Benjamin Heller, Geschäftsführer der 3XPERTS GmbH | © 3XPERTS GmbH
Geschäftsführer der 3XPERTS GmbH Benjamin Heller

Die Baubranche steckt in einer handfesten Krise

22. Juli 2025

Die deutsche Baubranche steht vor immensen Herausforderungen. Welche dies sind und welche Lösungsansätze es schon gibt, darüber sprechen wir mit dem Praktiker Benjamin Heller, der mit seinem Team äußerst erfolgreich Bauvorhaben plant und betreut. Dabei thematisiert er die die Branche fesselnde Regulierungswut und zeigt zukunftsbezogene Mechanismen auf, um die Bundesrepublik Deutschland wieder attraktiv für Investoren zu machen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Herr Heller. Sie sind der Inhaber des Tauchaer Architekten- und Ingenieurbüros für bautechnische Gesamtplanung 3XPERTS GmbH. Dabei ist Ihr Unternehmen Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit und Digitalisierung sowie ganzheitlicher Expertise im Bauplanungsbereich. Das müssen wir etwas aufdröseln: Wie setzen Sie durch die Arbeit Ihres Unternehmens den Nachhaltigkeitsaspekt durch? Was wird konkret unternommen?

Benjamin Heller: Bei den 3XPERTS haben wir uns zum Ziel gesetzt, nicht nur Projekte zu realisieren, sondern auch unsere Projektpartner bei dem Einsatz neuer Technologien zu unterstützen und ihnen diese näherzubringen.

Dabei setzen wir vermehrt auf KI-Anwendungen, welche wir auch selbst entwickeln, ebenso wie auf Tools zur Prozessautomatisierung im Bau- und Projektmanagement. Auf diese Weise können wir unsere eigene und die Arbeitsleistung unserer Kunden um ungefähr 30 Prozent steigern und im gleichen Atemzug die Dokumentation und Bauunterlagen unserer Kunden übersichtlicher und mit effizienter Struktur bearbeiten und speichern.

Durch den Einsatz von Cloudtechnologie und KI-gestützten Verarbeitungsprozessen ist unsere Arbeit effizienter und dadurch auch nachhaltiger.

WIRTSCHAFT ONLINE: Die digitale Planungsmethode BIM (Building Information Modeling) ist, so beschreiben Sie es auf Ihrer Homepage, mehr als nur ein digitales Werkzeug. Können Sie dies bitte erläutern?

Benjamin Heller: BIM ist der aktuelle Schritt in Richtung Bauen 2.0. Wer an Bauen in Deutschland denkt, denkt an Stapel von Plänen, dreifache Ausführung von Planung und Rollwägen an Ordnern, die am Ende noch von diversen baubezogenen Ämtern freigegeben werden müssen. BIM kann dies alles unter einem Dach vereinen und vereinfachen. Die Kombination aus 3D-Modellierung und Schnittstellen für digitale Anwendungen machen BIM zur digitalen Zukunft der Bauprozesse. Nach einer eigens angefertigten Studie könnten die Baukosten von nahezu allen Projekten durch den gezielten Einsatz dieser Technologie um mehr als 40 Prozent gesenkt werden. Leider ist das größte Kunststück, dass die beteiligten Ämter diese Technologie adaptieren müssten.

Und genau da liegt das einzige nahezu unüberwindbar scheinende Hindernis.

WIRTSCHAFT ONLINE: Sie betreuen spannende Projekte im Hochbau, im Tiefbau und im Industriebau. Können Sie uns einige nennen? Regional, national und weltweit? Und was ganz konkret wurde und wird durch Ihr Büro umgesetzt?

Benjamin Heller: Zu unseren aktuellen Projekten zählen im Tiefbau die Projekte Süd-Link und Süd-Ost-Link. Beides Milliardenprojekte, die dem Ausbau der Stromübertragungsnetze dienen und Laufzeiten bis 2030 haben. Hier betreuen wir die Bauüberwachung diverser Bauabschnitte in Bayern, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg.

Ebenfalls betreuen wir den Umbau diverser Kraftwerke der Berliner Energiewerke.

Zu unseren Key-Accounts gehört unter anderem Amazon, für die wir aktuell und bis 2032 den bundesweiten Ausbau der Elektroladeinfrastruktur in der Funktion der Projektleitung übernehmen.

Wir sind an zwei Standorten von Carl-Zeiss in der Bauleitung für Elektro-Erweiterungsprojekte tätig.

Im Bereich TGA / HKLS (Technische Gebäudeausrüstung / Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär – Anmerkung der Redaktion) sind wir tätig im Ausbau der Labore im Militärkrankenhaus Ramstein und ebenfalls bei Carl-Zeiss.

Zu guter Letzt sind wir an verschiedenen Standorten bundesweit für die Glasfaser-Deutschland in der Bauleitung tätig.

WIRTSCHAFT ONLINE: Ihr Standort Taucha ist eine Kleinstadt in Nordsachsen. Warum haben Sie sich gerade hier angesiedelt? Welche Vorteile hat der Standort für Ihr Unternehmen?

Benjamin Heller: Als geborener Leipziger mit ehemaligem Standort in Leipzig ist mir der Schritt nicht leichtgefallen.

Die Entscheidung beruht auf diversen Faktoren.

Zum einen wohne ich selbst in Taucha und habe die Stadt ins Herz geschlossen.

