Außenwirtschaftsnachrichten 12/2023

Die Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten und die EU Die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) ist eine regionale Organisation in Westafrika, die seit ihrer Gründung im Jahr 1975 eine entscheidende Rolle bei der Förderung der regionalen Integration, wirtschaftlichen Entwicklung und des Friedens spielt. Heute ist das Bündnis eines der wichtigsten Player auf dem Kontinent. ECOWAS geht auf den Wunsch nach wirtschaftlicher Zusammenarbeit und Integration zwischen den westafrikanischen Nationen zurück. Die Idee, eine regionale Organisation zu gründen, gewann in den 1960er und 1970er Jahren an Fahrt, als die neu unabhängigen afrikanischen Staaten versuchten, das Erbe des Kolonialismus zu überwinden und ihre wirtschaftlichen Interessen zu fördern. Der Vertrag von Lagos, der 1975 unterzeichnet wurde, hat offiziell ECOWAS gegründet mit dem Hauptziel, die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Integration zwischen den Mitgliedsstaaten zu fördern. Mitglieder der ECOWAS sind Benin, Burkina Faso, die Kapverden, Côte d’Ivoire, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Liberia, Mali, Niger, Nigeria, Senegal, Sierra Leone und Togo. Die Kommission der ECOWAS hat ihren Sitz in Abuja, der Hauptstadt Nigerias. Nigeria ist gleichzeitig das bevölkerungsreichste und wirtschaftlich entwickeltste Land der Gemeinschaft. In den letzten Jahren hat ECOWAS ein bemerkenswertes Wirtschaftswachstum erlebt, das zu einer Verbesserung des Lebensstandards und zu erweiterten Möglichkeiten für seine Bürger geführt hat. Verschiedene Schlüsselfaktoren tragen zu diesem Wachstum bei: Die Basis für eine gute Entwicklung Allen voran die reichen natürlichen Ressourcen. Die reichliche Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen, darunter Öl, Mineralien und landwirtschaftliche Produkte, hat zu Exporteinnahmen und Deviseneinnahmen beigetragen. Auch mit Blick auf eine fossilfreie Zukunft stellen sich die natürlichen Bedingungen der Region, etwa für die Erzeugung grünen Wasserstoffes oder grünen Ammoniaks, als sehr gut dar. Die ECOWAS-Staaten verzeichnen alle ein deutliches Bevölkerungswachstum, insbesondere Nigeria mit 2,4 Prozent jährlichem Zuwachs und Niger mit 3,7 Prozent. Die rapide wachsende Bevölkerung der Region bietet einen bedeutenden Arbeitskräfte- und Konsumentenmarkt, der eine demografische Dividende für die wirtschaftliche Expansion darstellt. Allerdings muss auch festgehalten werden, dass etwa in Nigeria die Bevölkerung deutlich schneller gewachsen ist als die Wirtschaftsleistung. Bemühungen zur Verringerung von Handelshemmnissen und zur Förderung des innerhalb ECOWAS stattfindenden Handels haben die Bewegung von Waren und Dienstleistungen innerhalb der Region erleichtert, was das wirtschaftliche Wachstum stimuliert hat. Hier folgt die ECOWAS dem Vorbild des EU-Binnenmarktes, wenngleich auch noch keine derart tiefe Integration besteht. Es wird seit Längerem über die Einführung einer gemeinsamen Währung in der ECOWAS diskutiert. Eine solche ist zeitnah jedoch nicht zu erwarten. Investitionen, auch aus Europa, in die Infrastruktur, einschließlich Verkehrsnetze, Energieerzeugung und Telekommunikation, haben die Konnektivität und Handelseffizienz verbessert und die wirtschaftliche Aktivität angeregt. Geopolitik als Störfaktor Der Fokus der Weltöffentlichkeit lag zuletzt im Spätsommer dieses Jahres auf den Mitgliedern der ECOWAS. Es reihte sich ein Militärputsch an den nächsten, zuletzt in Niger. Dieser Putsch in einem Land, in dem die EU mit der „EU Military Partnership Mission in Niger“ versuchte, die gewählte Regierung zu stabilisieren, war jedoch nur das jüngste Ereignis einer Reihe von erfolgreichen Putschversuchen in der Region. Es lassen sich seit 2020 acht erfolgreiche Coups im Westen des Kontinents aufzählen: zweimal in Mali, zweimal in Burkina Faso, außerdem in Tschad, in Guinea, Niger und in Gabun. Dies weist eindrücklich auf die Schwierigkeiten des Marktumfeldes in der Region hin. Wobei bei dieser Betrachtung erwähnt werden muss, dass die geopolitischen Einflüsse relevanter Akteure auf dem Kontinent, etwa Russlands, ersichtlich unter anderem durch die Präsenz der Söldnergruppe Wagner in der Region, oder Frankreichs mit einem Antiterror-Kampfeinsatz von 2014 bis 2022 in Mali, die Lage zuletzt nicht verbessert haben. Die geopolitische Lage in der Region ist vielschichtig und ihre Auswirkung auf Handel und Investitionen sind komplex. Bei einem Engagement in der Region ist es nützlich, diese zuvor gründlich zu analysieren. Partnerschaft in der Zukunft Vor diesem komplexen Hintergrund sind auch die Beziehungen der ECOWASStaaten und der EU zu betrachten. Die Partnerschaft der EU mit der ECOWAS, die 1975 mit dem Lomé-Abkommen begann und 2000 durch das CotonouAbkommen weiter gefestigt wurde, Foto: © Bassey – stock.adobe.com 5 Außenwirtschaftsnachrichten 12/2023 Länder und Märkte

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