Grafik eines Hauses mit erneuerbaren Energien und Energie-Label A-F
Matthias Weiland im Gespräch

Das Gebäudeenergiegesetz. Was steht drin?

04. März 2024

Mit Beginn des Jahres 2024 trat die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (umgangssprachlich: Heizungsgesetz) in Kraft. Welche Inhalte sind jetzt gesetzlich festgeschrieben?

Matthias Weiland, Ansprechpartner der IHK zu Leipzig, klärt auf und spricht über Nachweispflichten, Übergangsfristen und Neuerungen. Daneben erläutert er den „EH-40“-Neubaustandard und die Positionen der DIHK, die Thematik GEG betreffend.

WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Herr Weiland. Das Gebäudeenergiegesetz sorgte im vergangenen Jahr für erhitzte Gemüter. Wie ist denn der derzeitige Stand beim GEG? Ich hörte von einer Novellierung …

Matthias Weiland: Das Gebäudeenergiegesetz sorgte im Zuge der Novellierung im vergangenen Jahr für eine breite Diskussion in Politik, Öffentlichkeit bis hin zum Bundesverfassungsgericht. Ursprünglich trat es 2020 in Kraft. Energieeinspargesetz, Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz wurden im GEG zusammengeführt. Im Kern geht es um die Einsparung von Energie und damit die CO₂-Reduzierung sowie die Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung im Gebäudesektor. Die GEG-Novellierung von 2023, die letztlich mit ersten wesentlichen Regelungen zum Jahresbeginn 2024 in Kraft trat, beinhaltet unter anderem Vorgaben zum Heizen von Immobilien. Umgangssprachlich ist deshalb oft vom Heizungsgesetz die Rede.

WIRTSCHAFT ONLINE: Herzstück des novellierten GEG ist die 65-Prozent-Regel für neue Heizungen. Was bedeutet diese und was beinhaltet sie? Für welche Anlagen gilt sie und ab wann?

Matthias Weiland: Um in Deutschland die sogenannte Wärmewende im Gebäudebereich voranzubringen, wurde im GEG generell beschlossen, dass Heizungsanlagen auf Basis fossiler Energieträger bis 2045 in Betrieb sein können. Mit Stellung eines Bauantrages ab 1. Januar 2024 müssen Heizungsanlagen in Neubauten in einem Neubaugebiet mindestens 65 Prozent ihres Energiebedarfs aus Quellen erneuerbarer Energien bzw. unvermeidbarer Abwärme decken.

WIRTSCHAFT ONLINE: Der Nachweis kann aber auch entfallen. Wann? Und weshalb?

Matthias Weiland: Der Gesetzgeber lässt technologisch offen, wie der 65-Prozent-Anteil bei neuen Heizungsanlagen erreicht wird. Gefordert wird ein rechnerischer Nachweis auf Grundlage einer DIN-Norm. Der Nachweis kann bei Vorliegen einer der folgenden Voraussetzungen entfallen:

  • Anschluss an ein Wärmenetz
  • Betrieb einer elektrischen Wärmepumpe
  • Stromdirektheizung
  • Solarthermie-Anlage
  • Heizungsanlage zur Nutzung von Biomasse, grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich deren Derivate
  • Hybridheizung (Wärmepumpe oder Solarthermie in Kombination mit einer Gas-, Biomasse- oder Flüssigbrennstofffeuerung)

Wichtig ist: Eine generelle Austauschpflicht bestehender Heizungsanlagen gibt es nicht. Dies gilt auch, wenn eine Heizung defekt ist, aber noch repariert werden kann. Allerdings dürfen Heizungsanlagen auf fossiler Brennstoffbasis ab dem 1. Januar 2045 auch nicht mehr betrieben werden, denn Gebäude sind dann nur noch klimaneutral mit erneuerbaren Energien zu heizen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Es gibt weitere Übergangsfristen. Können Sie dazu etwas sagen?

Matthias Weiland: Übergangsfristen gibt es für bestehende Gebäude und Neubauten außerhalb von Neubaugebieten. Die Umrüstung der Heizungsanlage ist abhängig vom Prozess der kommunalen Wärmeplanung. Diese soll in Großstädten mit mehr 100.000 Einwohnern spätestens ab dem 30. Juni 2026 und in kleineren Kommunen spätestens ab dem 30. Juni 2028 vorliegen. Aus der Planung soll für Immobilieneigentümer hervorgehen, ob künftig die Anschlussmöglichkeit an ein Fernwärmenetz besteht oder eine dezentrale Lösung für eine neue Heizungsanlage gefunden werden muss.

Muss eine Heizung auf Basis fossiler Energieträger (Gas- oder Ölheizung) aufgrund fehlender Reparaturmöglichkeiten ersetzt werden, sind mehrjährige Übergangsfristen vorgesehen. Bis zu den oben genannten Fristen betreffs der kommunalen Wärmeplanung dürfen solche Heizungen auch neu eingebaut werden, müssen aber ab 2029 einen steigenden Anteil an erneuerbaren Energieträgern, beispielsweise Biogas oder Wasserstoff, nutzen können:

  • 2029: mind. 15 Prozent
  • 2035: mind. 30 Prozent
  • 2040: mind. 60 Prozent
  • 2045: 100 Prozent

Hat die jeweilige Kommune einen kommunalen Wärmeplan, ist der Einbau von Heizungen mit 65-Prozent-Anteil erneuerbaren Energien verbindlich. In Härtefällen können Eigentümer von der Pflicht befreit werden.

