Die Kleinstadtladys mit im Hintergrund eine Messeähnliche Halle voller Kleidung
Kathleen Czinkewitz und Anne Teichmann

Die Kleinstadtladys wissen: Borna ist ein ungeschliffener Diamant.

15. Mai 2025

Um eine Wirtschaftsregion zu verstehen, braucht es auch den Blick in die Mittelzentren. 30 Kilometer von Leipzig entfernt engagieren sich die Bornaer Kleinstadtladys mit ihrer Initiative für den Standort. Wir sprachen mit den Gründerinnen Kathleen Czinkewitz und Anne Teichmann über den Ort, ihre Ideen, ihren beruflichen Hintergrund und Chancen für leipzignahe Mittelzentren.

WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag Kathleen Czinkewitz und Anne Teichmann. Sie sind aktiv für die Große Kreisstadt Borna, 30 Kilometer südlich von Leipzig, und haben dafür die Initiative „Kleinstadtladys – Ein Netzwerk für Borna“ initiiert. Seit wann gibt es Ihre Initiative und warum haben Sie sich zusammengeschlossen?

Kathleen Czinkewitz: Wir haben uns beide vor über fünf Jahren im Elternbeirat der Kinderkrippe unserer Töchter kennengelernt. Anne wohnt seit 2009 in Borna und ich war gerade eben von Leipzig in die Kreisstadt gezogen. Wir haben beide schnell gemerkt, dass wir ähnlich ticken. Genauer gesagt: Es war Liebe auf den ersten Blick!

Dann haben wir sehr schnell unsere Freizeit miteinander verbracht: Anne kannte sich schon gut in Borna aus und hatte auch den ein oder anderen Geheimtipp parat. Wir besuchten gemeinsam mit den Kindern viele Veranstaltungen in Borna und Umgebung. So auch einen Flohmarkt im nahe gelegenen Frohburg. Danach haben wir uns angeschaut und beide dasselbe gedacht: „So was muss doch auch in Borna möglich sein“. Also haben wir 2020 unseren ersten KLAMOTTI Borna im Parkhaus in der Innenstadt von Borna veranstaltet. Wir haben beide beruflich Erfahrungen mit Events und helfende Hände gehabt, sodass für uns die Umsetzung kein großes Problem war. Die Veranstaltung haben wir maßgeblich auf Instagram beworben. Ich war mir sicher: Das ist unser Medium. Aus dem Stand hatten wir über 50 Anmeldungen und viele Besuchende an dem Tag.

WIRTSCHAFT ONLINE: Welche Aufgaben haben Sie sich gestellt und wie setzen Sie diese um?

Anne Teichmann: Durch Veranstaltungen wie unseren KLAMOTTI Borna haben wir schnell gemerkt, dass es zum einen an solchen Veranstaltungen in Borna fehlt und dass wir zum anderen durch Instagram sehr viele Frauen aus Borna und Umgebung erreichen und deren Sprachrohr sein können. Sie identifizieren sich mit uns und unseren Vorstellungen vom Leben in einer Stadt wie Borna. Wir haben auch schnell festgestellt, dass es unzählig viele Ladys gibt, die neben ihrem Job ein weiteres Business, ein einnehmendes Hobby, eine kreative Ader oder eine Geschichte haben, die es lohnt zu erzählen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Die Kleinstadtladys sind ja Ehrenamt. Dies kann man in der Regel jedoch nur ausfüllen, wenn man sich das leisten kann. Können Sie uns bitte etwas zu Ihrem beruflichen Hintergrund erzählen?

Anne Teichmann: Wir vergleichen unser Hobby „Kleinstadtladys“ gern mit einem Ehrenamt in einem Sportverein; nicht inhaltlich, sondern im Umfang und der Intensität. Trainer sind beispielsweise auch jedes Wochenende unterwegs zu Wettkämpfen.

Wir haben beide einen klassischen Bürojob, der auch mobiles Arbeiten ermöglicht, und feste Arbeitszeiten von Montag bis Freitag. Ehrenamt am Nachmittag oder am Wochenende ist daher kein Problem.

Kathleen arbeitet bei der REGIOCAST, einem großen deutschen Radiounternehmen für viele Sender wie zum Beispiel RADIO PSR, Radio BOB! oder Barba Radio. 
Sie ist dort im Bereich Audio Brand Solutions als Teamleiterin tätig, beschäftigt sich mit Audioproduktionen, Textkreation und kreativen Lösungen für Sonderwerbeformen und betreut in diesem Bereich auch externe Kunden aus dem Podcast-Umfeld. Es gibt viele inhaltliche Überschneidungen im Bereich Medien, Marketing und Eventplanung. Kleinstadtladys profitiert vom Hauptjob und anders herum konnte sie auch schon einige regionale Kontakte vom Medium Radio überzeugen.

