BRÖCKELNDE BRÜCKEN: Infrastruktur und Bürokratie WIRTSCHAFT GEMEINSAM MEHR BEWEGEN. HERBST 2025
2 Seite 12 Lesen Sie weiter auf Seite Sachsens Infrastruktur steckt im Stau fest Fehlende Investitionen, marode Brücken, schleppende Genehmigungen – Ursachen und Lösungsansätze 7 Seite „Rahmani ist längst integriert!“ Bürokratische Hürden im Leipziger Modeatelier 3XPERTS: Digital bauen – Bürokratie vermeiden Tauchaer Ingenieure zeigen, wie automatisierte Prozesse und BIM-Technologie Baukosten senken 6 Seite Warum Bürokratie unsere Wirtschaft lähmt Interview mit Dr. Gert Ziener über Überregulierung, Gold-Plating und Kulturwandel in der Verwaltung 4 Seite 16 Seite Flughäfen unter Druck Leipzig/Halle und Dresden drohen im Wettbewerb abgehängt zu werden – die IHK fordert klares Bekenntnis zur Luftverkehrsanbindung „Wir werden unsere Strukturen verändern müssen ...“ Chef der Staatskanzlei Dr. Andreas Handschuh 8 Seite Ein Netz voller Zukunftsenergie Chancen für Sachsen als Energiestandort der Zukunft 22 Seite „Nicht bauen ist keine Alternative“ Wie Großbaustellen in Leipzig Handel und Verkehr herausfordern 18 Seite INHALT
Seite 3 Editorial......................................................................................... 3 Bürokratie Spezial Warum Bürokratie unsere Wirtschaft lähmt .....................4 Digital bauen – Bürokratie vermeiden ................................6 „Rahmani ist längst integriert“ ............................................7 Entlastungsstelle Sachsen........................................................8 Bürokratie in Zahlen................................................................10 Infrastruktur & Wirtschaftspolitik Sondervermögen Infrastruktur.............................................11 Sachsens Infrastruktur im Stau...........................................12 S-Bahn-Verbindungen kürzen?............................................14 „Das Leben hört nicht an der Landesgrenze auf!“..........15 Flughäfen unter Druck...........................................................16 B87n im Planungsstillstand.................................................17 „Nicht bauen ist keine Alternative“....................................18 Breitbandausbau für Nordsachsen.....................................20 Ein Netz voller Zukunftsenergie..........................................22 Veranstaltungshinweise......................................................... 24 Liebe Leserin, lieber Leser, Bürokratie ist kein Nebenthema – sie ist eines der größten Wachstumshemmnisse unserer Region. Unternehmen werden ausgebremst, Investitionen verzögert, Chancen verspielt. Und das nicht erst seit gestern: Die Verfahren sind über Jahre immer komplizierter geworden. Heute verursacht Bürokratie jährlich in Deutschland einen wirtschaftlichen Schaden von rund 146 Milliarden Euro. Unsere Betriebe haben die Geduld verloren. In Umfragen nennen 95 Prozent Bürokratieabbau als dringendste Aufgabe, 70 Prozent fordern schnellere Genehmigungen. Klarer kann ein Auftrag an die Politik nicht sein. Doch in Sachsen erleben wir: Selbst vorhandenes Geld wird zu langsam ausgegeben, weil Vorschriften und Nach- weise den Prozess lähmen. Das ist ein hausgemachtes Problem – und es kostet uns alle Wettbewerbsfähigkeit. Wir als IHK fordern: weniger Vorschriften, weniger Kontrolle um der Kontrolle willen, schnellere Entscheidungen. Dafür setzen wir uns ein – mit klaren Vorschlägen, die wir an die Politik herantragen. Und wir zeigen in diesem Magazin, wie absurd die Lage inzwischen ist: Unternehmerinnen und Unternehmer berichten aus ihrem Alltag, ein Bürgermeister schildert ein besonders groteskes Beispiel. Und wir sprechen mit der Staatskanzlei über die Koordinierungsstelle Bürokratieentlastung. Unsere Position ist klar: Bürokratie darf Wachstum und Innovation nicht länger blockieren. Zudem arbeiten wir an den Zukunftsthemen der Region: Wasserstoff, Breitband, Glasfaser, Flughafen Leipzig/Halle. Auch dort braucht es Tempo, damit unsere Wirtschaft nicht den Anschluss verliert. Es ist Zeit, dass die Politik handelt. Wir stehen bereit – mit Ideen, mit Expertise, mit klaren Forderungen. Ihr Kristian Kirpal Präsident der IHK zu Leipzig Bröckelnde Brücken: Infrastruktur und Bürokratie Heute verursacht Bürokratie jährlich in Deutschland einen wirtschaftlichen Schaden von rund 146 Milliarden €. EDITORIAL
