
Das Produkt muss Sinn ergeben, vom Inhalt bis zur Verpackung.
10. Juli 2025Gründen mit einer internationalen Komponente steht Leipzig gut zu Gesicht. Wir sprachen mit der Gewinnerin des Pop-up-Store-Ideenwettbewerbs, der Gründerin und Geschäftsführerin der maijuni GmbH Diana Deltschew über ihren Laden, ihr Konzept und wundervoll duftende Rosen.
Dabei kamen ihre familiären Verbindungen nach Bulgarien, ihr anderes Selbst als Architektin sowie die Reaktionen von Menschen auf ihr Handelsangebot zur Sprache.
WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Diana Deltschew. Sie sind die Gründerin und Geschäftsführerin der maijuni GmbH und haben mit Ihrem Konzept den Ideenwettbewerb Pop-up-Store des Amtes für Wirtschaftsförderung der Stadt Leipzig gewonnen. Was beinhaltete denn Ihr Gewinnerinnenkonzept?
Diana Deltschew: maijuni steht für eine emotionale, tief verwurzelte Geschichte – und genau diese Geschichte braucht Raum, um verstanden und erlebt zu werden. Unser Konzept war daher ganzheitlich gedacht: Wir wollten einen Ort schaffen, der die Marke mit allen Sinnen erlebbar macht.
Im Mittelpunkt stand nicht nur der Verkauf, sondern das sinnliche Eintauchen in die Welt von maijuni – durch Duft, Textur, Design und Atmosphäre. Der Store ist so konzipiert, dass er Menschen visuell, olfaktorisch und haptisch anspricht. Die Einrichtung lädt zum Verweilen ein, zum Testen und zum Gespräch. Es entsteht ein Gefühl von Ankommen und Verstehen – genau das war unser Ziel.
WIRTSCHAFT ONLINE: Und was beinhaltet der Preis? Sie sind schließlich mit maijuni jetzt im Petersbogen beheimatet. Ist das Teil des Wettbewerbsgewinns?
Diana Deltschew: Ja, genau. Der Gewinn des Wettbewerbs beinhaltet die Nutzung einer Einzelhandelsfläche im Petersbogen – für symbolische ein Euro Miete im Monat. Eine großartige Chance, um die Marke im stationären Handel sichtbar zu machen und direkt mit Kundinnen und Kunden in Kontakt zu treten.
Wir sind offiziell seit April hier vor Ort und bleiben bis Ende August. Den März haben wir intensiv genutzt, um den Laden aufzubauen und unsere Vision in die Fläche zu übersetzen.
WIRTSCHAFT ONLINE: Wie läuft es denn dort? Wie ist die Resonanz auf Ihren Laden und was sind Ihre ersten Erkenntnisse für Ihren weiteren Weg?
Diana Deltschew: Die Frequenz im Petersbogen ist sehr hoch – täglich durchqueren viele Menschen die Passage, vor allem auf dem Weg von der Petersstraße zum Burgplatz. Auch die gute Erreichbarkeit durch die umliegenden Parkmöglichkeiten spielt uns in die Karten.
Unser Laden zieht viel Aufmerksamkeit auf sich – durch das Design, den Duft und die ruhige, einladende Atmosphäre. Viele bleiben stehen, schauen neugierig hinein und kommen ins Gespräch. Besonders erfreulich ist, dass wir bereits in den ersten vier Wochen zahlreiche wiederkehrende Kundinnen begrüßen durften. Viele kommen gezielt zurück, um weitere Produkte zu kaufen. Andere kommen auch durch Weiterempfehlungen.
Ein Hauptgrund dafür ist die außergewöhnlich gute Hautverträglichkeit unserer Produkte, insbesondere bei Neurodermitis und atopischer Haut. Diese Verträglichkeit verdanken wir der konsequent naturnahen Herstellung: Wir bewirtschaften unsere eigenen Felder in Bulgarien in höchstem Bio-Standard – ganz ohne Pestizide, synthetische Düngemittel oder andere schädliche Zusätze. Dadurch bleiben die Pflanzen in ihrer natürlichen Kraft erhalten. Das macht unsere Produkte besonders rein, wirksam und sanft zur Haut.
