WIRTSCHAFT Interview

Entwicklungen in der Energieversorgung

Dr. Maik Piehler, seit Juli 2019 Geschäftsführer der Stadtwerke Leipzig GmbH zum Thema Energieversorgung und wie die Klimaziele erreicht werden können.

 

Seit wann befasst sich Ihr Unternehmen mit umwelt-/klimabedingt technologischen Umstellungen im Geschäftsbetrieb?

Nachhaltigkeit und Klimaschutz gehören zur DNA der Leipziger Stadtwerke als kommunales Infrastrukturunternehmens. Daher haben wir in den letzten Jahrzehnten bei jeder größeren Investitionsentscheidung die Balance zwischen Ökologie, Ökonomie und Versorgungssicherheit gewahrt. Insbesondere unsere hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen-Anlagen leisten einen Beitrag zur CO2-Minderung vor Ort. Daneben engagieren wir uns breitflächig in Biomassekraftwerken, Solarthermie, Freiflächen-Sonnenenergie und Windenergieanlagen. 

 

Erachtet Ihr Unternehmen die klimapolitischen Vorgaben der EU, die Treibhausgasemissionen in Europa bis 2030, um mindestens 55% zu senken, als realistisch?

Grundsätzlich befürworten wir die Reform der EU-Emissionshandelsrichtline. Dadurch wird mit einem marktwirtschaftlichen Instrument gewährleistet, dass die Klimaziele erreicht werden können. Die Leipziger Stadtwerke unterstützen die ambitionierten Ziele der Bunderegierung und der europäischen Kommission. Voraussetzung für deren Erreichung ist die Anpassung wesentlicher politscher und auch gesellschaftlicher Rahmenbedingungen.

 

Was tut Ihr Unternehmen, um die vorgegebenen Ziele zu erreichen? 

Wir haben bereits im Jahr 2019 mit der Transformation der Fernwärme begonnen. Wir werden im Jahr 2022 eine neue hocheffiziente und wasserstofftaugliche KWK-Ablage im Süden von Leipzig in Betrieb nehmen. Wir bauen kontinuierlich unser Portfolio an erneuerbaren Energien aus und bieten unseren Kunden klimaneutrale Strom- und Wärmeprodukte an. In 2021 haben wir mit L-Strom.Drive und 360°- Ladelösungen für Geschäftskunden erfolgreich neue Produkte am Markt platziert. 

 

Welche Auswirkungen könnten die EU-Klimaschutzvorgaben auf Ihre Geschäftstätigkeit und Ihr Engagement im Kammerbezirk Leipzig haben?

Konkrete Auswirkungen sind aktuell schwer abschätzbar. Wir sehen die großen Herausforderungen in Europa, in Deutschland und auch in Leipzig. Wichtig ist und bleibt für uns, die großen Hebel zu bewegen. Und das tun wir. So unterschreitet beispielsweise unser neues Gasheizkraftwerk schon mit der Inbetriebnahme die derzeit geltenden gesetzlichen Emissionsgrenzwerte deutlich. Und das ist nur der erste Schritt in unserem Stufenplan hin zu einer CO2-freien Wärmeversorgung.

 

Welchen Rahmen hält Ihr Unternehmen für nötig, um einerseits die EU-Klimaziele erreichen und andererseits Ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhalten zu können? 

Für die Erreichung der Klimaziele ist vor allem eine Entbürokratisierung der Genehmigungsprozesse für technische Großvorhaben und insbesondere auch für den Ausbau erneuerbarer Energien in der Region um Leipzig notwendig. Der Umbau erfordert erhebliche Anstrengungen und hohe Investitionen in neue, nachhaltige Technologien. Diesen Prozess begleiten wir mit großem Engagement. Wir benötigen für die Wärmewende die gleichen finanziellen Ausstattungen, die bereits gegenwärtig durch die Bundesregierung zur Förderung der energetischen Gebäudesanierung zur Verfügung gestellt werden. Zudem sollten die Rahmenbedingungen für Umlagen, Abgaben und anderer finanziellen Belastungen der Anlagenbetreiber auf die Förderung der Transformation angepasst werden. 

 

Welche Auswirkungen hat für Ihr Unternehmen die von der EU geplante Reform des Emissionshandels auch bezüglich der betriebenen Kraftwerke und KWK-Anlagen?

Die schnellere Verringerung der zur Verfügung stehenden CO2-Zertifikate hat im Bereich der fossilen Energieträger einen preislichen Effekt. Schrittweise wird damit die Dekarbonisierung in allen Sektoren bis 2045 umgesetzt, auch durch die Einführung eines zunächst separaten Emissionshandels für Gebäude und Verkehr. Der CO2-Preis ist aber nicht der einzige Kostenfaktor, was wir gerade am Markt für Erdgas sehen. Mit unseren hocheffiziente und modernen Kraftwerken - so ist das Kraftwerk Süd bereits von der Konzeption auf einen Wasserstoffbetrieb ausgelegt - sehen wir uns auf diesem Weg gut gerüstet.