4 Seite Warum Bürokratie unsere Wirtschaft lähmt Zu viele Regeln, zu wenig Freiheit: Dr. Gert Ziener Geschäftsführer Grundsatzfragen IHK zu Leipzig Deutschland ist stolz auf seine Ordnung – doch genau diese Detailverliebtheit macht uns inzwischen träge. Im Interview spricht Dr. Gert Ziener, Geschäftsführer Grundsatzfragen der IHK zu Leipzig, über die Folgen für Unternehmen, über „Gold-Plating“ – und darüber, wie wir Verwaltung wieder pragmatischer angehen können. Guten Tag, Herr Dr. Ziener. Sie sagen, Bürokratie sei nicht per se schlecht. Wo liegt dann das Problem? Dr. Ziener: Eine Gesellschaft braucht Regeln, sonst funktioniert das Zusammenleben nicht. Das eigentliche Problem in Deutschland ist aber die Detailversessenheit. Wir haben die Tradition, alles bis ins Kleinste regeln zu wollen – und zwar oft doppelt oder widersprüchlich. So gibt es beispielsweise das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene. Am Ende stehen Unternehmen vor einem Berg von Auflagen, die sich überschneiden, widersprechen und sie schlichtweg lähmen. Hinzu kommt das berühmte „Behörden-Pingpong“, wenn mehrere Institutionen zuständig sind und sich gegenseitig die Verantwortung zuschieben. Können Sie ein Beispiel nennen, wie sich das in der Praxis auswirkt? Dr. Ziener: Im Leipziger Neuseenland würden Unternehmen gerne den Wassertourismus und Sportlerinnen und Sportler den Wassersport weiter voranbringen. Für den Standort eigentlich eine gute Sache. Doch es gibt seit Jahren keine abschließende Schiffbarkeitserklärung. Genehmigungen müssen jedes Jahr neu beantragt werden. Meist sind mehrere Behörden an den Verfahren beteiligt, was alles noch komplizierter macht. Solche Verfahren dauern Jahre und entmutigen Investoren. Unternehmen verlieren dadurch Zeit, Lust, Geld und Planungssicherheit. Wieso ist die Bürokratielast in Deutschland besonders hoch? Dr. Ziener: Ein Grund ist das sogenannte Gold-Plating: Wir neigen dazu, EU-Vorgaben nicht nur eins zu eins umzusetzen, sondern überzuerfüllen. Hinzu kommt unsere deutsche Akribie – mehr als 500 neue Gesetze hat der Bundestag in der vergangenen Legislaturperiode beschlossen. Das schafft eine Detaildichte, die kaum noch jemand überblicken kann. Eigentlich gilt in einer Marktwirtschaft: Der Wettbewerb bringt oft die besten Lösungen hervor. Doch hierzulande greift das Ordnungsrecht oft auch dann ein, wenn der Markt gut funktioniert. Das ist Überregulierung – und sie schwächt Vertrauen und Eigeninitiative. Ist Bürokratie also ein rein deutsches Problem? Dr. Ziener: Nein. Die EU produziert selbst viele Auflagen. Gerade in den Bereichen Klima und Umwelt ist dies in der Sache oft wichtig, aber die Vorgaben sind häufig zu streng und nur mit sehr großem Aufwand zu erfüllen. Die europäische Überregulierung geht zulasten der Grundfreiheiten des Binnenmarktes – also genau jener Prinzipien, die Europa groß und stark gemacht haben. Die EU hat das erkannt und rudert inzwischen teilweise zurück, etwa mit den sogenannten Omnibusverfahren, die Entlastung bringen sollen. Welche Rolle spielen Behörden und Verwaltung selbst? Dr. Ziener: Eine große Rolle. In den 1990er-Jahren gab es in den Behörden mehr Ermessensspielräume; Entscheidungen wurden pragmatischer getroffen. Heute überwiegt das „Absichern“ – lieber noch ein Passus, noch ein Formular, noch ein Gutachten. Die Folge sind langwierige, lähmende Verfahren. Dabei hängt viel von den Menschen ab: Führungskräfte in den Verwaltungen, aber auch die Ausbildung an den Verwaltungshochschulen. Dort müsste ein Geist vermittelt werden, Gesetze so zu gestalten und anzuwenden, dass sie unternehmerisches Handeln erleichtern und Investitionen ermöglichen – nicht verhindern. Wir brauchen mehr Mut, mehr Freiheitsgrade und einen echten Kulturwandel in den Amtsstuben. „Verwaltung in Deutschland: noch ein Passus, noch ein Haken, noch ein Einwand.“
Wie stellt sich die Lage speziell in Sachsen dar? Dr. Ziener: Sachsen hat keine Sonderrolle – die Bürokratieprobleme sind bundesweit ähnlich. Aber es gibt regionale Unterschiede, wie es unsere jüngste Standortzufriedenheitsstudie verdeutlicht. Manche Kommunen arbeiten zügig, andere sind extrem schwerfällig. Gerade kleinere Unternehmen berichten von endlosen Bearbeitungszeiten; sie leiden unter den hohen Auflagen. Oft entscheidet die Haltung vor Ort: Gibt es Führung, die pragmatisch denkt? Dass es funktionieren kann, zeigt sich immer dann, wenn Großinvestoren an die Tür klopfen, siehe aktuell Dresden, wo die Chipfabrik TSMC vergleichsweise schnell errichtet werden kann. Das macht deutlich, dass Schnelligkeit und Vereinfachung grundsätzlich möglich sind – aber nur, wenn Verwaltung und Politik es wirklich wollen. Was erleben Unternehmen auf der kommunalen Ebene besonders stark? Dr. Ziener: Während es bei großen Investoren oft zügig und reibungslos läuft, dauert es für den einfachen Mittelständler oft länger – dabei machen kleine und mittlere Unternehmen über 90 Prozent unserer Wirtschaft aus. Auf Anstoß der IHK zu Leipzig wurde 2016 vom Stadtrat die Initiative „Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung“ beschlossen, um Prozesse zu digitalisieren, Mitarbeitende zu qualifizieren und pragmatische Entscheidungen zu ermöglichen. Leider wurde das