WIRTSCHAFT ONLINE: Wirklich faszinierend an Ihrem Konzept ist die europäische Denkweise. Dies rührt natürlich auch von Ihren bulgarischen Wurzeln her. Können Sie uns dazu etwas erzählen und uns erklären, wie Sie zur, in Ihren Produkten so wichtigen Damaszenerrose kamen?
Diana Deltschew: Ich bin in Leipzig geboren, meine Mutter ist Deutsche, mein Vater Bulgare – zwei Kulturen, die mich gleichermaßen geprägt haben und meine Weltoffenheit und Liebe zu europäischen Werten gefestigt haben. Die Sommerferien verbrachte ich regelmäßig bei meinen Großeltern in Bulgarien, wo ich eine tiefe Verbindung zur Natur entwickelte – ganz besonders durch meine Großmutter.
Sie hatte einen großen Kräutergarten, duftende Weinreben rund ums Haus und natürlich einen Rosengarten. Von ihr habe ich gelernt, welche Kraft Pflanzen haben: Sie behandelte kleine Wunden mit selbstgemachtem Rosenwasser und verarbeitete getrocknete Kräuter zu Tee und in der Küche. Die Damaszenerrose ist das Herzstück dieser Erinnerungen – und zugleich ein Symbol für Bulgarien, weltberühmt für ihren betörenden Duft, vor allem in der Parfümerie.
Als ich maijuni gegründet habe, war mir wichtig, diese Ursprünge zu bewahren – und gleichzeitig ein modernes, transparentes Produkt zu schaffen. Ich wollte von Anfang an die komplette Kontrolle über die Herstellung behalten: vom Anbau bis zum fertigen Kosmetikprodukt. Deshalb produzieren wir ausschließlich in Europa. Das Rosenwasser kommt aus Bulgarien, das Glas aus Tschechien und den Niederlanden, die Sprayköpfe aus Frankreich. maijuni steht für ehrliche, naturverbundene Pflege – 100 Prozent made in Europe.
WIRTSCHAFT ONLINE: Ihre Produktpalette beinhaltet jedoch auch noch weitere Angebote, welche andere Pflanzen als Grundlage haben. Wo kommen diese her? Wie und wo werden diese von wem verarbeitet und mit wem haben Sie die Produkte entwickelt?
Diana Deltschew: Unsere Produktpalette umfasst Hautpflegeprodukte und Tees, alles auf Basis traditioneller Heilpflanzen, die wir selbst in naturnahem Anbau kultivieren. Auf unseren Feldern in Bulgarien wächst neben der seltenen und sehr hochwertigen Damaszenerrose auch die Albarose – eine weitere exklusive Ölrose – sowie Lavendel, Johanniskraut und viele weitere Kräuter, die wir je nach Saison für unsere Rezepturen nutzen.
Für unser neuestes Pflegeöl verwenden wir den eigenen Lavendel, und bald kommt eine Peelingmaske mit Heilerde. Diese beziehen wir aus den mineralstoffreichen Regionen rund um das Schwarze Meer bei Varna. Unser Bio-Mandelöl stammt von einem kleinen Familienbetrieb aus Spanien, das Süßorangenöl in Bioqualität beziehen wir aus Italien.
Die Verarbeitung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit unserer Partner-Destille vor Ort in Bulgarien. Die frisch geernteten Rosenblüten werden dort direkt in einer eigens für unsere Pflanzen reservierten Destillationsanlage verarbeitet. Das garantiert maximale Reinheit, denn unsere Rohstoffe kommen nicht mit Rückständen anderer Chargen in Kontakt. Auch unsere Kräuter für die Tees werden dort schonend getrocknet. Abgefüllt wird alles direkt vor Ort, bevor die Produkte dann in unseren Maijuni-Store nach Leipzig geliefert werden.
