
Kathrin Rieger, Geschäftsführerin der ZAROF. GmbH
21. Oktober 2025Gründende, die kurz nach der Wende ihre Unternehmen an den Markt brachten, müssen sich jetzt langsam mit dem Thema Unternehmensnachfolge auseinandersetzen. Die ZAROF. GmbH ist hier ein gutes Beispiel. Wir fragten bei der Gründerin und Geschäftsführerin Kathrin Rieger nach, wie es bei ihr läuft.
Dabei spricht Kathrin Rieger detailliert über die Abläufe und ihre Gedanken, Risiken und Lösungsansätze. Und ihre ehrenamtliche Tätigkeit wird ebenfalls thematisiert.
WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Frau Rieger. Sie sind Gründerin und Geschäftsführende Gesellschafterin der ZAROF. GmbH. Was macht die ZAROF. GmbH denn eigentlich ganz grundsätzlich?
Kathrin Rieger: ZAROF. ist eine Organisationsberatung mit dem Fokus Personal und Organisationsentwicklung in Transformationsprozessen. Dabei haben wir die demografischen Veränderungen und damit die Fachkräftesicherung bisher besonders im Blick. Unsere Vision: „Wir gestalten Transformation für eine Arbeitswelt, in der Menschen gut und gern arbeiten.“ Das heißt, wir analysieren, erarbeiten mit den Menschen in den Organisationen gemeinsam Konzepte und unterstützen bei der Umsetzung. Wir evaluieren, um die Wirksamkeit von Veränderungen sichtbar zu machen. Wir beraten, moderieren, vernetzen, sorgen für gute Sichtbarkeit und Kommunikation, coachen, entwickeln Kompetenzen, trainieren und vermitteln in Konflikten.
Ganz grundsätzlich? Ganz grundsätzlich hören wir erst mal gut zu, entwickeln mit unseren Kunden und Auftraggebenden Lösungen und helfen, diese umzusetzen.
WIRTSCHAFT ONLINE: Thema unseres Gesprächs ist der Transformationsprozess bei der ZAROF. GmbH inklusive der baldigen Unternehmensübergabe. Dafür müssen wir ein bisschen in die Geschichte des Unternehmens eintauchen. Können Sie uns bitte Informationen zur Historie der ZAROF. GmbH geben?
Kathrin Rieger: Wir in der ZAROF. GmbH haben im letzten Jahr 30. Geburtstag gefeiert. ZAROF. ist aus dem Zentrum für Arbeits- und Organisationsforschung e. V., gegründet von Absolventinnen und Absolventen Leipziger Hochschulen in den Wendeturbulenzen 1992, hervorgegangen. Ich kam aus der Handelshochschule und brütete über meiner Promotion. Doch wir wollten etwas Eigenes auf die Beine stellen, etwas bewegen und uns einbringen in die Gestaltung der tiefgreifenden Transformationsprozesse, die sich in den Unternehmen, zwischen den Menschen und in der Gesellschaft zeigten. So haben wir einfach gegründet.
Wir waren jung, sehr gut ausgebildet, voller Schwung und Elan. Wir sahen die Chancen, hatten Respekt vor den Risiken, aber keine Angst. Und wir hatten Menschen an unserer Seite, die an uns glaubten und uns unterstützten, den ersten großen Auftrag zur Transformation im Einzelhandel in Ostdeutschland, später auch in der Industrie und im Bergbau zu ermöglichen.
Wir haben unsere Forschungsergebnisse publiziert, haben Filme gedreht, Vorträge gehalten. Doch wir wollten mehr. Wir wollten unsere Erkenntnisse in die Praxis bringen und direkt in der Stadt, in den Unternehmen wirksam werden. Daher die Gründung der GmbH, weil wir mit dem gemeinnützigen e. V., der Wissenschaft verpflichtet, an die rechtlichen und steuerlichen Grenzen gestoßen sind.
Bei der Gründung waren wir zu fünft. Seit dieser Zeit erweiterte sich unser Fokus von den Unternehmen auf öffentliche Organisationen und Beteiligungsprozesse in der Stadtentwicklung. Wir sind seitdem deutschlandweit unterwegs, haben auch Abstecher in europäische Länder und nach Indien unternommen. Mit den Jahren habe ich nach und nach die Anteile meiner Mitgesellschafter übernommen, sodass ich seit 2015 alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin bin. Unserer Vision, Transformation in der Arbeitswelt zu gestalten, in der Menschen gut und gern arbeiten, bleiben wir bis heute als Organisationsberatung treu. Die Treiber der Transformation sind heute andere, aber die Herausforderungen, die zu meistern sind, bleiben. Dazu wollen wir beitragen. Es bleibt spannend …
WIRTSCHAFT ONLINE: Mittlerweile machen Sie sich auf den Weg, die Unternehmensübergabe perspektivisch zu organisieren. Welche Schritte haben Sie denn schon vollzogen und weshalb gerade diese zuerst?
