Das Leipziger SO USE Team
Gespräch mit Ben Kamran Wollscheid

Wir haben uns auf die Herausforderungen gefreut

25. August 2022

Fachkräftemangel, Digitalisierung, innovative Ideenfindung im Transformationsprozess. Das alles sind große Themen. Was spricht also dagegen, diese Themen einfach mal miteinander zu denken?

Im Rahmen der Erstellung der WIRTSCHAFT Spezialausgabe zum Thema Start-ups trafen wir auf Ben Kamran Wollscheid, einen der Geschäftsführer der Horeca Digital System GmbH.

WIRTSCHAFT ONLINE: Sie sind der Gründer der Horeca Digital System GmbH, mit der Sie SO’USE entwickelt und auf den Markt gebracht haben. Können Sie uns bitte einmal kurz sagen, was SO’USE ist?

Ben Kamran Wollscheid: SO’USE ist ein digitales Self-Ordering-System. Wir bieten Gastronomen und deren Gästen ein bequemes Bestell- und Zahlungserlebnis, indem wir derartige Prozesse vollständig digitalisieren und nahtlos in das vorhandene Kassensystem des Gastronomen integrieren.

Indem wir das eigenständige, digitale Bestellen und Bezahlen durch den Gast einfach machen und eine tolle Nutzererfahrung schaffen, möchten wir Gastronomen unterstützen, Personalengpässe abzufedern und das große Thema Personalmangel etwas abmildern.

Mit SO‘USE scannen Gäste mit ihrem eigenen Smartphone einen QR-Code auf dem Tisch und gelangen so in eine Art Online-Shop des Restaurants oder der Bar, in dem sie mit wenigen Klicks bestellen und bezahlen können. Die Bestellung wird nahtlos vom Kassensystem erfasst, es wird ein Bon gedruckt usw. – genau so, als wäre sie manuell in die Kasse eingebucht worden. Die fertige Bestellung wird anschließend zubereitet und an den Tisch gebracht. Bezahlt wird über Bezahldienste wie Paypal oder Stripe; alternativ auch in bar, sofern das dem Wunsch des Gastronomen entspricht. Das heißt: kein Warten mehr, dafür mehr Bestellungen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Welches waren die größten Herausforderungen bei Gründung?

Ben Kamran Wollscheid: SO’USE war unsere erste Gründung. Meine Mitgründer und ich haben uns während unseres Bachelor-Studiums dazu entschieden, SO’USE zu gründen, anfänglich noch mit einer etwas anderen Geschäftsidee. Diese Idee hat sich dann, nachdem wir unsere Ideen und Konzepte in die Praxis überführt haben, etwas gewandelt und zu dem entwickelt, was SO’USE heute ist. Rückblickend betrachtet bestand für uns die größte Herausforderung darin, die Komplexität einer Gründung in all ihren Facetten nachzuvollziehen. Wir sind sehr pragmatisch an das Thema herangegangen und haben uns von Vornherein sehr auf die damit einhergehenden Herausforderungen gefreut. Gleichzeitig wussten wir aber überhaupt nicht, was alles auf uns zukommt. Vor dem Hintergrund war die gesamte Gründung eine Herausforderung, in deren Rahmen wir allerdings wahnsinnig viel gelernt und tolle Erfahrungen gemacht haben.

Wenn ich diese Zeit auf die größte Herausforderung für uns runterbreche, dann ist es wahrscheinlich die, dass wir ganz am Anfang kein IT-Knowhow im Gründerteam hatten, aber ein IT-bezogenes Produkt bauen wollten. Das IT-Knowhow haben wir erst etwas nachgelagert im Team dazubekommen und konnten diesen Bereich dann beständig weiter ausbauen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Wie haben Sie diese Probleme gelöst?

Ben Kamran Wollscheid: Wir haben derartige Probleme anfänglich immer kollektiv gelöst, indem wir im Gründerkreis gemeinsam Lösungen diskutiert und erarbeitet haben. Dadurch haben wir gemeinsam aus allen anfänglichen Problemen gelernt und uns nach und nach stärker spezialisiert, bis wir irgendwann in die Positionen und Verantwortungsbereiche reingewachsen sind, in denen wir uns heute wiederfinden. Ich glaube, durch dieses Vorgehen haben wir in der Praxis bestmöglich herausgefunden, wo unsere individuellen Stärken liegen und wie wir sie bestmöglich im Unternehmen verteilen und kombinieren können. Diese Erkenntnisse helfen uns noch heute weiter.

WIRTSCHAFT: Für Menschen, die nicht im digitalen Raum arbeiten, stellt sich die Frage, woran Sie da eigentlich jeden Tag arbeiten. Das Produkt ist ja mit SO’USE da und wird angenommen. Was wird nachverfeinert? Wo sind die heutigen Problemstellungen zu sehen?

Ben Kamran Wollscheid: Ein Produkt wie unseres ist im klassischen Sinne nie „fertig“. Selbstverständlich stehen eine gewisse Produktvision und ein gewisser Produktkern, der maßgeblich für weitere Entwicklungen und Ergänzungen ist. Das Produkt in all seinen Facetten entwickelt sich aber beständig weiter und passt sich den Wünschen, Anforderungen und Gegebenheiten des Marktes und unserer Kunden an.

Unabhängig von der tatsächlichen Produktentwicklung entwickeln sich unsere operativen Geschäftsbereiche beständig weiter, beispielsweise im Vertrieb, Marketing oder im Customer Success. Wir gehen mittlerweile auf die 1.000 Gastronomie-Kunden zu. Mit der steigenden Kundenzahl und damit einhergehenden Auslastung unseres Systems nimmt der operative Aufwand in allen Bereichen fortlaufend zu, sodass wir hier beständig Prozesse weiterentwickeln und unser Team ausbauen.

