Portrait Ramona Schramm Gerd Mueller Schramm
Neue Kunstausstellung im Foyer der IHK zu Leipzig

Wir leben nicht ausschließlich von der Kunst, sondern mit ihr

26. Juli 2023

Gespräch mit dem Künstlerehepaar Ramona Schramm und Gerd Müller-Schramm

Eine florierende Kulturszene und eine funktionierende, kräftige regionale Wirtschaft bedingen einander. Kommt eine von beiden ins Straucheln, zeigen sich auch auf der gegenüberliegenden Seite Verwerfungen.

Ab dem 4. August 2023 stellen Ramona Schramm und Gerd Müller-Schramm aus Grimma eine Auswahl ihrer Werke in unserer Veranstaltungsserie WIRTSCHAFT TRIFFT KULTUR im Foyer der IHK zu Leipzig, Goerdelerring 5, aus. Und da Kunst immer auch etwas mit den Persönlichkeiten der Kunstschaffenden zu tun hat, mit den Lebenswelten und Gedanken, fragte WIRTSCHAFT ONLINE nach.

WIRTSCHAFT ONLINE: Vom 4. August 2023 bis zum 17. November 2023 werden wir im Foyer des IHK zu Leipzig-Gebäudes, Goerdelerring 5, eine Ausstellung Ihrer Werke beheimaten. Es werden unterschiedlichste Stücke aus Ihrer beiden Schaffen ausgestellt. Was unterscheidet Ihre Arbeiten und welche Gemeinsamkeiten gibt es, schließlich arbeiten Sie beide schon längere Zeit gemeinsam …

Gerd Müller-Schramm: Zum einen setzen wir die gleichen Techniken ein, beispielsweise Öl- oder Aquarellmalerei. Zum anderen finden wir auch ähnliche Themen, wie bestimmte Motive in der Landschaft. Das ergibt sich auch daraus, dass wir beide Mitglieder im Kunst- und Fotoverein Grimma sind und wir dort oft ein gemeinsames Thema bearbeiten.

Ramona Schramm: Unterschiede finden sich vorwiegend in der Herangehensweise: während ich oft sehr spontan eine neue Arbeit beginne, benötigen die Werke meines Mannes eine gewisse Vorbereitungs- oder Planungszeit.

WIRTSCHAFT ONLINE: Sie, Frau Schramm, sind den Weg über eine Berufsausbildung zur Facharbeiterin für Lederbekleidung und spätere Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin gegangen und Sie, Herr Müller-Schramm, gingen den akademisierten Weg, direkt über ein Informatik-Studium an der HTWK zur Kunst. Wie beeinflusste Ihr unterschiedlicher Weg in die Kunst hinein Ihre unterschiedliche Sicht auf die Welt und das künstlerische Schaffen? Beeinflussten Sie diese verschiedenen Wege überhaupt?

Gerd Müller-Schramm: Bereits als Jugendlicher nahm ich an einem Mal- und Zeichenzirkel teil. Mit dem Wechsel auf das Gymnasium trat die Kunst allerdings erst einmal in den Hintergrund. Erst 2005 wurde ich wieder künstlerisch aktiv, seitdem aber kontinuierlich und auch zielgerichtet. Ich würde nicht unbedingt sagen, dass mein Beruf die Kunst beeinflusst, allerdings findet sich mein Hang zum eher analytischen Denken, der ja für die Softwareentwicklung nötig ist, auch im künstlerischen Herangehen wieder.

Ramona Schramm: Die Kunst begleitet mich schon mein ganzes Leben. So war der Schritt zur Heilerziehungspflegerin und Kreativpädagogin folgerichtig, da ich mich auch hier, beispielsweise in der Arbeit mit Kindern, kreativ und künstlerisch betätigen kann. Die Malerei ist für mich aber auch ein Weg, meinen Gefühlen, positiv oder negativ, Ausdruck zu verleihen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Sie arbeiten in verschiedenen Medien: Öl, Acryl, Fotografie, Aquarell, aber auch Grafik und Wandbild. Die Techniken weichen da doch recht weit voneinander ab. Es ist ein Unterschied, ob man Pigmente aufs Papier bannt oder mit der Kamera Momente einfängt. Wie entscheiden Sie, zu welchem Thema welches Medium passt?

Ramona Schramm: Aquarellmalerei ermöglicht mir ein sehr zügiges und spontanes Arbeiten ohne umfangreiche technische Vorbereitungen. Und ich nehme die Aquarellfarben auch sehr gern auf Reisen mit, um dann vielleicht in einem Café Eindrücke festzuhalten. Dies ist mit Öl oder Acryl kaum möglich.

Gerd Müller-Schramm: Man hat in der Malerei mehr Freiheitsgrade als in der Fotografie. Das Motiv eines Fotos kann im nächsten Augenblick schon wieder verschwunden sein, während man in der Malerei bis zum einen gewissen Grad korrigieren und überarbeiten kann, besonders wenn man eine konkrete Vorstellung vom Inhalt des Werkes hat. Allerdings ist die Fotografie bei mir in letzter Zeit eher hin den Hintergrund getreten und dient mir oft nur noch zu Vorlagezwecken, um daraus Gemälde zu komponieren.

