Ohne Arbeitgeber ist kein THW-Ehrenamt möglich. Daher überreichen das THW und die Landesvereinigung verdienten Arbeitgebern die Dankesplakette. | ©THW
Udo Stöckel im Gespräch

Die Fähigkeiten des THW sind im Zivilschutzfall unverzichtbar

26. August 2025

Am 29. August 2025 wird bei einem Festakt in Leipzig das 75-jährige Bestehen des Technischen Hilfswerks und das 30. Jubiläum der Landesvereinigung der Helfer und Förderer des THW in Sachsen und Thüringen e. V. gefeiert.

Wir sprachen mit dem Vorsitzenden der Landesvereinigung, Udo Stöckel, über den Zivilschutz, die Kritische Infrastruktur, Möglichkeiten zu helfen, und darüber, warum Ehrenamtliche nicht die „Guten“ sind, sondern die „Notwendigen“. In einem weiteren Interview, welches Sie ebenso auf unserem Blog finden, kommt Janine Stock, die THW-Landesbeauftragte für Sachsen und Thüringen, zu Wort.

WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Herr Stöckel. Sie sind der Vorsitzende der Landesvereinigung der Helfer und Förderer des Technischen Hilfswerks (THW) in Sachsen und Thüringen e. V. In den 34 THW-Ortsverbänden dieser beiden Bundesländer engagieren sich rund 3.300 Ehrenamtliche, darunter rund 650 Jugendliche. Die Aufgaben des THW sind den meisten in unserer Gesellschaft, gerade wieder nach dem Einsatz zur Brandbekämpfung in der Gohrischheide, bekannt. Welchen Auftrag, welche Aufgabe, haben Sie sich als Landesvereinigung gegeben?

Udo Stöckel: Die THW-Landesvereinigung Sachsen und Thüringen e. V. setzt sich seit 30 Jahren engagiert für die Belange des Technischen Hilfswerks in den beiden Bundesländern ein. Als Bindeglied zwischen Politik, Gesellschaft und den Ortsverbänden des THW tragen wir entscheidend dazu bei, dass die ehrenamtliche Arbeit vor Ort noch erfolgreicher und zukunftssicherer geleistet werden kann.

Die THW-Aufgaben im Zivil- und Katastrophenschutz und in der Jugendarbeit sind vielfältig und herausfordernd, hier wollen wir mitgestalten und unterstützen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Wie setzen Sie dies ganz konkret um?

Udo Stöckel: Unser Ziel ist, die gesellschaftlich wertvollen Aufgaben des THW noch sichtbarer zu machen. Denn nur so können wir Menschen für das THW-Ehrenamt gewinnen. Gemäß unserem Motto „Wir helfen denen, die helfen“ fördern wir unsere Ortsverbände durch Öffentlichkeitsarbeit, Netzwerkpflege und konkrete Finanzierung von Projekten. Wir verbessern die Ausstattung und damit die Einsatzfähigkeit durch gezielte materielle Unterstützung und fördern die Nachwuchsarbeit, also die Einsatzkräfte von morgen. Wir sorgen, wie etwa bei unserem Festakt am 29. August 2025 in Leipzig, für Kontakte zur Wirtschaft und zur Politik, um weitere Unterstützung zu generieren.

WIRTSCHAFT ONLINE: Das von Ihnen unterstützte THW ist immens wichtig. Können Sie uns hier Beispiele nennen, bitte? Damit die Dimension des Helfens sichtbar wird?

Udo Stöckel: Die meisten Menschen kennen das THW aus dem Katastrophenschutz, das heißt, wenn es beispielsweise wie kürzlich in der Gohrischheide geschehen, zu großen, langandauernden Brandeinsätzen kommt. Hier arbeiten wir Hand in Hand mit der Feuerwehr zusammen und übernehmen Anforderungen wie Transport- und Logistikaufgaben, Pumparbeiten und Beleuchtung. Aber auch Hochwasser, Sturmschäden und Brückensicherungen wie bei der Dresdner Carola-Brücke verbindet man mit dem THW.

