teilAuto Geschäftsführer PATRICK SCHÖNE und MICHAEL CREUTZER
GESPRÄCH MIT PATRICK SCHÖNE UND MICHAEL CREUTZER

Sachsens Unternehmer des Jahres 2024

20. Mai 2024

Patrick Schöne und Michael Creutzer sind die Gewinner des Wettbewerbs „Sachsens Unternehmer:in des Jahres 2024“. Applaus! Applaus!

Was steckt jedoch hinter der Erfolgsgeschichte? Wie begann alles bei teilAuto? Und wer sind die Väter und Mütter des Erfolgs? Die beiden Sieger verraten es im Gespräch. Dabei gehen sie auch auf das Gütesiegel „Blauer Engel“ ein und verraten, was es mit „Die Träumende“ auf sich hat, welche „kleineren“ Städte im Portfolio involviert sind und wer überhaupt mit dem Angebot angesprochen werden soll.

WIRTSCHAFT ONLINE: Erst einmal ganz viele Glückwünsche, Herr Michael Creutzer und Herr Patrick Schöne, für den Sieg beim diesjährigen Wettbewerb „Sachsens Unternehmer:in des Jahres. Schön, dass Sie den Pokal „Die Träumende“ in unsere Region geholt haben. Den Preis bekamen Sie für die teilAuto-Erfolgsgeschichte, die Sie beide als Geschäftsführer geschrieben haben. Können Sie unserer Leserschaft kurz das Konzept hinter Ihrem Unternehmen erklären?

Patrick Schöne: Zunächst danke für die Glückwünsche. Wir nehmen sie gern stellvertretend für alle entgegen, die zu dieser Würdigung beigetragen haben, nämlich unsere Mitarbeitenden, Dienstleistenden, Kooperationspartner und alle anderen, die uns auf unserem Weg unterstützt haben.
Nun zur Frage: Bei teilAuto geht es um nachhaltige, kostensparende und flexible Mobilität. Es geht darum, Fahrzeuge zu teilen, anstatt sie selbst zu besitzen. Privatpersonen, Unternehmen und Institutionen können sich bei uns registrieren und erhalten so Zugang zu unserer Flotte. Das hat ganz praktische Vorteile für sie selbst und entlastet gleichzeitig den Straßenraum.

WIRTSCHAFT ONLINE: Begonnen hat alles in Leipzig, mittlerweile gibt es teilAuto aber auch anderswo. Wo denn? Und warum gerade dort?

Michael Creutzer: Begonnen hat eigentlich alles in Halle an der Saale. Dort wurde 1992 der teilAuto e. V. gegründet. Etwa zehn Jahre später war das Carsharing so weit gewachsen, dass der Geschäftsbetrieb in eine GmbH überführt wurde. Bis heute betreibt die Mobility Center GmbH, mit Sitz in Leipzig, die Marke teilAuto. 2018 kam noch das Freefloating-Angebot cityflitzer hinzu. Mit teilAuto sind wir inzwischen an 26 Standorten vertreten. Allesamt liegen sie in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Denn unser Fokus liegt auf Mitteldeutschland. Über ein Kooperationsnetzwerk können unsere Kundinnen und Kunden aber auch Fahrzeuge deutschlandweit buchen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Welche Zielgruppe wird von Ihnen angesprochen?

Michael Creutzer: Anfangs waren es hauptsächlich ökologisch orientierte Privatpersonen. Mit den Jahren ist unsere Nutzendengruppe immer größer, breiter und heterogener geworden. Heute gibt es auch sehr viele, die sich aus ganz pragmatischen Gründen für teilAuto entscheiden: mehr Flexibilität, größere Fahrzeugauswahl, Einsparungen von Fixkosten und weniger Aufwand als das eigene Auto. Seit einigen Jahren wächst zudem die geschäftliche Nutzung stetig weiter an. Von der Einzel-Unternehmerin, über Agenturen und Ingenieur-Büros bis hin zu den großen Institutionen haben wir alles dabei. Mal als Fuhrpark-Ersatz, mal als Ergänzung zur eigenen Flotte, um Bedarfsspitzen abzufangen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Jetzt müssen wir einmal einige Fakten abfragen: Von wie vielen teilAuto-Gefährten sprechen wir eigentlich, in welchen Kategorien und wie viele Mitarbeitende von Ihnen stemmen das ganze Paket?