Ich bin gelernte Tourismuskauffrau mit dem Schwerpunkt Events. Ich habe einige Zeit im Freizeitpark Belantis als Projektmanagerin Firmenevents umgesetzt. Seit zehn Jahren arbeite ich in einem Handwerksbetrieb, den mein Schwiegervater gegründet hat und den ich zukünftig mit meinem Mann führen möchte. Neben der Buchhaltung kümmere ich mich um die strategische Ausrichtung des Unternehmens und will es fit in der Digitalisierung machen. Nicht selten ist es der Mittelstand und dessen Einsatz, der das Vereinsleben, die Kultur oder eine lebendige Innenstadt am Leben erhält. So auch in meinem Fall.

WIRTSCHAFT ONLINE: Ihr Netzwerk macht aktive Frauen, gerade auch Unternehmerinnen, sichtbar. Dafür nutzen Sie beispielsweise auch Ihre Kanäle auf den Sozialen Plattformen. Können Sie uns dazu etwas sagen? Wie filtern Sie? Wo machen Sie sichtbar? Gibt es auch Aktionen in der analogen Welt?

Kathleen Czinkewitz: Wir geben Ladys aus der Region die Möglichkeit, mit einem Beitrag auf unserem Instagram-Kanal sichtbarer zu werden. Wir haben circa 3.500 FollowerInnen und erreichen monatlich bis zu 400.000 Konten. Damit können wir uns nicht mit den klassischen Influencern vergleichen. Die Menge der erreichbaren Konten ist minimiert. Uns geht es eher darum, nicht die Großstädte wie Leipzig, Chemnitz und Dresden zu bespielen, sondern ganz konkret die Region dazwischen. Und das ist unser Filter: „Borna + 25 km Umgebung“. Der ländlich geprägte Raum ist es, der Aufmerksamkeit bekommt und auch verdient hat. Denn hier leben so viele großartige Frauen, die es wert sind, gesehen zu werden. In einem Ortsteil von Borna lebt zum Beispiel eine Lady, die deutschlandweit bekannt ist für ihre Kuscheltiere, diese fertigt sie selbst in ihrer eigenen Werkstatt oder sie verkauft Lizenzprodukte seltener Marken. In Borna ist sie dafür kaum bekannt, hat jedoch bei Social Media 15.000 FollowerInnen und kann von ihrem Business leben. Diese Frauen gehören ins Rampenlicht: online wie offline. Und das ist unsere zweite Leidenschaft: Wir lieben Netzwerkveranstaltungen, bei denen wir alle zusammenbringen, die irgendwie zusammengehören. Wir lieben es, vielleicht das Problem der Lady A lösen zu können, weil wir Lady B kennen. Wir verbinden Frauen und auch Familien miteinander. Zuletzt haben wir einen BücherTauschRausch veranstaltet. Einen Bücherflohmarkt für alle! Man bringt Bücher mit und darf sich im Tausch dafür andere Bücher mit nach Hause nehmen, ohne Eintritt oder andere Kosten. Nebenbei gab es jede Menge Programm und Kreativstände. Die Lernförderschule war mit Handmade-Deko dabei, sie wollen sich damit neue Spielgeräte finanzieren. Bornaer Händlerinnen und Händler sind aus ihren Geschäften herausgegangen, um unserem Publikum ihre Produkte und Dienstleistungen vorzustellen. Es gab Buchlesungen von Autorinnen und Autoren und Musik einer jungen Lady, die gerade an neuen Songs schreibt. Wir bieten all diesen wunderbaren Menschen eine Plattform. Online wie offline.

WIRTSCHAFT ONLINE: Im November planen Sie, so hörte ich, eine Familienmesse in Borna. In welche Richtung soll denn die Messe gehen? Welchen Hintergrund hat Ihr Engagement und wen wollen Sie ansprechen: als Ausstellende aber auch als interessierte Besuchende?