Was viele nicht wissen, ist, dass die originäre Aufgabe des THW der Zivilschutz ist. Dies ist im THW-Gesetz festgeschrieben und hat gerade in den letzten Jahren wieder stark an Bedeutung gewonnen. Die Fähigkeiten des THW sind im Zivilschutzfall unverzichtbar. Es kann Notstrom bereitstellen, Behelfsbrücken bauen, eine Trinkwasser-Notversorgung sichern, Bergungsmaßnahmen durchführen, Kulturgut retten und Führungsaufgaben übernehmen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Das THW feiert in diesem Jahr sein 75. Jubiläum, Ihre Landesvereinigung gleichfalls ihr 30-jähriges. Wo haben Sie persönlich begonnen, welche Entwicklung hat die Landesvereinigung genommen?

Udo Stöckel: Ich persönlich hatte meine erste Berührung mit dem THW im August 2002 während des Elbehochwassers. Ich war sehr beeindruckt von der Arbeit und Unterstützung, die die Ehrenamtlichen bei dieser Katastrophe übernommen haben. Schnell war mir klar: Hier will ich mithelfen und mich einbringen. Ich hatte auch beruflich durch meine damaligen Vorgesetzten Dietrich Krippendorf und Dr. Adolf Schweer stets engen Kontakt zum THW und zur Landesvereinigung.

Mein Arbeitgeber Mitnetz und unsere Muttergesellschaft enviaM haben sich insbesondere unter Dr. Schweer, der auch Vorsitzender der THW-Landesvereinigung war, engmaschig im Bereich Kritische Infrastrukturen vernetzt. Durch Schulungen, Übungen, aber auch mittels Kooperationsvereinbarungen arbeiten wir seitdem eng zusammen und unterstützen somit das ehrenamtliche Engagement der THW-Ortsverbände.

Seit 2022 bin ich nun Vorsitzender der Landesvereinigung und setze den eingeschlagenen Weg gerne fort. Denn was 1995 von einer Hand voll engagierter THW-Angehörigen gegründet worden ist, hat sich zu einem wertvollen Teil der THW-Familie in Sachsen und Thüringen entwickelt. Wir konnten viele Partnerinnen und Partner aus der Wirtschaft und Politik gewinnen, sowohl im Präsidium als auch als Fördermitglieder. Heute bieten wir ein Netzwerk, das das THW-Ehrenamt nachhaltig fördert und somit die innere Sicherheit in den beiden Bundesländern stärkt.

WIRTSCHAFT ONLINE: Ehrenamt hält die Gesellschaft zusammen – im Kleinen wie im Großen. Ohne Ehrenamtliche zerfallen die Strukturen. Ihre Vereinigung arbeitet nach dem Motto: „Wir helfen denen, die helfen!“. Wie kann das Ehrenamt gesellschaftlich aufgewertet werden?

Udo Stöckel: Das Ehrenamt ist das wichtigste Fundament im Zivil- und Katastrophenschutz und in einer demokratischen Gesellschaft. Dazu brauchen wir Rechtssicherheit und finanzielle Entlastung, Bildungs- und Karriereanreize, sichtbare Wertschätzung in Medien und Politik sowie die klare Botschaft: Ehrenamtliche sind nicht die „Guten“, sie sind die „Notwendigen“. An allem arbeiten wir gemeinsam mit dem Landesverband, aber auch auf Bundesebene zusammen. Ein Beispiel, wie wir das Ehrenamt stärker in der Gesellschaft verankern und die Anerkennung steigern wollen, ist die Zusammenarbeit mit den Arbeitgebenden unserer Einsatzkräfte als essenzieller Part unserer Gesellschaft. Das THW übernimmt nicht nur Zahlungen für Verdienstausfall im Einsatzfall, sondern schafft gemeinsam mit uns Verständnis für die staatstragende, wichtige Aufgabe und appelliert an das bürgerschaftliche Engagement der Unternehmen. Gleichzeitig schaffen wir Doppelnutzen wie etwa im Bereich der THW-Ausbildung, von der auch die Arbeitgebenden profitieren.