Programm im Rathaus nicht durchweg umgesetzt und konsequent weitergeführt. Aus unserer Sicht ist es daher höchste Zeit, das Projekt wieder aufzugreifen. Ein halbes Jahr nach Veröffentlichung des Deutschlandplans: Wie bewerten Sie die jüngsten Vorstöße von Bund und Land beim Bürokratieabbau – und was fordern Sie jetzt von der Politik? Dr. Ziener: Es ist zu begrüßen, dass sowohl der Bund als auch Sachsen das Thema Bürokratieabbau anpacken. Aber ehrlich gesagt: Gremien, die sich damit befasst haben, gab es schon viele; zu oft blieb es jedoch bei Ankündigungen – und Vorschläge wurden eben nicht umgesetzt. Entscheidend ist, dass messbare Ergebnisse jetzt schnell kommen. Gold-Plating bei EU-Vorgaben soll künftig unterbleiben – das ist gut, aber auch nur das Minimum. Wir brauchen vor allem weniger neue Gesetze und die Entrümpelung überflüssiger Regelungen. Sachsen geht mit der Überprüfung von Schriftformerfordernissen und Praxistauglichkeitschecks einen Schritt in die richtige Richtung. Nur darf das nicht in neuem Aufwand enden. Statt weitere Behörden aufzubauen, müssen Verfahren gebündelt, digitalisiert und beschleunigt werden. OneStop-Shops für Genehmigungen wären ein echter Fortschritt. Hinzu kommt: In den nächsten Jahren geht ein Drittel der Beamten und Verwaltungsbediensteten in den Ruhestand – das eröffnet die Chance, Verwaltung gezielt zu verschlanken und Prozesse mit Digitalisierung und KI neu aufzustellen. Unser Fazit: Weniger Komplexität, mehr Pragmatismus. Nur so schaffen wir die Freiräume, die Unternehmen für Investitionen, Innovation und sichere Arbeitsplätze brauchen. Dafür bleibt die IHK zu Leipzig mit dem Deutschlandplan hartnäckig am Ball. Mehr konkrete Lösungsansätze der IHK zu Leipzig finden sich im Grundsatzpapier Unser Plan für Deutschland – Was bis 2030 angepackt werden muss: www.wirtschaftnachvorn.de Seite 5 „Mehr Mut, mehr Ermessensspielraum, mehr Pragmatismus – das ist der Weg.“ BÜROKRATIE Diese finanzielle Last trägt der Mittelstand jährlich allein für seinen Bürokratieaufwand – also etwa 3,9 % seiner Personalausgaben.* … mit dem höchsten Erfüllungsaufwand im Mittelstand*: Steuerangelegenheiten, Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten, Rechnungswesen, Statistische Auskunfts- und Meldepflichten, Anforderungen der Sozialversicherungsträger. Diese Summe geht Deutschland jährlich durch überbordende Bürokratie verloren.** In den vergangenen 15 Jahren ist das Gesetzesvolumen in Deutschland um etwa 60 % angewachsen: von rund 24.775 Seiten im Jahr 2010 auf 39.536 Seiten Anfang 2025.*** Beim internationalen Ranking in der Kategorie „Starting a Business“, die den Aufwand für Unternehmen bei Neugründungen misst, liegt Deutschland abgeschlagen im hinteren Drittel.**** … der Arbeitszeitmenge entfielen 2024 im Mittelstand auf bürokratische Prozesse.* O⁄ 7 % DER ARBEITSZEIT DER BESCHÄFTIGTEN ≈ 61 Mrd. € PERSONALKOSTEN 5 BEREICHE BIS ZU 146 Mrd. € VERLUST AN WIRTSCHAFTSLEISTUNG + 14.761 DIN-A4-NORMSEITEN GESETZESVOLUMEN „STARTING A BUSINESS“: Platz 125 VON 190 LÄNDERN Quellen * KfW-Mittelstandspanel 2025. ** ifo-Studie: Entgangene Wirtschaftsleistung durch hohen Bürokratieaufwand, 2024. *** Bürokratie-Index (ESMT Berlin/Buzer.de), 2025. **** Economy-Profile der World Bank – Doing Business 2020. Deutsche Bürokratie in Zahlen
„Die Kombination aus 3D-Modellierung und Schnittstellen für digitale Anwendungen machen BIM zur digitalen Zukunft der Bauprozesse.“ Benjamin Heller 6 Seite Tauchaer 3XPERTS GmbH baut schon gegen die Bürokratie vor Bei gezieltem Einsatz der Technologie: 40 % BAUKOSTENSENKUNG Benjamin Heller, Geschäftsführer der 3XPERTS GmbH BÜROKRATIE Auch die Baubranche ächzt unter der Bürokratie. So hat der Bauindustrieverband Ost für Sachsen, Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg in einer Umfrage ermittelt, dass jedes zweite Unternehmen aufgrund bürokratischer Hürden bereits auf die Beteiligung an Bauprojekten verzichtet hat. Das Tauchaer Architekten- und Ingenieurbüro für bautechnische Gesamtplanung 3XPERTS GmbH hat von Anfang an sämtliche Prozesse digital und automatisiert aufgesetzt. Die selbst verwaltete Bürokratie ist dadurch sehr gering. „Was externe Bürokratie betrifft, gibt es schon einige Hürden“, sagt Benjamin Heller, Geschäftsführer von 3XPERTS GmbH. „Insbesondere die Förderung von Mitarbeitenden oder allgemeine Förderungsprogramme ziehen sich seit Monaten.“ Aufgrund der Prozessabläufe muss Heller glücklicherweise keine Arbeitskraft gänzlich für die Bürokratie abstellen. „Übergeordnet liegt das Problem an der Art ‚Projektmanagement‘ der Regierung und Behörden. Es werden Ziele festgelegt, bevor man sich Gedanken über den Ablauf macht“, rekapituliert Heller und verweist auf ein gerade für die Baubranche in den letzten Jahren bezeichnendes Themenfeld: „Bestes Beispiel war die Förderung der Wärmepumpen. Es wurde schnell beschlossen, wer was bekommt.