Es gibt grundsätzlich die Verpflichtung, einen Heizkessel nach 30 Jahren gegen einen neuen auszutauschen (Ausnahmen für Brennwertkessel).

WIRTSCHAFT ONLINE: Welche Neuerungen stehen noch im novellierten GEG?

Matthias Weiland: Beispielweise muss künftig der Neubaustandard erfüllt werden, wenn mit Erweiterungen von Nichtwohngebäuden eine Verdopplung der Nutzfläche verbunden ist. Ebenso gibt es eine Nachrüstverpflichtung für bislang ungedämmte Wärmeleitungen, Prüfungs- und Optimierungspflichten für neu eingebaute Wärmepumpen und ältere Heizungen, die Pflicht zum hydraulischen Abgleich neu eingebauter Heizungsanlagen sowie Nachrüstpflichten zur Gebäudeautomation und -steuerung für Nichtwohngebäude mit einer Heizungs- und raumlufttechnischen Anlage größer 290 Kilowattstunden Nennleistung. Außerdem ist eine Zuständigkeit für das Gebäude-Energiemanagement festzulegen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Im Koalitionsvertrag hatten sich die Ampelkoalitionsparteien auf einen „EH 40“-Neubaustandard bis 2025 verständigt. Was heißt das denn?

Matthias Weiland: Ein Effizienzhaus (EH) 40 erfüllt einen energetischen Standard, bei dem es maximal nur 40 Prozent der Primärenergie gegenüber einem Referenzgebäude gemäß Gebäudeenergiegesetz verbraucht. Dabei sind in der Betrachtung zwei Komponenten wichtig: Gesamtenergiebedarf der Immobilie und Wärmedämmung der Gebäudehülle. Angesicht der schwierigen Rahmenbedingungen wurde für die laufende Legislaturperiode dieser anspruchsvolle gesetzliche Neubaustandard ausgesetzt.

WIRTSCHAFT ONLINE: Die EU hatte sich kürzlich bei der europäischen Gebäuderichtlinie geeinigt. Was heißt das und was fordert die DIHK in diesem Zusammenhang?

Matthias Weiland: Mitte 2021 veröffentlichte die EU-Kommission das „Fit for 55“-Programm mit zwölf Vorschlägen, wie die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 verringert werden sollen. Bis 2050 soll im Rahmen des „European Green Deal“ in der EU generell Klimaneutralität erreicht werden, was schätzungsweise rund eine Billion Euro an Kapital bedarf. In diesem Zusammenhang werden mittels der Gebäuderichtlinie (EPBD) strengere Vorgaben zur Energieeffizienz von Immobilien gemacht. Darauf haben sich EU-Parlament, EU-Mitgliedsstaaten und EU-Kommission im Dezember 2023 verständigt, wobei Europaparlament und EU-Rat dem Kompromiss noch formal zustimmen müssen. Erst danach kann eine Umsetzung in nationales Recht stattfinden. Die Richtlinie sieht vor, dass sich bei Wohngebäuden der durchschnittliche Energieverbrauch bis zum Jahr 2030 um 16 Prozent und bis zum Jahr 2035 um 20 bis 22 Prozent verringern soll. Eine zunächst vom EU-Parlament geforderte Sanierungspflicht für besonders energieineffiziente private Wohngebäude entfällt. Statt Zwangssanierung einzelner Immobilien wird auf Bundesebene vielmehr der Quartiersansatz verfolgt.

Die DIHK setzt sich dafür ein, dem ausgehandelten Entwurf der Gebäuderichtlinie auf EU-Ebene final zuzustimmen und anschließend in dieser Form auch in nationales Recht umzusetzen. Darüber hinaus gehende Regelungen auf nationaler Ebene sind vorerst nicht zielführend, um Unternehmen nicht zu überfordern. Wahrscheinlich wird es in der Zukunft weitere Vorgaben geben, in denen es um Festlegungen für das „Null-Emissionsgebäude“ als verbindlichen Neubaustandard, Sanierungspflichten für bestimmte Nichtwohngebäude, Solardachpflichten oder erweiterte Vorgaben zur Bereitstellung von Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität geht. Hier ist perspektivisch Augenmaß notwendig, damit dies auch im Einklang mit der Realität steht. In diesem Zusammenhang muss auch betont werden, wie wichtig entsprechende Förderprogramme, unter anderem von der KfW, für die Plan- und Realisierbarkeit von Immobilienprojekten sind.

WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, Herr Weiland, für Ihre Zeit und Ihre Informationen.

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Ihre Kontaktperson

Bei Fragen hilft Ihnen Matthias Weiland gerne weiter.

T: +49 341 1267-1265
F: +49 341 1267-1422
E: matthias.weiland@leipzig.ihk.de

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