IHK zu Leipzig für AdA-Schein und Berufszugang Selbständigkeit Taxi- und Mietwagen. Wen prüfen Sie denn konkret und was ist ein AdA-Schein?

Nancy Jonack: Guten Tag, lieber Herr Hartmann-Tanner. Ich freue mich, mit Ihnen dieses Interview durchführen zu dürfen. Deswegen lassen Sie uns direkt thematisch einsteigen. Die beiden Prüfungsgebiete sind von Grund auf recht unterschiedlich.

Im Berufszugang Taxi- und Mietwagen werden grundlegende fachliche Themen geprüft, die ein zukünftiges Unternehmen im Taxi- und Mietwagenbereich wissen muss. Dies finde ich äußerst wichtig, denn in der Wirtschaft erlebt man es doch oft, dass frischgebackene Unternehmerinnen oder Unternehmer in ihrem Fachgebiet viel Enthusiasmus und Wissen mitbringen – sozusagen: „… wissen, wie der Hase da draußen läuft“, aber dann leider bei dem viel verhöhnten „Papierkrieg“ kapitulieren. Es geht darum, herauszufinden, ob Gründende eben auch bürokratisch grundsätzlich in der Lage sind, eine Firma zu führen. Und natürlich müssen Gründende auch technisches Know-how sowie grundlegende wirtschaftliche Fakten kennen. Hier ist alles sehr praxisnah ausgelegt. Die abgefragten Themen sind dann auch im realen Firmenleben relevant, deswegen ist diese Prüfung auch im Interesse der Prüflinge von hoher Bedeutung.

Der AdA-Schein beschäftigt sich hingegen weniger mit den fachlichen Themen einer Ausbildung, sondern mit berufs- und arbeitspädagogischen Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten. „AdA“ ist die Abkürzung für „Ausbildung der Ausbilder“. Das bedeutet, mit dem Bestehen der Prüfung ist man berechtigt, im Unternehmen auszubilden. Wer ausbilden möchte, für den ist der Ausbilderschein Voraussetzung. Also: Mindestens ein Mitarbeitender im Ausbildungsbetrieb muss die Ausbildung zum Ausbilder nach der Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO) abgeschlossen haben und somit im Besitz eines Ausbilderscheins sein. Erlernt wird, wie man seinen Schützlingen das Fachwissen am besten vermittelt. Gerade in der Zeit des Fachkräftemangels ist es umso wichtiger, dass wir viele Nachwuchskräfte gut ausbilden und das Wissen der Ausbildenden ist dafür natürlich essenziell.

WIRTSCHAFT ONLINE: Wie kam es denn, dass Sie Prüferin wurden?

Nancy Jonack: Ich selbst habe die Prüfung für den Berufszugang Taxi- und Mietwagen abgelegt und war sehr interessiert an diesem Thema. Durch meine Ausbildung zur Bankkauffrau waren mir viele wirtschaftliche Themen nicht fremd und somit fiel mir die Prüfung nicht schwer. Das erkannte auch mein damaliger Prüfer und schlug mir das Ehrenamt vor. Mich in diesem Bereich ehrenamtlich zu engagieren, war eine neue Erfahrung, die ich gern erleben wollte. Diesen Schritt habe ich nicht bereut.

WIRTSCHAFT ONLINE: Wie viel Zeit jährlich muss denn für Ihr Ehrenamt eingeplant werden?

Nancy Jonack: Das ist ganz unterschiedlich. Für die Prüfungen des Berufszugangs für Taxi- und Mietwagen ist weniger Zeitaufwand nötig, da diese Prüfungen seltener stattfinden. Anders ist es da beim AdA-Schein. Hier könnte man sich fast jede Woche einfinden, um Prüfungen abzunehmen. Das Schöne ist aber, dass es auf einer Freiwilligkeit beruht. Man kann seine Prüfzeiten mit der IHK abstimmen und muss nicht an jeder Prüfung teilnehmen. Die Koordination der IHK und die Zuverlässigkeit der Prüfenden, welche beide Hand in Hand gehen sollten, wird da großgeschrieben. Ich kann so viel Zeit investieren, wie ich möchte. Das macht das Ehrenamt auch für Berufstätige und Unternehmerinnen oder Unternehmer interessant.

WIRTSCHAFT ONLINE: Wir, die IHK zu Leipzig, suchen immer wieder nach Menschen, die sich ehrenamtlich als Prüferinnen und Prüfer engagieren. Sie sind nun schon seit 2011 dabei, dies bedeutet ja auch, dass es Gründe gibt, damit nicht aufzuhören. Warum sind Sie dabeigeblieben? Was bringt Ihnen selbst Ihr Ehrenamt?

Nancy Jonack: Das ist ganz klar: die Menschen! Man lernt viele interessante Menschen kennen. Auf der einen Seite die Mitprüfenden: da haben sich bei mir schon wundervolle Freundschaften zu Menschen entwickelt, die ich gern auch privat in meinem Leben habe. Auf der anderen Seite die Prüflinge: viele interessante Charaktere, die einem kleine Auszüge aus einem anderen Fachbereich präsentieren. Beispielsweise kenne ich jetzt die korrekte Handhabung eines Messschiebers, ich weiß, wie eine Marzipanrose fachgerecht geknetet wird, oder wie ich entfaltete Bettwäsche auf wundersame Weise wieder in die Originalverpackung hineinbekomme. Man lernt auch als Prüferin viel Praktisches aus den verschiedensten Bereichen dazu.