“ Doch dann? „Den Antrag konnte man erst ein halbes Jahr später stellen und die Auszahlung hat dann erneut sechs Monate gebraucht. Somit war der Prozess erst ein Jahr nach Start vollständig. Das hat viele Beteiligte und Interessierte verunsichert und zu vielen Problemen geführt. Leider ist diese Geschichte symptomatisch für das Handeln der Regierung und Behörden. Schöne Ideen, aber keine Ahnung von der Umsetzung. Das erzeugt Bürokratie, die durch vernünftiges Projektmanagement verhindert werden könnte.“ Die 3XPERTS GmbH arbeitet schon längst an Bauen 2.0. Dafür agiert sie beispielhaft nachhaltig und digital, nutzt die digitale Planungsmethode BIM (Building Information Modeling) als Werkzeug. „Wer an Bauen in Deutschland denkt, denkt an Stapel von Plänen, dreifache Ausführung von Planung und Rollwägen an Ordnern, die am Ende noch von diversen baubezogenen Ämtern freigegeben werden müssen. BIM kann dies alles unter einem Dach vereinen und vereinfachen. Die Kombination aus 3D-Modellierung und Schnittstellen für digitale Anwendungen machen BIM zur digitalen Zukunft der Bauprozesse. Nach einer eigens angefertigten Studie könnten die Baukosten von nahezu allen Projekten durch den gezielten Einsatz dieser Technologie um mehr als 40 Prozent gesenkt werden“, so Heller. „Leider ist das größte Kunststück, dass die beteiligten Ämter diese Technologie adaptieren müssten.“
Schneider Rahmani arbeitet seit über vier Jahren bei DAVID VAN L. Seite 7 David van Laak und Alireza Rahmani „Rahmani ist längst integriert“ Bürokratische Hürden im Leipziger Modeatelier Lange Verfahren, unklare Anforderungen, schwierige Sprachtests: Der Fall Rahmani im Leipziger Modeatelier DAVID VAN L. zeigt, wie Bürokratie Betriebe belastet – und warum die IHK auf eine zentrale Anlaufstelle drängt. Präzision und Maßarbeit sind das Markenzeichen des Leipziger Modeateliers DAVID VAN L. Hier gibt es Herrenkonfektion auf höchstem Niveau, von klassischer Maßarbeit bis zu komplexen Anpassungen. Eine zentrale Rolle spielt Alireza Rahmani, erfahrener Schneider im Atelier. „In seiner Beurteilung von Schnitten verfügt er über so hohe Kompetenz, dass wir Änderungen durchführen können, die früher unmöglich waren“, sagt David van Laak, Inhaber und Geschäftsführer. „Die Arbeit bei van Laak war ein Glücksfall“ Vor knapp zehn Jahren kam Rahmani aus Afghanistan nach Deutschland, seit über vier Jahren arbeitet er für van Laak. „Damals war mein Deutsch schlecht, ich konnte nicht mal einen Lebenslauf schreiben. Trotzdem haben wir nach einer Stunde Probearbeit einen Vertrag gemacht – das war ein Glücksfall“, erinnert sich Rahmani. Ob er weiter in Deutschland arbeiten darf, entscheidet allerdings nicht sein Können als Schneider, sondern sein Aufenthaltsstatus – und der ist an Sprachtests gebunden. „Warum muss jemand, der längst integriert ist, Konjunktionen von Relativpronomen unterscheiden? Wir sind Herrenausstatter!“, ärgert sich van Laak. Für ihn sind die ständigen Anträge, Sprachkurse und unklaren Anforderungen eine Dauerbelastung: „Jedes Unternehmen braucht Perspektiven. Wenn mein Mitarbeiter keine Planungssicherheit hat, belastet das mich als Unternehmer gleichermaßen.“ Zukunft: ungewiss Rahmani hangelt sich von Duldung zu Duldung. „Mal sechs Monate, mal ein Jahr. Neun Jahre lang – das ist schwer für mich“, seufzt er. „Immer wieder die Frage: Werde ich abgeschoben?“ Laut Fachkräftemonitoring 2024 haben 57 Prozent der sächsischen Unternehmen Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Die sächsischen IHKs fordern daher eine zentrale Bearbeitungsstelle für beschäftigungsbezogene Aufenthaltstitel, verbunden mit einheitlichen Verfahren, kürzeren Fristen und mehr Planungssicherheit für Fachkräfte und Unternehmen. Auch van Laak sieht Handlungsbedarf: „Wer arbeiten will, soll arbeiten können – wenn das Unternehmen ihn für geeignet hält.“ Für ihn ist klar: „Sollte Herr Rahmani nicht bleiben können, müssen wir das mit großem Aufwand kompensieren.“ Rahmani bleibt optimistisch: „Wenn ich weiß, wie es weitergeht, können wir hier größere Pläne machen.“