Die Rezepturen entwickeln wir selbst im Team. Ein großes Glück: Unsere Rosenproduzentin ist zugleich Chemikerin. Dadurch verbinden wir traditionelles Wissen mit wissenschaftlicher Präzision und entwickeln alle Produkte mit höchstem Qualitätsanspruch.
WIRTSCHAFT ONLINE: Auf Ihrer Homepage haben Sie auch ein eigenes Magazin. Was sind hier für Inhalte gepostet?
Diana Deltschew: In unserem Magazin nehmen wir unsere Lesenden mit in die Welt von maijuni. Es geht um unsere Rosenfelder, die Kraft der Damaszenerrose, um Pflanzenwissen und überliefertes Heilwissen, das wir mit der heutigen Zeit verbinden. Dabei ist es uns wichtig, nicht nur Produktwissen zu vermitteln, sondern auch ein Lebensgefühl zu transportieren.
Darüber hinaus greifen wir regelmäßig Lifestyle-Themen auf und schaffen Verbindungen zu Architektur und Kunst – zwei Bereiche, die mich persönlich sehr prägen. Von Haus aus bin ich Architektin, und diese gestalterische Denkweise fließt auch in unsere Marke ein: in unsere Produkte, unser Store-Design und die Art, wie wir Geschichten erzählen.
WIRTSCHAFT ONLINE: Wir reden ja nicht nur von Nachhaltigkeit in der Herstellung, sondern auch von gesundheitsfördernden Aspekten. Ich las von Studien, die den Duft der Rosa Damascena mit Gedächtnisstärkung und Verbesserungen im Lernen in Verbindung bringen. Sie bieten auch Kurse an. Dazu?
Diana Deltschew: Ja, genau. Die Wirkung der Damaszenerrose geht weit über Hautpflege hinaus. Studien zeigen, dass ihr Duft beruhigend wirkt, die Konzentration fördern und sogar das Gedächtnis stärken kann. Diese Erkenntnisse fließen auch in unsere Erlebnisse im Store ein.
Wir haben gerade begonnen, im maijuni-Store Masterclasses anzubieten. In gemütlicher Runde bei einem sommerlichen Getränk erzähle ich von den Anfängen von maijuni, von unseren Feldern und der Rosenernte und erkläre, welche Kraft in unseren Produkten steckt – und wie man sie richtig anwendet. Es ist uns wichtig, Wissen erlebbar zu machen.
Weitere Formate sind bereits in Planung, unter anderem Workshops, in denen man selbst aktiv wird und am Ende vielleicht sogar ein eigenes Produkt kreiert. Unser Ziel ist es, die Menschen nicht nur mit Produkten zu berühren, sondern auch mit Geschichten, Erfahrungen und einem ganzheitlichen Ansatz für Gesundheit und Wohlbefinden.
WIRTSCHAFT ONLINE: Sie sind Architektin. Wie verbinden Sie Ihr Können als Architektin mit Ihrer GmbH? Gibt es da Synergien?
Diana Deltschew: Unbedingt. Die Ausbildung zur Architektin hat mich geprägt – nicht nur fachlich, sondern auch in meiner gesamten Herangehensweise. Als Architektin lernt man, Dinge von Grund auf zu denken: vom weißen Blatt Papier bis zum fertigen Entwurf. Es geht um Konzept, um Struktur, um Ästhetik, aber vor allem auch darum, dass alles einen Sinn ergibt – inhaltlich wie gestalterisch. Dieser konzeptionelle Anspruch zieht sich durch alles, was ich mache – auch durch maijuni.
Unser Design ist bewusst reduziert, klar und zeitlos. Ich wollte keine Marke schaffen, die Trends hinterherläuft, sondern eine, der Bestand hat – wie ein gutes Bauwerk. Auch unser Produktdesign folgt diesem Prinzip: Form folgt Funktion. Das Produkt muss Sinn ergeben, vom Inhalt bis zur Verpackung.