Patrick Schöne: Wir durchbrechen diesen Sommer die 2.000-Fahrzeuge-Marke. Mit unserer Flotte decken wir acht Fahrzeugklassen vom Kleinstwagen bis zum Transporter ab. Knapp 20 Prozent sind inzwischen Elektro-Fahrzeuge. Aktuell haben wir rund 80.000 Kundinnen und Kunden. Gestemmt wird das von einem Kernteam von ca. 40 Mitarbeitenden. In verschiedenen Bereichen, wie z. B. der IT, arbeiten wir natürlich auch noch mit Agenturen und sonstigen Dienstleistenden zusammen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Und wie begann alles? Ich hörte von einem Verein …

Patrick Schöne: Am Anfang war da der Wunsch, ein Auto nutzen zu können, ohne eins besitzen zu müssen, die Idee des Teilens aus ökologischen, aber auch ökonomischen Gründen. Aus einer Gruppe von Interessierten wurde ein Verein, der immer weiterwuchs und schließlich in andere Städte expandierte. Irgendwann war die Sache so groß geworden, dass ein Wechsel der Organisationsform hermusste. So entstand die Mobility Center GmbH. Auch die GmbH orientiert sich am Leitbild der Nachhaltigkeit – ökologisch, aber auch gesellschaftlich. Nicht zuletzt deswegen sind wir 2019 auch das erste gemeinwohlzertifizierte Unternehmen Mitteldeutschlands geworden.

WIRTSCHAFT ONLINE: Ihr Angebot ist ein Lösungsansatz im urbanen Raum, kommt als erste Reaktion, wenn wir von Ihnen sprechen. Gibt es auch Möglichkeiten, den ländlichen Raum zu erschließen? Sachsen ist ja mehr als Leipzig, Dresden und Chemnitz.

Michael Creutzer: Carsharing hat es in Großstädten schon leichter als auf dem flachen Land. Dort, wo der ÖPNV dicht getaktet und Parkplätze knapp sind, entscheidet man sich schneller gegen den eigenen Pkw und fürs Carsharing. Im ländlichen Raum sieht die Sache anders aus. Da steht das eigene Auto vielmals schon vor der Haustür, weil man es für den täglichen Weg zur Arbeit braucht. Wir sind immerhin in mehreren kleineren Städten vertreten. In Sachsen unter anderem in Annaberg-Buchholz, Freiberg, Markranstädt, Meißen, Pirna, Plauen und Zwickau. Aber auch da braucht es langen Atem und lokale Unterstützung, z. B.  durch Stadtverwaltung und Ehrenamtliche vor Ort. Sonst würde es nicht gehen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Wie ist das Prozedere, wenn ich mir bei Ihnen ein teilAuto ausleihen möchte? Was kostet es mich denn und was muss ich beachten?

Michael Creutzer: Sie registrieren sich einmal unter teilauto.net und lassen sich per Video-Chat freischalten. Schon können Sie per App Fahrzeuge buchen und öffnen. Gezahlt wird nach gebuchter Zeit und gefahrenen Kilometern. Kraftstoff ist dabei inklusive. Die Mindestbuchdauer beträgt eine Stunde, eine Fahrt darf aber auch mehrere Wochen dauern. In unserem standardmäßigen Rahmentarif kostet eine zweistündige Einkaufsfahrt von 10 km mit einem Kleinwagen 7,40 Euro.

WIRTSCHAFT ONLINE: Ich las, dass Ihr Fuhrpark an den Kriterien des Blauen Engels ausgerichtet ist. Was heißt das denn konkret?

Patrick Schöne: Der Blaue Engel macht unter anderem Vorgaben über die Fuhrparkzusammensetzung und darüber, wie viele Emissionen eine Flotte freisetzen darf. Wir richten unseren Fahrzeugeinkauf danach aus.

WIRTSCHAFT ONLINE: Gibt es denn noch unternehmerische Träume, jetzt, wo Sie „die Träumende“ ja schon in Ihren Händen halten?

Michael Creutzer: „Die Träumende“ steht inzwischen in unserer Zentrale in Leipzig, passt optisch gut ins Büro und spornt uns an. Dennoch haben wir keine Träume, sondern ein paar konkrete Ziele. Wichtigstes Ziel ist es, mit dem Carsharing eine gesellschaftliche Relevanz zu entfalten. Das geschieht zum Beispiel, wenn die verkehrsentlastende Wirkung unseres Tuns sicht- und messbar wird. Man kann das unter dem Schlagwort Verkehrswende zusammenfassen – weniger Autos, mehr Fuß-, Rad-, Bus- und Bahnverkehr.
Ein weiteres großes Ziel, das wir nun angehen wollen, ist die Umwandlung unserer GmbH in eine Genossenschaft. Einfach, weil diese Gesellschaftsform viel besser zum Gedanken des Teilens und der Teilhabe passt. Eine gut laufende GmbH in eine Genossenschaft zu überführen, das hat natürlich auch noch kaum jemand gemacht. Wir wären also wieder Pioniere, die Neuland betreten. Aber damit kennen wir uns ja eigentlich ganz gut aus.

WIRTSCHAFT ONLINE: Dann freuen wir uns genau darauf. Danke für Ihre Zeit und Ihr Engagement.
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