„Wir werden unsere Strukturen verändern müssen, um die Handlungs- und Zukunftsfähigkeit des Freistaates zu sichern.“ 1.797 GESETZE MIT 52.401 EINZELNORMEN 2.866 RECHTSVERORDNUNGEN MIT 44.475 EINZELNORMEN „Wir schauen uns jede Regelung einzeln an und nehmen unnötige Belastungen zurück.“ 8 Seite BÜROKRATIE „Wir werden unsere Strukturen verändern müssen ...“ Chef der Staatskanzlei Dr. Andreas Handschuh Aktuell gelten in Deutschland auf Bundesebene 1.797 Gesetze mit 52.401 Einzelnormen sowie 2.866 Rechtsverordnungen mit 44.475 Einzelnormen. Da stellt sich natürlich die Frage: Ist die Regulierungswut noch einhegbar? In Sachsen gibt es jetzt eine Koordinierungsstelle Bürokratieentlastung, angebunden an die Sächsische Staatskanzlei. Wir sprachen mit dem Chef der Staatskanzlei Dr. Andreas Handschuh über Wege, die das Land Sachsen beim Bürokratieabbau zu beschreiten vorhat. Guten Tag, Herr Dr. Handschuh. Die sächsische Staatsregierung hat ein Maßnahmenpaket zur Bürokratieentlastung beschlossen. Auch die Organisationsstruktur des öffentlichen Dienstes soll auf Landesebene mit einer Untersuchung hinterfragt werden. Was geschieht aber dann mit den Ergebnissen dieser Untersuchung und bis wann geht diese? Dr. Handschuh: Im Juni 2025 wurde eine umfassende Analyse der Aufgaben und Standards im öffentlichen Dienst des Freistaates Sachsen gestartet. Das Ziel besteht darin, Verwaltungsleistungen zu optimieren, Prozesse zu vereinfachen und diese verstärkt zu digitalisieren, damit sie effizient und mit weniger Personal bewältigt werden können. Die Ressorts sind aufgefordert, bis Oktober Strukturveränderungs- und Optimierungspotenziale zu identifizieren und zu benennen. Bis Ende des Jahres werden daraus konkrete Arbeitspakete geschnürt und dem Kabinett vorgelegt. Die Ergebnisse fließen in die Haushaltsaufstellung für die Jahre 2027/2028 ein. Klar ist: Für spürbare Effekte der Bürokratieentlastung müssen wir Prozesse beschleunigen und Verwaltungsleistungen verlässlich erbringen. Wir werden unsere Strukturen verändern müssen, um die Handlungs- und Zukunftsfähigkeit des Freistaates zu sichern. Geplant ist, bis 2027 die Zahl der Bewilligungsstellen zur Förderung von Projekten und Maßnahmen in Sachsen von 56 auf fünf zu reduzieren. Dadurch werden ja auch im besten Falle Stellen in der Verwaltung reduziert. Was geschieht dann mit den mit diesen Prozessen beschäftigten Menschen? Und werden hier gar auch Gelder eingespart? Dr. Handschuh: Sachsen hat eine Förderlandschaft, die aktuell von einer Vielzahl an staatlichen Behörden und kommunalen Gebietskörperschaften ver- waltet wird. Um die Ausreichung von Fördermitteln für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen zu vereinfachen und zu verbessern, müssen wir den Fördervollzug deutlich konzentrieren. Dieser Prozess wurde nun angestoßen.
An den konkreten Vorschlägen, welche Förderrichtlinie künftig durch welche Bewilligungsstelle vollzogen werden soll, arbeiten wir derzeit. Mit Blick auf die demografische Entwicklung, die zunehmenden Herausforderungen bei der Personalrekrutierung und das Beschäftigungsniveau in der Wirtschaft müssen wir auch den öffentlichen Dienst an die Anzahl der Erwerbsfähigen anpassen. Hierzu haben wir eine umfassende Aufgaben- und Strukturkritik vorgenommen. Bis Ende des Jahres 2025 sollen alle Vorschriften im Sächsischen Landesrecht auf verschärfende Extras gegenüber dem Europäischen Recht überprüft werden. Und dann? Dr. Handschuh: Das Gold-Plating ist vorbei. Die Initiative zur Überprüfung unserer landeseigenen Vorschriften ist ein klares Bekenntnis zu mehr Augenmaß in der Gesetzgebung. Wir haben beschlossen, landesspezifische Regelungen zu identifizieren, die über Europäisches Recht hinausgehen. Wir schauen uns jede Regelung einzeln an und nehmen unnötige Belastungen zurück. Die Umsetzung neuer EU-Vorgaben erfolgt ab sofort nur noch mit dem gesetzlichen Mindestmaß, auf sächsische Sonderlösungen verzichten wir. Die dramatische Lage der regionalen Wirtschaft ist durch diverse Analysen und Studien nachgewiesen. Wie kann die sächsische Politik hier nachsteuern? Welche Sicht hat hier die Staatskanzlei? Dr. Handschuh: Das Potenzialwachstum Deutschlands in der Wirtschaftsleistung ist seit 2021 äußerst bescheiden. Hier müssen wir uns die Frage stellen, was die größten Wachstumshemmnisse sind und wo die Politik dringend ansetzen muss, um das Potenzial zu erhöhen. Die Staatsmodernisierung und die digitale Transformation müssen Vorrang haben vor neuen Aufgaben. Unsicherheiten für die Wirtschaft gerade im Bereich Energie und Investitionen müssen reduziert werden, der Steuerstandort muss wieder im internationalen Vergleich kompetitiv werden. Wir brauchen dringend eine Sozialstaatsreform. Der Faktor Arbeit bremst die Entwicklung. Der Freistaat hat diese Themen bei den Koalitionsverhandlungen des Bundes adressiert und setzt sich nunmehr für eine zügige Umsetzung ein. Das ganze Interview gibt es auf unserem Blog: WIRTSCHAFT ONLINE www.leipzig.ihk.de/wirtschaft BÜROKRATIEALARM: Ihr Praxisfall zählt! Mit dem IHK-Bürokratiemelder können Mitgliedsunternehmen bürokratische Belastungen aus dem Alltag melden. Ihre Beispiele helfen uns, gegenüber Politik und Verwaltung wirksam zu intervenieren. Auf Wunsch erhalten Sie auch individuelle Beratung: www.leipzig.ihk.de/ ihk-buerokratiemelder Chef der Sächsischen Staatskanzlei Dr. Andreas Handschuh Seite 9 Wir brauchen dringend eine Sozialstaatsreform.