Insbesondere der Bürgermeister, welchen ich schon mehrfach getroffen habe, setzt sich sehr stark für die Entwicklung neu angesiedelter Unternehmen ein und plant öffentliche Gelder sehr sinnvoll.

Der geringere Gewerbesteuerhebesatz spielt natürlich auch eine kleine Rolle.

Alles in allem gibt es nicht den einen übergeordneten Grund. Es war eine Bauchentscheidung, die ich bisher nicht bereut habe.

WIRTSCHAFT ONLINE: Welchen Herausforderungen stehen Sie derzeit gegenüber? Gerade die Baubranche befindet sich seit einigen Jahren im Umbruch, was zu Krisen führen kann. Wo sehen Sie Schwierigkeiten und wie gehen Sie diese an?

Benjamin Heller: Die Baubranche steckt tatsächlich in einer handfesten Krise. Vornehmlich im Bereich Hochbau und Wohnungsneubau ist die Branche, nach meiner Einschätzung, um 80 Prozent eingebrochen. Das liegt in erster Linie an dem fehlenden Interesse ausländischer und auch inländischer Investoren und auch an der Komplexität der Bauvorhaben, welche durch die Bürokratie nur sehr schwer rentabel umsetzbar sind. Gleichzeitig gibt es andere Märkte auf der Welt, die diesen Umstand in Deutschland nutzen und besonders attraktive Konditionen für Bauvorhaben bieten.

Die Schwierigkeiten hier sehe ich eindeutig bei der Politik. Ohne weiter auf dieses Thema einzugehen, hier ein Beispiel: Wenn zwei nistende Zauneidechsen den Bau einer Schule um zwei Jahre verzögern, überlegt man sich zweimal, ob man überhaupt baut.

Wir selbst haben uns daher, wie viele andere Unternehmen auch, von der Sparte Hochbau überwiegend getrennt und unseren Fokus auf Infrastruktur und Industrie gelegt.

Da wir nicht im Bereich Automotiv tätig sind, kann ich hier eher von einer Auftragsflut sprechen, da die Zahl der tätigen Ingenieure jedes Jahr schwindet, während die Projekte durch öffentliche Mittel eher mehr werden.

WIRTSCHAFT ONLINE: Auf Ihrer Homepage gibt es eine Verlinkung zu Ihrem Blog, welcher wöchentlich mit hochinteressanten Inhalten gefüllt wird. Begonnen hat dieser Blog am 8. August 2024. Was war davor und welche Themen spielen Sie hier aus?

Benjamin Heller: Auf unseren Blog legen wir tatsächlich viel Wert. Auch wenn dieser kein Teil unserer Wertschöpfungskette ist, empfinde ich es als sehr wichtig, über Neuerungen und technische Möglichkeiten zu informieren. Wir beleuchten hierbei viele auch sehr spezifische Themen, um unseren Lehrauftrag im Bereich Nachhaltigkeit und effizientes Bauen zu erfüllen. Wir hätten auch gerne schon eher damit angefangen, allerdings kostet das wöchentliche Erstellen solcher Beiträge Zeit, die nicht immer vorhanden ist oder war. Allerdings haben wir seit letztem Jahr hier tatkräftige Unterstützung im Unternehmen, die dies ermöglicht.

WIRTSCHAFT ONLINE: Wenn Sie einige Blicke in die Zukunft werfen könnten und alles bestens laufen würde: Wie bauen wir im Jahre 2030? Und wie bauen wir im Jahre 2050? Was hat sich bis dato verändert?

Benjamin Heller: Das ist eine sehr gute und spannende Frage. Hier muss man allerdings sehr klar unterscheiden zwischen Wunschdenken und Realismus.

BIM ist ein sehr guter Einstieg und insbesondere in Verbindung mit dem stärker werdenden Thema KI liegt hier ganz klar die Zukunft.

Sollte alles perfekt laufen, wird die Baubranche digitalisiert und Bauprojekte inklusive der kompletten Projektplanung entstehen auf Knopfdruck am Rechner. Keine Architektinnen oder Architekten, keine menschlichen Prüfenden, die auch Fehler machen und teilweise viel Zeit benötigen, sondern aufeinander abgestimmte automatisierte Algorithmen, die in wenigen Sekunden eine Bauplanung prüfen und gleichzeitig freigeben können.

Technologisch wäre das bereits jetzt möglich. Regulatorisch leider nicht.

Schauen wir noch weiter in die Zukunft, so ist dieser Schritt unausweichlich, um im weltweiten Rennen um die Gelder von Investoren überhaupt noch mitspielen zu können.

Denn smartere und schnellere Prozesse, gepaart mit der nahezu unfehlbaren KI-Planung, senken die Baukosten, wodurch höhere Rentabilität und Attraktivität entstehen. Da der Großteil des Bausektors, sei es Wohnbau, Gewerbe oder Industrie, aus nicht öffentlichen Geldern bezahlt wird, ist die Rentabilität der größte Pull-Faktor für Investoren und das Ankurbeln der deutschen Bauwirtschaft.

WIRTSCHAFT ONLINE: Dann lassen Sie uns daran arbeiten, dass wir gemeinsam zukunftsfähig werden. Danke für Ihre Zeit und Ihr Engagement.

Benjamin Heller: Ich bedanke mich für Ihre sehr spannenden Fragen und freue mich, auch in Zukunft meinen Teil beitragen zu können.

 

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