WIRTSCHAFT ONLINE: Sie arbeiten nicht vollumfänglich als freie Kreative, Sie, Herr Müller-Schramm, sind, wenn ich richtig informiert bin, beispielsweise angestellt als Softwareentwickler bei Hexagon Safety & Infrastructure. Wie befruchtet Ihre Arbeit im Angestelltenverhältnis Ihre Arbeit als Künstler? Welche Vor- und Nachteile ergeben sich durch diese Verbindung aus Wirtschaft und Kunst?

Gerd Müller-Schramm: Ich sehe die Kunst eher als Ausgleich zu meiner Arbeit. Softwareentwicklung ist zwar auch ein durchaus kreativer Prozess, allerdings mit einem sehr konkreten Ziel. Kunst ist da oft ergebnisoffen. Es ist allerdings mental nicht immer so einfach, von dem einen Gebiet in das andere zu wechseln. Als Vorteil empfinde ich allerdings schon die gewisse finanzielle Grundlage, die durch meinen Beruf gegeben ist.

Ramona Schramm: Da ich auch im Rahmen meiner Arbeit mit Kindern kreativ tätig bin, fällt mir das Umschalten nicht so schwer und manchmal kann ich sogar von den Ideen der Kinder etwas in die eigene Kunst mitnehmen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Sie sind auch im Ehrenamt aktiv. Können Sie uns dazu bitte etwas erzählen?

Gerd Müller-Schramm: Wir sind beide langjährige Mitglieder im Kunst- und Fotoverein Grimma, Arbeitskreis „Bildnerisches Gestalten“, wo wir uns auch kennengelernt haben und dessen Leiter ich mittlerweile bin. Außerdem engagieren wir uns sehr im Verein „Kleine Galerie St. Georg – Hospitalkapelle Grimma“, dessen Vorsitzender ich bin. Dieser Verein betreibt eine Galerie in einer kleinen Kapelle aus dem 13. Jahrhundert. Wir präsentieren monatlich wechselnde Ausstellungen zu Malerei, Fotografie und den Themen Heimat und Geschichte. Dazu kommen über das Jahr verteilt kleine kulturelle Veranstaltungen wie Filmabende, Lesungen, Kabarett oder Puppentheater.

WIRTSCHAFT ONLINE: Auf den ersten Blick ist Ihre Kunst eher landschaftlich und menschelnd, trotzdem gibt es Ausreißer wie die Neujahrsgrafik 2019 mit dem Norbert Blüm-Bonmot „Alle wollen den Gürtel enger schnallen, aber jeder fummelt am Gürtel des Nachbarn herum.“ Wie politisch ist Ihre Kunst? Und wie kam es zu der Arbeit mit einem Spruch des ehemaligen Bundesministers für Arbeit und Soziales?

Gerd Müller-Schramm: Ich würde diese Grafik nicht unbedingt als Ausreißer in meinem Werk bezeichnen, da ich in den vergangenen Jahren durchaus versuche, aktuelle gesellschaftliche Themen aufzugreifen. Als politischen Künstler würde ich mich aber nicht bezeichnen. Das kann schnell plakativ werden. Speziell an diesem Zitat hat mich aber die Treffgenauigkeit gereizt, mit welcher Herr Blüm unsere Neigung beschreibt, am Ende doch erst einmal von anderen zu fordern, bevor man selbst aktiv wird.

Ramona Schramm: Die Neujahrsgrafik ist eine gute Tradition im Kunstverein. Die Herausforderung besteht darin, auf kleinem Raum zu einem Zitat oder einer Lebensweisheit eine passende und einprägsame Grafik zu entwickeln. Manchmal staunt man selbst, was dabei herauskommt.

WIRTSCHAFT ONLINE: Wie schlagen sich die derzeitigen Krisen: Pandemie plus Einschränkungen, Kriegswirren und Sanktionen, auf Ihre Arbeit als Kunstschaffende nieder?

Ramona Schramm: Während der Lockdowns konnte ich meine Arbeit als Kreativpädagogin nicht fortsetzen und hatte finanzielle Einbußen. Da wir aber nicht ausschließlich von der Kunst leben müssen, sondern eher mit ihr, wurden wir wirtschaftlich nicht so stark beeinflusst wie viele andere aus der Kreativ- und Kunstbranche. Überdies beschäftigen wir uns natürlich mit aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen, die dann auch bisweilen ihren Weg in die künstlerische Arbeit finden.

WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, für Ihre Zeit und Ihre Antworten. Dann wünschen wir uns allen eine kulturvolle Vernissage und Ihnen weiterhin einen solch liebevollen Blick auf die Welt.

Ramona Schramm und Gerd Müller-Schramm im Internet

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Porträt Sandy Locher

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