10 Seite KATEGORIE 2,13 Bill.€ GESAMTAUSGABEN 2024 1/5 +7,1 % -146 Mrd. € WIRTSCHAFTSLEISTUNG 37 h VERSUS 1-4 h ARBEITSZEIT FÜR BÜROKRATIE PERSONAL KOSTEN STEIGERUNG ZUM VORJAHR BÜROKRATIE Handlungsbedarf: Bürokratie in Deutschland Der Standort Deutschland leidet unter wachsender Bürokratie und Verwaltungsaufwuchs – Zahlen, Fakten und Zusammenhänge verdeutlichen die Dimension: • Vorschriften-Dickicht: Unternehmen müssen derzeit 12.390 Informationspflichten erfüllen (Statistisches Bundesamt). Dies zeigt die enorme Komplexität und den administrativen Aufwand, der für Compliance und Berichtspflichten erforderlich ist. • Staatliche Ausgaben: Im Jahr 2024 betrugen die Gesamtausgaben des Staates rund 2,13 Billionen Euro. Etwa ein Fünftel entfiel auf Personalkosten, wie die Deutsche Bundesbank berichtet. Über die letzten Jahre ist ein stetiger Anstieg der Beschäftigtenzahlen im öffentlichen Sektor zu verzeichnen (siehe Diagramm). • Wirtschaftliche Kosten: Laut ifo Institut entgehen Deutschland jährlich bis zu 146 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung durch überbordende Bürokratie. • Digitalisierungspotenzial: Würde Deutschland bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung das Niveau von Dänemark erreichen, könnte die Wirtschaftsleistung jährlich um 96 Milliarden Euro steigen (Bürokratie-Index). • Internationaler Vergleich: Eine Sonderstudie der Stiftung Familienunternehmen zeigt: Für ein Standardexportgeschäft müssen deutsche Mitarbeitende 37 Stunden Bürokratiearbeit leisten. Deutschland liegt damit auf Platz 20 von 21 untersuchten OECD-Staaten. In zwölf dieser Länder dauert der Vorgang lediglich eine Stunde, in weiteren vier Ländern drei bis vier Stunden. Die Beispiele zeigen: Der Handlungsbedarf ist groß. Bürokratieabbau ist kein fernes Zukunftsthema, sondern jetzt eine dringende wirtschaftliche Notwendigkeit! Beschäftigten-Entwicklung seit 2015 Quelle: Bundesagentur für Arbeit
Seite 11 SONDERVERMÖGEN „INFRASTRUKTUR“ INFRASTRUKTUR Sondervermögen Infrastruktur: Chancen für Sachsen nutzen 500 Mrd. € +4,5 Mrd. € ZUSÄTZLICH FÜR SACHSEN 40 VORHABEN FÜR PROJEKTE MIT VOLKSWIRTSCHAFTLICHEM NUTZEN ELEKTRIFIZIERUNG DER BAHNSTRECKE LEIPZIG–DÖBELN NEUE STRASSENBAHNLINIEN IN LEIPZIG ENTWICKLUNG EINES INNOVATIONSCAMPUS AM FLUGHAFEN LEIPZIG/HALLE NEUBAU DER B87N BEI TAUCHA Nachdem der Bund Anfang 2025 das 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen „Infrastruktur“ auf den Weg gebracht hat, kann der Freistaat Sachsen in den kommenden zehn Jahren mit rund 4,5 Milliarden Euro zusätzlich rechnen. Die drei sächsischen IHKs – Leipzig, Dresden und Chemnitz – haben dazu eine Liste mit konkreten Vorschlägen vorgelegt: vom Straßenbau über die Schiene und den Öffentlichen Personennahverkehr bis hin zu Energie- und Forschungsprojekten. Allein im Kammerbezirk Leipzig wurden rund 40 Vorhaben benannt: darunter die Elektrifizierung der Bahnstrecke Leipzig–Döbeln, der Neubau der B87n bei Taucha, neue Straßenbahnlinien in Leipzig und die Entwicklung eines Innovationscampus am Flughafen Leipzig/Halle. Besonders deutlich positioniert sich auch die Vollversammlung der IHK zu Leipzig: In einer Resolution fordert sie, dass die Bundesmittel konsequent in Projekte mit volkswirtschaftlichem Nutzen fließen – und nicht in kleinteilige Einzelmaßnahmen. Gleichzeitig verlangt die Kammer eine deutliche Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, damit Investitionen schneller Wirkung entfalten können. Der Freistaat arbeitet derzeit an einem Verfahren, um die eingereichten Projekte auszuwählen und mit Landesmitteln zu fördern.