Kathrin Rieger: Die erste, für mich wichtigste Frage, die ich mir immer wieder auf meinen langen Sonntagsspaziergängen im Auwald gestellt habe, war: „Bist Du bereit für die Übergabe? Schaffst Du es, wirklich loszulassen und zu akzeptieren, dass es gut weitergeht, aber ganz sicher auch anders?“ Das war vor circa vier Jahren. Auf einmal war da diese Klarheit: „Ja, ich will und bin bereit.“
Und dann stellt sich natürlich sofort die nächste Frage: „An wen möchtest Du übergeben?“ Da lag es nahe, dass es Marie werden sollte, meine Tochter, die zu diesem Zeitpunkt schon zehn Jahre erfolgreich im ZAROF.-Team mit ihrem Spirit, ihrer Freude an Neuem und dem Gespür für das, was gebraucht wird, arbeitete. Etwas später wurde immer deutlicher, dass meine Mitarbeiterin Augustine Burkert, die zu dieser Zeit sechs Jahre bei ZAROF. hervorragende Managementkompetenzen entwickelt hat und viel Verantwortung übernimmt und Themen anschiebt, das auch kann. Die beiden als Team? Ja, das ist es! Und beide sagten JA!
Wir richteten vor circa zwei Jahren ein Managementboard zur regelmäßigen Kommunikation ein, entwickeln seitdem gemeinsam die strategische Ausrichtung von ZAROF., diskutieren das operative Geschäft und entscheiden. Wir sind nicht immer einer Meinung, aber wir teilen unsere Werte und haben ein gemeinsames Ziel. Das ist das, was zählt.
Vor vier Wochen sind wir einen für uns wichtigen ersten formalen Schritt gegangen. Beide haben Prokura in Einzelvertretung erhalten. Nach innen sind die jeweiligen Aufgabenbereiche abgesteckt und die Entwicklungsfelder klar im Blick.
WIRTSCHAFT ONLINE: Wie haben Sie Ihre Nachfolgenden denn ausgesucht? Nach welchen Grundsätzen haben Sie diese Entscheidung gefällt?
Kathrin Rieger: Für mich war bei der Frage: „An wen möchtest Du abgeben?“ vieles relevant. Wenn ich es auf den Punkt bringe, ist es das absolute Commitment zu ZAROF., der feste Wille, ZAROF. erfolgreich weiterzuentwickeln, unsere Kunden glücklich zu machen, die Freude an unserer Arbeit, die fachliche Kompetenz für unsere Themen und die Motivation, immer weiterzulernen. Es ist der Mut, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen. Es ist die Fähigkeit, die „Zeichen der Zeit“ und die Chancen für ZAROF. zu erkennen, flexibel zu sein und kreativ. Es ist die Fähigkeit, stabile und wertschätzende Beziehungen zu Menschen aufzubauen und zu pflegen. Es ist der Grundsatz des Vertrauens als Basis für alles.
WIRTSCHAFT ONLINE: Sie beginnen sehr organisiert und frühzeitig, was dem Prozedere auch eine gewisse Sicherheit gibt. Können Sie uns bitte etwas zum Zeitstrahl der Übergabe sagen?
Kathrin Rieger: Die Übergabe ist für uns ein Prozess, der für mich wie gesagt vor vier Jahren mit der Frage „Bin ich wirklich bereit?“ begann. Die Übergabe der Prokura ist erst wenige Wochen her. Der nächste Schritt ist die Übertragung der Geschäftsführung in etwa zwei bis vier Jahren. Dann folgt die Übertragung der Gesellschafteranteile. Das sollte aus meiner Sicht zügig nach der Übergabe der Geschäftsführung erfolgen, denn erst damit wird ja der volle Spielraum für unternehmerisches Handeln möglich. So weit der Plan. Das ist unsere Idealvorstellung. Ich bin mir bewusst, dass unvorhersehbare Ereignisse Pläne durchkreuzen können, aber einen Plan B habe ich aktuell nicht. Ich glaube daran, dass sich auch dann eine gute, wenn vielleicht auch nicht die beste, Lösung finden wird.