Anne Teichmann: Die Familienmesse ist das Herzstück unserer Bewerbung für die Neulandgewinner-Förderung. Die Gelder dazu haben wir im vergangenen Jahr nach einer langen Bewerbungsrunde erfolgreich verteidigt. Mit eben diesem Geld haben wir nun endlich die Möglichkeit, eine überregionale Veranstaltung für Borna zu planen. Unser Ziel ist, die größte der Bornaer Mehrzweckhallen mit all diesen Angeboten zu füllen, Besuchende nicht nur aus Borna, sondern auch aus Altenburg, Bad Lausick, Frohburg und Markkleeberg zu generieren, indem sich Borna selbst als die familienfreundliche Stadt präsentiert, die sie ist: mit all ihren Vereinen und Institutionen, Handel und Gewerbe. Es soll Präsentationen, Vorträge, Workshops, aber auch Entertainment, Moderation und Musik geben. Unser BücherTauschRausch wird integriert und alle, die etwas für Familien bieten, ebenfalls. 

WIRTSCHAFT ONLINE: Wo und wann soll die Messe stattfinden?

Anne Teichmann:Wir planen die größte der Bornaer Mehrzweckhallen, die Glück-Auf-Halle in Borna-Nord mit all diesen Angeboten am Samstag, dem 15. November 2025 zu füllen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Es gibt ein Familienbüro, welches Sie kreiert haben. Was geschieht hier?

Kathleen Czinkewitz: Im Familienbüro trifft man uns jeden Dienstag von 16:30 Uhr bis 19:00 Uhr zur Sprechstunde an. Es ist ein vormals leerstehendes Ladengeschäft in der Reichsstraße in Borna, welches wir ebenso über die Neulandgewinner gefördert bekommen. Es ist im Stil eines amerikanischen Diners eingerichtet und passend in unseren Farben rot und weiß gehalten. Hier bieten wir allen, die persönlich mit uns in Kontakt treten wollen, die passende Möglichkeit: offline sozusagen. Wir begrüßen hier Männer und Frauen, die eine Frage haben, die ein Problem ansprechen möchten, denen wir irgendwie helfen können, die gern eine Veranstaltung bewerben oder unser Netzwerk nutzen möchten. Es ist ein Ort des Austauschs und des Netzwerkens. Hier werden Pläne geschmiedet, Ideen verfolgt und Gespräche geführt.

WIRTSCHAFT ONLINE: Sie selbst, das spürt man, sind begeistert von Borna. Welche Standortvorteile hat die Stadt für Wirtschaftstreibende oder an einer Ansiedlung Interessierte?

Kathleen Czinkewitz: Borna ist der perfekte Standort für Familien zwischen den beiden Großstädten Chemnitz und Leipzig. In circa 30 Minuten ist man über die Autobahn in den jeweiligen Innenstädten, mit der S-Bahn super schnell in der Leipziger City. Kitaplätze sind vorhanden und der Schulstandort mit Turnhallen und Schwimmbad ist nicht zu unterschätzen. Die Vereinslandschaft ist ebenfalls riesig groß und breit aufgestellt. Noch besser wäre es natürlich, in Borna auch Arbeit zu finden. Dann würden auch Teile wie die Innenstadt sicher wieder stärker frequentiert werden.

WIRTSCHAFT ONLINE: Und warum sollten interessierte Menschen aus den urbanen Zentren unbedingt einmal nach Borna kommen?

Anne Teichmann: Borna ist eine Art ungeschliffener Diamant. Alles, was es in den umliegenden Großstädten vielleicht an Überangebot gibt, hat man hier noch nicht oder es ist sehr viel kleiner. So geht es uns auch mit unseren Events: KLAMOTTI, BücherTauschRausch oder After-Work, all diese Veranstaltungen gab es bisher nicht. Es ist sehr viel persönlicher und nicht überlaufen. Wir haben die Rückmeldung erhalten, dass man auf einen Besuch der Buchmesse in Leipzig verzichtet hat und lieber zu unserem BücherTauschRausch gekommen ist. Was für ein schönes Kompliment. Und so hoffen wir, auch mit unserer Familienmesse eine Art „Haus-Garten-Freizeit“ im Mini-Format zu schaffen. Kommen Sie uns doch gern am 15. November 2025 besuchen. Wir laden Sie herzlich ein.

WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, diese Einladung werden wir auf jeden Fall wahrnehmen. Am 11. September 2025 kommen wir mit unserer Veranstaltungsreihe WIRTSCHAFT TRIFFT KULTUR ja auch in Ihre schöne Stadt. Da sehen wir uns wieder. Danke für Ihre Antworten und Ihr Engagement.

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