12 Seite Präsident der IHK zu Leipzig Kristian Kirpal Sachsens Infrastruktur steckt im Stau fest Straßen, Schulen und Breitbandnetze sind das Rückgrat einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Doch in Sachsen stockt es an genau diesen Stellen – weil im Freistaat zu wenig investiert wird. Ein Überblick zu den Ursachen, Auswirkungen und Lösungspotenzialen des Investitionsstaus. Marode Brücken, fehlender Schulunterricht Der Einsturz der Dresdner Carolabrücke im September 2024 hat es mit großer Symbolkraft deutlich gemacht: Sachsens Infrastruktur ist am Limit. Und das nicht erst seit gestern. Der Sächsische Rechnungshof stellt in seinem aktuellen Jahresbericht fest, dass bei mehr als der Hälfte der Staatsstraßen dringender Handlungsbedarf besteht. Das Gleiche gilt bei der Bildung – im gesellschaftlichen Verständnis von Infrastruktur – und dem Breitbandausbau: Im ersten Halbjahr 2024/25 fielen fast zehn Prozent des Schulunterrichts aus, und in vielen ländlichen Regionen sind Unternehmen noch fernab von GigabitAnschlüssen. Deutschlandweit beziffert das KfWKommunalpanel 2025 den Investitionsrückstand auf 215 Milliarden Euro. Gewaltige Summen mit dramatischen Folgen für die Zukunft, warnt Kristian Kirpal, Präsident der IHK zu Leipzig: „Wenn wir diese Investitionen heute nicht tätigen, wird das erhebliche Nachteile haben – bis hin zu weiter sinkenden Steuereinnahmen und Einschnitten im Haushalt.“ Direkte Folgen für Unternehmen Die Auswirkungen des Investitionsstaus haben schon heute handfeste Folgen für Sachsens Unternehmen. Längere Lieferwege durch Umleitungen und Sperrungen, unsichere Transportzeiten sowie höhere Umlaufbestände sind nur einige Beispiele. Zusätzlich bremst die Bürokratie aus. Investitionsprojekte verzögern sich und Fördermittel fließen zu langsam ab, weil Genehmigungsverfahren zu lange dauern. Das führt auch dazu, dass
Seite 13 Kristian Kirpal „Kleinere Betriebe klagen darüber, dass sie mit Baugenehmigungen und Gutachten monatelang blockiert sind.“ Unternehmen eigene Investitionen ver schieben. „Gerade kleinere Betriebe klagen darüber, dass sie mit Baugeneh migungen und Gutachten monatelang blockiert sind“, berichtet Kirpal. Und so droht eine Spirale, die langfristig die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Sachsen schwächt. Enge Finanzen und langsame Verfahren Doch warum stockt es? Die Investitionsquote des Freistaats ist – von einem im Vergleich sehr hohen Niveau kommend – in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Während sich jedoch andere staatliche Aufgaben erhöhten und Gelder im Haushalt blockierten, reduzierte sich der finanzielle Rahmen für öffentliche Investitionen immer mehr. „In den 1990er-Jahren wurden Autobahnen, der Flughafen Leipzig/Halle und Industriegebiete ausgebaut. Heute tätigen wir solche zukunftsgerichteten Investitionen nicht mehr“, sagt Kirpal. Mittlerweile wird der finanzielle Spielraum im Haushalt immer enger. Der sächsische Doppelhaushalt 2025/26 mit einem Volumen von über 50 Milliarden Euro gilt als „Stabilisierungshaushalt“. Mit einer um 4,2 Prozentpunkte niedrigeren Investitionsquote wird es sogar zu weiteren Kürzungen beim Straßen- und Schulausbau kommen. Zudem sind die Rücklagen von 1,3 Milliarden Euro vollständig aufgebraucht, was die Möglichkeiten für den nächsten Doppelhaushalt weiter einschränkt. Hinzu kommen steigende Baupreise und die knappen Eigenmittel vieler Kommunen. - - Lösungen: priorisieren, beschleunigen, bündeln Und das Sondervermögen Infrastruktur des Bundes? Für Sachsen kann das 500 Milliarden starke Infrastrukturprogramm durchaus eine Chance sein. Allerdings sollten mit den rund vier Milliarden Euro für Sachsen keine Projekte realisiert werden, die eigentlich der reguläre Haushalt leisten muss. „Eine Rathaussanierung sollte sich nicht aus dem Sondervermögen Bund mit einem zukunftsorientierten Fokus finanzieren. Die durch eine nie da gewesene Neuverschuldung finanzierten Milliarden aus Berlin müssen wirklich in zusätzliche Infrastrukturprojekte fließen. Das ist unsere klare Erwartung“, mahnt Kirpal. Seiner Meinung nach braucht es hier eine klare Priorisierung und mehr Tempo bei Planungen und Genehmigungen. Die IHK zu Leipzig fordert bereits seit vielen Jahren ein klares Umdenken. Dazu gehören eine Projektliste für Sachsen mit transparentem Monitoring, eine zentral bündelnde Planungs- und Genehmigungs-Taskforce, ein stärkerer Investitionsfokus auf wirtschaftsnahe Straßen- und Energieinfrastrukturen sowie auf zeitgemäße Bildungsangebote. Leuchtturmprojekte zeigen, was möglich ist Erfolgreiche Beispiele in der Region Leipzig zeigen, welchen Schub öffentliche Investitionen auslösen können: Das BMW-Werk mit rund 6.800 Beschäftigten oder die DHL-Drehscheibe am Flughafen Leipzig/Halle wären ohne leistungsfähige Infrastruktur nicht denkbar gewesen. Und durch den CityTunnel wurden nachhaltige Impulse für Handel, Wirtschaft und Klimaschutz angestoßen, von denen die gesamte mitteldeutsche Region profitiert. „Wir belächeln manchmal die südeuropäische Mentalität. Aber die Wiedererrichtung der eingestürzten Autobahnbrücke in Genua hat mit Abriss, Planung und Neubau zwei Jahre gedauert – die Sanierung der GeorgSchwarz-Brücken in Leipzig und der Wiederaufbau der Dresdener CarolaBrücke sollen bis 2031 dauern“, hält Kirpal fest. Umso mehr appelliert er an mehr Mut und Entschlossenheit in Sachsen – nur so ließe sich aus einem Stau neuer Schwung erzeugen. „Mit Mut und Entschlossenheit ließe sich aus einem Stau neuer Schwung erzeugen.“ INFRASTRUKTUR