WIRTSCHAFT ONLINE: Seit 2023 sind Sie freiberufliche Dozentin bei der ZAW Zentrum für Aus- und Weiterbildung Leipzig GmbH. Worüber dozieren Sie denn?

Nancy Jonack: Bei einer der AdA-Prüfungen saß ich mit anderen Dozentinnen und Dozenten zusammen und wir philosophierten über die Ausbildung im Lohn- und Gehaltssektor. Es wurde schnell klar, dass dieses Thema weitreichend und sehr interessant für viele verschiedene Segmente ist. Die meisten Unternehmen, egal aus welcher Branche, und viele Menschen, die ihre Arbeit im Büro verrichten, haben mit dem Thema Lohn und Gehalt nur partiell zu tun. Ich selbst habe meine Weiterbildung zur Bilanzbuchhalterin bei der ZAW Leipzig durchlaufen. Ein spannendes Thema, denn für meine praktischen Tätigkeiten sind Kenntnisse im Bereich Lohn und Gehalt ebenfalls wichtig. So entstand im Zusammenspiel mit der ZAW Leipzig die Idee für einen Kurs, der sich mit dem Basiswissen zu diesem Thema beschäftigt. Ich nahm mir viel Zeit, um die Themen für diesen Kurs auszuarbeiten und einen Kurs für Personen zu entwickeln, die sich in das Thema einarbeiten wollen. Dieser beschäftigt sich beispielsweise mit den Grundlagen der Sozialversicherung, einfachen Gehaltsabrechnungen oder Möglichkeiten der Gehaltszulagen. Hier soll ein Fundament gelegt werden, auf dem weiter aufgebaut werden kann.

WIRTSCHAFT ONLINE: Die Jonack GmbH, vielen Menschen auch als Taxi Jonack oder Taxi- und Mietwagenbetrieb Jonack bekannt, hat eine Historie seit 1990. Gegründet von Ihren Eltern führen Sie nun gemeinsam mit Ihrem Bruder das Unternehmen, Sie sind also ein Familienunternehmen in zweiter Generation. Wie lief der Übergang?

Nancy Jonack: Wir sind sehr stolz auf unsere Firma. Vor fast 34 Jahren wurde diese Firma gegründet und mit Zeit, Liebe und Engagement zu dem gemacht, was sie heute ist. Unsere Eltern haben sich selbst und uns damit ein hart erarbeitetes Geschenk gemacht. Mein Bruder und ich sind inzwischen schon so lange in diese Firma integriert, sodass jeder sie als sein berufliches Baby ansieht. Daher kann ich mit Stolz sagen, dass durch das Herzblut jedes Einzelnen der Übergang emotional recht einfach war. Trotz einiger Veränderungen wusste und weiß man sein Baby in den richtigen Händen. Mein Bruder und ich konnten sehr viel von den Firmengründern lernen, engagierten uns ebenso und dürfen das heute auf unsere Weise mit Dank weiterführen. Jeder hat sein Spezialgebiet und als Geschwister ergänzen wir uns wunderbar. Das macht das Führungsklima auch sehr entspannt. Im Allgemeinen ist dies oft nicht so und das Thema Firmennachfolge gestaltet sich als schwierig. Daher ist es sinnvoll, sich sehr frühzeitig mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Nicht jeder hat in diesem Bereich so viel Glück.

WIRTSCHAFT ONLINE: Ihr Unternehmen hat sich spezialisiert. Worauf?

Nancy Jonack: Wir haben uns auf den Bereich der Krankenfahrten spezialisiert. Um genau zu sein, befördern wir Patienten beispielsweise zur Strahlen- oder Chemotherapie, zu ambulanten Operationen oder zum Krankenhausaufenthalt. Gerade das Thema Krankheit, im speziellen Krebs, ist bei uns sehr präsent. Unser zuverlässiges und freundliches Team achtet verstärkt auf den besonderen Umgang mit den Menschen, die sich mit diesem leidigen Thema auseinandersetzen müssen. Wir versuchen den Patienten so viel wie möglich Papierkram abzunehmen und ihnen den bestmöglichen Service zu bieten. Viele unserer Fahrgäste bedanken sich trotz ihres prekären Gesundheitszustandes auf wundervolle Weise: sie schreiben eine liebe Dankeskarte, backen Kekse oder nehmen uns einfach mal in den Arm. Das sind Dinge, für die sich die Arbeit fernab des Geldes lohnt und die uns zeigen, dass auch unser Service geschätzt wird und wir unsere Arbeit meist richtig machen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Dann wünschen wir Ihnen weiterhin beruflich viel Erfolg in Ihrem Unternehmen und als Prüferin und Dozentin. Danke für Ihre Antworten und Ihr Engagement.

Nancy Jonack: Ich bedanke mich ebenfalls für Ihre Zeit und freue mich, auch über andere spannende Themen zu lesen. Bleiben Sie gesund.

Taxibetrieb Jonack

Ihre Kontaktperson

Bei Fragen hilft Ihnen Volker Hartmann-Tanner gerne weiter.

T: +49 341 1267-1128
F: +49 341 1267-1474
E: volker.hartmann-tanner@leipzig.ihk.de

Porträt Volker Hartmann-Tanner

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