Kristian Kirpal
IHK zu Leipzig-Präsident Kristian Kirpal

Bekenntnis zu den Werten des Grundgesetzes, der Rechtsstaatlichkeit und Meinungsvielfalt

25. März 2024

Der derzeitige Diskurs in Gesellschaft und Politik fordert klare und konsequente Positionierungen. Die Vollversammlung der IHK zu Leipzig hat deshalb Grundsätze formuliert. Präsident Kristian Kirpal dankt der Vollversammlung für die konstruktive und zielgerichtete Diskussion und das eindeutige Votum.

Im Interview mit WIRTSCHAFT ONLINE äußert er sich zu den Werten des Grundgesetzes, extremistischen Positionen, Meinungsvielfalt und Rechtsstaatlichkeit. Dabei nimmt der Präsident auch Bezug zu Deutschland als Exportland und daraus folgenden Belangen und zeigt Auswege aus dem Dilemma des Vertrauensverlusts breiter Schichten der Bevölkerung und der Wirtschaft gegenüber der Politik auf. Ganz konsequent ist die Position, dass Hetze sowie menschenverachtende und extremistische Positionen das Grund­gesetz für die Bundesrepublik Deutschland verletzen und in der politischen Ausein­andersetzung im IHK-Kontext nicht geduldet werden.

WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Herr Kirpal. Am Abend des 5. März 2024 tagte die Vollversammlung der IHK zu Leipzig und beschloss wichtige Grundsätze und Leitlinien. Dabei formulierten die Mitglieder des höchsten Gremiums der IHK zu Leipzig ein klares Bekenntnis zu den Werten des Grundgesetzes, der Rechtsstaatlichkeit, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der Meinungsvielfalt. Was war der Anlass?

Kristian Kirpal: Der derzeitige Diskurs in Gesellschaft und Politik findet auch innerhalb der Unternehmerschaft statt. Hier klare und verlässliche Worte zu finden, war uns ein echtes Anliegen. Gerade jetzt brauchte es eine deutliche Positionierung zu den Fragen unserer Zeit.

WIRTSCHAFT ONLINE: In dem beschlossenen Punkt 2 der Grundsätze äußert sich die Vollversammlung zum Populismus. Wie stellt sich die IHK zu Leipzig zu diesem Phänomen?

Kristian Kirpal: Da sind wir absolut eindeutig: Vermeintlich einfache, gar populistische Ansätze, lösen die komplexen Herausforderungen nicht. Diese können wir nur gemeinsam bewältigen. Die Wirtschaft muss als wichtiger und gestaltender Teil der Gesellschaft unter Achtung des Grundgesetzes zusammenstehen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Gerade Deutschland als Exportland ist angewiesen auf offene Märkte. Dies schließt Toleranz, Weltoffenheit (anders geht das ja gar nicht), Respekt und Vielfalt unabdingbar mit ein. Sie äußerten sich schon öfter dazu, so erst vor kurzem, als das Thema „Austritt Deutschlands aus der EU“ durch die Medien ging. Wie ist hier der Standpunkt der Vollversammlung?

Kristian Kirpal: Die Vollversammlung erkennt mit den Grundsätzen an, dass wir – wie kaum ein anderes Land – von Welt­offenheit, internationaler Zusammenarbeit und der europäischen Einigung mit dem Binnenmarkt profitieren. Gerade unsere Region Leipzig mit ihren traditionellen Messe- und Handelsbeziehungen steht seit Jahrhunderten für offene Märkte. Hier möchte ich gern direkt aus dem Beschluss zitieren: „Qualifizierte Fach- und Arbeitskräfte werden auch in der Region Leipzig dringend benötigt und sind uns daher hier willkommen. Diese Menschen kommen und bleiben nur dann, wenn sie sicher sein können, dass sie hier nicht ausgegrenzt oder gar bedroht werden. Qualifizierte Zuwanderung und die arbeitsmarktgerechte Aus- und Weiterbildung der zu uns gekommenen Menschen leisten einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung des Fachkräfte­mangels und sichern unseren Wohlstand. Vielfalt und Diversität bringen die Wirtschaft weiter und bereichern unsere Gesellschaft. Durch Innovation, Teamgeist, Kreativität, Offenheit und unterschiedliche Blickwinkel profitieren alle. Dieser Zugewinn ist größer als die mit der Zuwanderung verbundenen Herausforderungen.“

WIRTSCHAFT ONLINE: Und wie steht die IHK zu Leipzig zu derzeit sich verstärkenden autoritären und national-protektionistischen Tendenzen in Europa?

Kristian Kirpal: Es ist völlig klar, dass Nationalismus, Engstirnigkeit und Intoleranz Gift sind für Investitionen, Innovationen, Export und Integration. Der Schaden für unseren Wirtschaftsstandort durch diese Tendenzen ist immens, bedroht den gesellschaftlichen Wohlstand und gefährdet die notwendige zukunftsorientierte Transformation.

WIRTSCHAFT ONLINE: Ohne eine florierende Wirtschaft ist auch die Erfüllung der vielfältigen staatlichen Aufgaben nicht möglich. Das Vertrauen der Unternehmen, aber auch der Bevölkerung, gegenüber der Politik ist auf einem historischen Tiefpunkt angelangt. Was formulierte die Vollversammlung in Richtung Politik? Welche Auswege zeigen die Mitglieder des höchsten IHK-Gremiums auf?

Kristian Kirpal: Die Politik sollte ihr Augenmerk auf die Schaffung günstiger Bedingungen für wirtschaftliches Handeln legen und die Sorgen und Nöte von Unternehmerinnen und Unternehmern wieder ernst nehmen. Damit kann das von Ihnen angesprochene und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt existenzielle Vertrauen in die Politik zurückgewonnen werden. Es bedarf zudem einer ökonomisch fundierten Umorientierung in der derzeitigen Wirtschaftspolitik, die zu einer Stimmungswende führt.  Den dafür notwendigen Dialog zwischen Politik und Wirtschaft initiieren, fördern und unterstützen wir – auch im Rahmen unserer Auf­gabe zur Vertretung der Interessen der gewerblichen Wirtschaft in der Region Leipzig.

WIRTSCHAFT ONLINE: Abschließend eine Frage zu antidemokratischen und extremistischen Positionen. Auch hier gibt es eine klare Beschlusslage der Vollversammlung der IHK zu Leipzig. Welche ist dies denn?

Kristian Kirpal: Wir, als IHK zu Leipzig, streben zu Wirtschaftsfragen eine fachlich-thematische Auseinandersetzung mit allen verfassungstreuen politischen Parteien an. Hetze, menschenverachtende und extremistische Positionen verletzen das Grund­gesetz für die Bundesrepublik Deutschland und werden in der politischen Ausein­andersetzung im IHK-Kontext nicht geduldet.

WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, Herr Präsident Kirpal, für Ihre Zeit, Ihr Engagement und Ihre klaren Worte.

 

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