Gleichzeitig istmaijuni auch eine Weiterführung kulturellen Wissens. Ich sehe es als Brücke zwischen traditioneller Pflanzenkunde und zeitgenössischem Design. Dieses tief verwurzelte Denken in Zusammenhängen habe ich aus der Architektur mitgenommen.
Ein schönes Beispiel aus meiner früheren Arbeit: Ich habe einmal bei einem internationalen Designwettbewerb der renommierten italienischen Möbelmarke Riva1920 teilgenommen und mit meinem Entwurf den dritten Platz belegt. Es war ein Tisch aus den historischen Eichenpfählen von Venedig – mein Entwurf wurde realisiert und mehrere Monate im Dogenpalast ausgestellt. Das war eine große Ehre und hat mir gezeigt, dass gutes Design immer auch eine Geschichte erzählen darf – genau wie unsere Produkte.
WIRTSCHAFT ONLINE: Wenn Sie aus Ihrer Erfahrung – auch in Bulgarien – auf Leipzig schauen: Wie ist der Zustand, die Diversität und Kreativität im Einzelhandel der Stadt und der Region Ihrer Meinung nach beschreibbar?
Diana Deltschew: In Leipzig – insbesondere in der Innenstadt – nehme ich die Situation leider als recht problematisch wahr. Kleine, inhabergeführte Unternehmen, die eigene Produkte entwickeln und selbst herstellen, sind dort kaum präsent. Das hat strukturelle Gründe: Die Ladenflächen sind oft zu groß und entsprechend teuer, flexible Mietverträge gibt es kaum. Stattdessen dominieren langfristige Verträge, die für junge, kreative Unternehmen kaum tragbar sind. Flächen unter 50 Quadratmetern, die für ein kleines Label ideal wären, findet man so gut wie nie. Pop-up-Konzepte scheitern oft an der fehlenden Infrastruktur – oder wirken improvisiert und wenig einladend.
Ein spannender Vergleich ist Bulgarien: In vielen Innenstädten dort ist es genau umgekehrt. Man findet überwiegend kleine, individuelle Läden, oft von Privatpersonen geführt. Die großen Marken konzentrieren sich eher auf Malls am Stadtrand.
In Leipzig muss man gezielt in Szeneviertel ausweichen, wenn man kreative Konzepte entdecken will. Die Innenstadt wirkt zunehmend uniform und austauschbar. Ich sehe die Verantwortung dafür nicht nur bei der Stadtplanung, sondern auch bei den Bewohnenden selbst. Es braucht mehr Offenheit und Neugier für neue, individuelle Konzepte.
WIRTSCHAFT ONLINE:Und wie geht es weiter nach dem halben Jahr im Petersbogen?
Diana Deltschew: Die Zeit im Petersbogen hat uns ganz klar gezeigt: Eine physische Präsenz in Form eines Stores ist für maijuniessenziell. Der direkte Kontakt zu den Kundinnen und Kunden, das Erleben der Produkte vor Ort – das lässt sich digital nicht ersetzen. Wir sind deshalb bereits auf der Suche nach einer passenden Fläche für den Herbst. Wenn jemand ein spannendes Angebot oder einen besonderen Ort im Blick hat, freuen wir uns sehr über Hinweise oder Kontaktaufnahmen. Ab September werden wir wieder mit einem eigenen Store präsent sein – wo genau, das geben wir rechtzeitig bekannt. Parallel dazu werden wir aber auch weiterhin im Leipziger Einzelhandel sichtbar bleiben: Bei Breuningerwird man uns definitiv noch öfter sehen. Wir sind dort sehr gern als Marke im Rahmen von Events vertreten und pflegen einen ausgezeichneten Kontakt zum Haus in Leipzig.
WIRTSCHAFT ONLINE: Dann wünschen wir Ihnen weiterhin viel Erfolg und Kreativität. Danke für Ihre Zeit und Ihre Antworten.
Bei Fragen hilft Ihnen die Redaktion der WIRTSCHAFT ONLINE gerne weiter.