WIRTSCHAFT ONLINE: Wird es eine Veränderung in der Ausrichtung des Unternehmens geben? Projekte wie „Vom LKL gesucht“ sind ja sehr erfolgreich …
Kathrin Rieger: Wir arbeiten ja schon länger gemeinsam an der strategischen Ausrichtung. Was sicher bleiben wird, ist der Fokus auf die Arbeitswelt. Wir werden weiterhin beraten, analysieren und Konzepte entwickeln und helfen, diese umzusetzen; werden Prozesse moderieren, für gute Sichtbarkeit und Kommunikation sorgen, vernetzen, coachen, trainieren, in Konflikten vermitteln.
Die Themen werden sich mit den neuen Erfordernissen verändern. Wir merken es schon deutlich. Der Arbeitsmarkt verändert sich. Die Zeichen stehen in einer Reihe von Branchen und auch im öffentlichen Sektor auf Konsolidierung. Auch da gibt es viel für uns zu tun!
WIRTSCHAFT ONLINE: Was ist denn noch zu bedenken, aus Ihrer Erfahrung, bei der Übergabe eines Unternehmens? Sie stecken ja derzeit im Prozess und machen sich darüber intensiv Gedanken.
Kathrin Rieger: Ja, sehr intensiv. Wichtig sind natürlich auch die Unternehmensbewertung, steuerliche, finanzielle und rechtliche Aspekte. Wichtig sind die Strategie des Unternehmens und die Zukunftsfähigkeit. Wichtig sind die Motivation, die Kompetenz und die vertrauensvolle, wertschätzende Zusammenarbeit und die Fähigkeit, Konflikte konstruktiv zu lösen.
WIRTSCHAFT ONLINE: Ihre Tochter Marie-Luise Rieger leitet die an der ZAROF. GmbH angedockte ZAROF. Akademie. Wie werden denn hier die Würfel neu gemischt?
Kathrin Rieger: Die ZAROF. Akademie in ihrer Rechtsform werden wir auflösen und das gesamte Leistungsspektrum mit Training und Coaching in die ZAROF. GmbH integrieren. Dort wird die Akademie als eigene unit weitergeführt. Für unsere Kundinnen und Kunden ändert sich nichts.
WIRTSCHAFT ONLINE: Schlussendlich sind Sie ja auch eine vielschichtige Persönlichkeit, wobei Ihre Interessen, wie ich weiß, auch im Ehrenamt liegen. Dabei hörte ich von einer Kultureinrichtung in der Nähe von Leipzig. Können Sie uns hierzu bitte etwas erzählen?
Kathrin Rieger: Bei der „Kultureinrichtung“ handelt es sich um eine kleine Dorfkirche in Dehlitz an der Saale, die auf die Familie meines Ehemannes zurückgeht. In DDR–Zeiten wurde sie zur Hälfte abgerissen, aber seit Anfang der 1990er-Jahre gibt es viele Aktivitäten, die Kirche zu erhalten und vor allem zu beleben. Dazu wurde ein Förderverein gegründet. Wir organisieren jährlich von Mai bis Oktober Konzerte von Klassik über Jazz bis zur Weltmusik. Im Sommer gibt es Open-air-Kino. Vor den Konzerten gibt es leckeren frisch gebackenen Kuchen, Kaffee, Bowle und manchmal auch Eierlikör. Nach den Konzerten stehen unsere circa 60 bis 80 Gäste oft noch lange zusammen. Im Dezember schließen wir mit einem gemeinsamen Adventssingen und Glühwein am Lagerfeuer ab.
Ich habe sehr große Freude bei dieser wunderbaren Aufgabe und bin allen sehr dankbar, die so gut und so gern dabei sind! Kommen Sie doch mal vorbei!
Mein zweites Ehrenamt ist die Bürgerstiftung Leipzig, bei der ich von Beginn an Stifterin bin. Bisher kann ich mich zeitlich noch nicht sehr einbringen, aber das wird …
Mein drittes Ehrenamt ist seit vielen Jahren der Fachausschuss für Fachkräfte und Weiterbildung der IHK zu Leipzig.
WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, Frau Rieger, dass Sie uns so offen Rede und Antwort standen. Frühzeitiges und strategisch durchdachtes Agieren führt zum Ziel. Da sind Sie mit Ihrem Unternehmen ein herausragendes Beispiel. Ihnen weiterhin viel Freude und Erfolg. Auch im Ehrenamt.
Kathrin Rieger: Vielen Dank für das Interview mit Ihren guten Fragen, die mich anregen zu reflektieren.
Bei Fragen hilft Ihnen die Redaktion der WIRTSCHAFT ONLINE gerne weiter.