Außerdem bauen wir gegenwärtig unseren Commercial-Geschäftsbereich intensiv aus. Wir denken Self-Ordering als Werbe- und Verkaufskanal für die Getränkeindustrie. Nahezu alle werbeintensiven Marken nutzen die Gastronomie, um ihre Marken aufzubauen, für Brand-Awareness und Brand Value zu sorgen. Die Gastronomie ist werbe- und marketingtechnisch sehr wichtig für die Getränkehersteller, wird aber momentan ausschließlich mit analogen Mitteln wie Bieruntersetzern, Gläsern, Feuerzeugen oder Aschenbechern bespielt. Das ist alles teuer, logistisch aufwändig, nicht nachhaltig und der Erfolg ist kaum messbar. Wir sind mit SO‘USE direkt auf dem Smartphone des Konsumenten, der gerade bestellen möchte – perfekt für die Getränkeindustrie, die sich ihm präsentieren möchte. Dieser Bereich wird, mit wachsender Reichweite unsererseits, relevanter für unser Gesamtgeschäft, sodass wir hierauf auch in Zukunft verstärkt Ressourcen allokieren werden.

WIRTSCHAFT ONLINE: Mittlerweile laufen mehr als eine Million Bestellungen pro Monat über SO’USE – das sind doch extreme Datenberge. Wie können diese sicher gehalten werden? Wie viele Sicherheitsmitarbeitende sind in Ihrem Team?

Ben Kamran Wollscheid: SO‘USE trägt als webbasierte Buchungsplattform eine große datenschutzrechtliche Verantwortung. Aus diesem Grund haben wir bei der Entwicklung des Systems von Anfang an die Anonymität und die Rechte der NutzerInnen sowie ServicemitarbeiterInnen an ihren personenbezogenen Daten in den Vordergrund gestellt. Im Gegensatz zu anderen Buchungsplattformen oder E-Commerce-Unternehmen erstellen wir keine Profile unserer NutzerInnen. Grundsätzlich gilt, dass wir die wenigen Daten, die von NutzerInnen erhoben werden, ausschließlich für innerbetriebliche Prozesse verwenden, die ohne die Erhebung dieser Daten nicht umsetzbar sind. Wir speichern unsere Daten allesamt DSGVO-konform auf deutschen Servern und halten hier alle geltenden Standards streng ein. Wir verfügen über ein mehrstufiges Servercluster, das wir A) je nach Auslastung erweitern können und das B) sicherstellt, dass wir auch bei Ausfällen eines Servers im Cluster keine Datenverluste riskieren.

WIRTSCHAFT ONLINE: Was war der eigentliche Grund für Ihre Gründung 2018?

Ben Kamran Wollscheid: Die initiale Idee hinter der Gründung von SO’USE war, Bestell- und Bezahlvorgänge in Clubs und auf Festivals zu digitalisieren. Wir hatten vor der Gründung eine recht einfache Vision im Kopf: „Wie toll wäre es, wenn ich meinen Drink im Club oder auf einem Festival bequem per Smartphone bestellen und bezahlen könnte?“. Um hier kurz auszuholen: diese Idee ist darauf zurückzuführen, dass meine Mitgründer und ich bereits zu Schulzeiten kommerzielle Partys veranstaltet haben, die sich damals von Party zu Party professionalisiert und vergrößerten. Wir waren bereits damals nicht begeistert davon, wie restriktiv Bestell- und Bezahlvorgänge in Clubs ablaufen. Meistens kann ich lediglich mit Bargeld bezahlen und es ist in der Regel unvermeidbar, dass ich eine gefühlte Ewigkeit auf meinen Drink warte. Unsere anfängliche Gründungsidee resultiert aus all den Erfahrungen, die wir gemeinsam in dieser Zeit gesammelt haben.

WIRTSCHAFT ONLINE: Wie viele Menschen arbeiten in Ihrem Team und wie ist es mit der Fluktuation? Wo finden Sie Fachkräfte?

Ben Kamran Wollscheid: Wir beschäftigen aktuell 32 Menschen in unserem Team, zu einem großen Teil an unseren beiden Hauptstandorten in Leipzig und Hamburg. Der Rest unseres Teams ist remote in ganz Deutschland, Spanien, Nepal und Sri Lanka angesiedelt. Wir haben eine verhältnismäßig niedrige Fluktuation, was ich darauf zurückführe, dass wir es seit unserer Gründung sehr gut geschafft haben, neuen wie auch bestehenden Team-Mitgliedern unsere Vision einfach aber eindringlich zu vermitteln. Wir wissen im gesamten Team genau, wo wir gemeinsam hinwollen und was das langfristige Ziel von SO’USE ist. Darauf sind wir sehr stolz und das schweißt uns als Team zusammen.

Neue Team-Mitglieder finden wir auf unterschiedlichen Kanälen, das variiert recht stark je nach Profil bzw. Stelle, die wir ausschreiben. Hier konnten wir unser Team in der Vergangenheit sowohl über bekannte Job-Portale wie beispielsweise join, als auch über LinkedIn oder Empfehlungen bzw. Vermittlungen aus dem Netzwerk und bestehender Team-Mitglieder erfolgreich erweitern.

WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, Herr Ben Kamran Wollscheid, für Ihre Zeit und dass Sie uns Einblick gewährten.

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