Ein weiteres Beispiel ist unsere Jugendarbeit. Rund 650 Jugendliche engagieren sich in den THW-Ortsverbänden in Sachsen und Thüringen. Selbstverständlich vermitteln wir ihnen altersgerecht Fachinhalte aus dem Zivil- und Katastrophenschutz. Die jungen Menschen sind unsere Einsatzkräfte von morgen. Aber wir haben auch Bildungs- und Gesellschaftsziele und fördern in der THW-Jugendarbeit soziale Kompetenzen, Teamfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein sowie demokratische Bildung und Teilhabe.

WIRTSCHAFT ONLINE: Und wie können Wirtschaftstreibende, die ja unsere Zielgruppe sind, Ihnen helfen?

Udo Stöckel: Hier gibt es mehrere Wege. Zum einen gehört das oben geschilderte Verständnis für unsere Einsatzkräfte und die konkrete Unterstützung durch Freistellung für Lehrgänge und Einsätze dazu. Ich weiß wohl, dass dies bei Fachkräftemangel und Ressourcenknappheit nicht immer so einfach ist. Hier wird, soweit es möglich ist, Rücksicht genommen, Absprache für planbare Maßnahmen mit dem Unternehmen sind selbstverständlich. Wir würden uns sehr freuen, wenn wir weitere Fördernde, die ganz konkret mitgestalten und uns unterstützen möchten, gewinnen können.

Natürlich können uns Unternehmer und Unternehmerinnen auch durch eine Fördermitgliedschaft oder durch Geldspenden unterstützen, da die Landesvereinigung ein eingetragener Verein ist. So wird beispielsweise unser Festakt am 29. August in Leipzig, an dem wir 30 Jahre Landesvereinigung und 75 Jahre THW feiern und allen unseren Ehrenamtlichen, Arbeitgebenden und Fördernden danken wollen, zum großen Teil von uns finanziert und durchgeführt. Hier nehmen wir sehr gerne noch Zuwendungen an!

Eine weitere synergetische Möglichkeit der Zusammenarbeit ist der Austausch von technischem Know-how, wie wir es mit Betrieben im Bereich der Kritischen Infrastrukturen bereits seit mehreren Jahren leben. Hier gibt es sicherlich weitere Themenbereiche, die sowohl das THW als auch die Unternehmen weiterbringen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Und Sie selbst, Herr Stöckel? Wo kommen Sie her? Sie sind ja nicht von Beginn Ihres Arbeitslebens an Vorsitzender der Landesvereinigung der Helfer und Förderer des Technischen Hilfswerk in Sachsen und Thüringen e. V. Können Sie uns ein bisschen etwas zu Ihrem Hintergrund erzählen?

Udo Stöckel: In meinem Hauptberuf bin ich Bereichsleiter Betrieb Strom sowie Prokurist bei der Mitteldeutschen Netzgesellschaft Strom in der enviaM-Gruppe und verantwortlich für den operativen Netzbetrieb von der Hochspannung bis zum einzelnen Netzkunden in Mitteldeutschland. Das heißt, mein Team sichert die Versorgung im gesamten Netzgebiet Tag und Nacht.  Aus dieser Tätigkeit heraus, das bedeutet durch den Umgang mit Störungen und Katastrophen wie dem Hochwasser 2002 und 2013, haben wir bei Mitnetz und enviaM eine enge Bindung zum THW aufbauen können. Wir unterstützen uns gegenseitig und ergänzen uns fachlich.

WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, Herr Stöckel, für Ihr Engagement und Ihre Antworten.

Landesvereinigung der Helfer und Förderer des THW in Sachsen und Thüringen e.V. im Netz:

www.thw.de

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