Infrastruktur ausbauen, aber bei S-Bahn-Verbindungen kürzen? „Länderübergreifenden ÖPNV-Angeboten sind essenziell für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung.“ Kristian Kirpal Gefangen im Netz von Entscheidungsstrukturen und Finanzierungslücken 14 Seite Im Dickicht der Zuständigkeiten kommt es oft zu Entscheidungen, die schwer nachvollziehbar sind. So auch bei der S-Bahnverbindung über die Landesgrenze zu Brandenburg zwischen Torgau und Falkenberg/Elster. Es besteht Bedarf an ÖPNV Da soll einerseits die Infrastruktur zwischen Mitteldeutschland und der Lausitz ausgebaut werden, um den Strukturwandel der Regionen, weg von der Kohle und hin in die Zukunft, positiv zu gestalten, und gleichzeitig sollen die S-BahnVerbindungen der Linie S4 hinter Torgau ausgedünnt werden. In ersten Verlautbarungen der Verantwortlichen in der Presse vom 22. Januar 2025 sollte die S4 generell in Torgau enden und die Strecke bis zum Bahnknoten Falkenberg/Elster gar nicht mehr von der S-Bahn Mitteldeutschland bedient werden. Es hagelte Kritik: Die Bürgermeister von Beilrode, Arzberg und Torgau gingen auf die Barrikaden, es wurde eine Petition gestartet. Die IHK zu Leipzig engagierte sich mit Partner-Kammern aus Brandenburg im Sinne der Wirtschaft und der Pendler. Es wurde Kontakt aufgenommen unter anderem zum Sächsischen Staatsministerium für Infrastruktur und Landesentwicklung (SMIL), dem Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg und dem Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) als Besteller des regionalen Schienenpersonennahverkehrs. Auch der Verkehrs- und Logistikausschuss der IHK zu Leipzig brachte sich mit seiner Expertise ein. Kristian Kirpal, Präsident der IHK zu Leipzig brachte es auf den Punkt: „Erhalt und Ausbau von länderübergreifenden ÖPNV-Angeboten sind essenziell für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. Das gilt in besonderer Weise für die Region Torgau, die bei einer Streichung der S-Bahn nach Falkenberg ins Hintertreffen gerät.“ Mittlerweile wurden, so formulierte der ZVNL in einem Antwortschreiben vom 25. Juli 2025, Festlegungen für ein Interimsjahr bis zum 12.12.2026 getroffen. Die Linie S4 zwischen Wurzen und Torgau wird im 30-Minuten-Takt verkehren, ab Torgau bis Falkenberg/Elster finden die Fahrten der S4 wie bisher statt. Wie es ab Dezember 2026 mit der Bestellung von Leistungen über die Landesgrenze weitergeht, wird derzeit noch geprüft. Um die Bedeutung der S4 in der Region zu veranschaulichen, haben wir mit dem Bürgermeister von Beilrode, René Vetter, ein Interview geführt.
Seite 15 INFRASTRUKTUR Bürgermeister Vetter vor der Baustelle Bahnhof Beilrode „Das Leben hört nun mal nicht an der Landesgrenze auf!“ Gespräch mit dem Bürgermeister von Beilrode René Vetter Guten Tag, Herr Vetter. Was würde das Aus der S4 für Beilrode als Standort bedeuten? Vetter: Das mögliche Aus der S4 wäre ein schwerer Schlag für unsere ostelbische Region. Der S-Bahn-Halt Beilrode ist der wichtigste Standortvorteil und -faktor für unsere ländliche Gemeinde. Die S4 ist darüber hinaus auch von wesentlicher Bedeutung für das „Eisenbahndrehkreuz“ Falkenberg/Elster. Das Leben hört nun mal nicht an der Landesgrenze auf! Ihre touristischen, gastronomischen, aber auch andere Wirtschaftsunternehmen sind auf Menschen von außerhalb angewiesen. Welcher Verlust für diese steht im Raum? Vetter: Der ÖPNV – genauer gesagt die S-Bahn – gewinnt zunehmend an Bedeutung. Im kommenden Jahr werden wir den ehemaligen Bahnhof für fast drei Millionen Euro zum Bürger- und Begegnungszentrum umgebaut haben und eröffnen. Damit gibt es dann hier im Bürgerzentrum unter anderem eine Arztpraxis, die sich von einem auf drei Ärzte erweitern wird. Die S-Bahn war und ist mit eine der Bedingungen für dieses Projekt! Der ländliche Raum wird in politischen Sonntagsreden immer wieder gern beschworen, nun sind die ausstehenden Entscheidungen hier gerade wirklich kontraproduktiv. Bezogen auf CO₂-Ausstieg etc. sogar absolut destruktiv, von Ansiedlungen ganz zu schweigen. Wie schätzen Sie die Lage ein, Herr Vetter? Vetter: Es gibt große Unterschiede zwischen der Großstadt und der ländlichen Region. Der S-Bahn-Halt ist wichtig – überregional betrachtet – und trotzdem braucht fast jeder hier ein Auto. Zum Wocheneinkauf fährt fast niemand mit dem Bus, das ist Quatsch! Für die Energiewende wiederum investieren wir, als ländliche Gemeinde viel mehr als manche Großstadt. So haben wir in diesem Jahr mit 116 Megawatt einen der größten Solarparks Sachsens ans Netz genommen. Im kommenden Jahr kommt ein zweiter Solarpark mit weiteren 20 Megawatt hinzu. Was kann noch getan werden, um die Entscheidenden zu beeinflussen? Vetter: Letztendlich liegt es immer am lieben Geld, kein Geld – kein Zug! Ich hoffe sehr, dass der ZVNL noch eine Lösung findet und vor allem, dass Bund und Land die Finanzlücke schließen! Das vollständige Interview mit René Vetter auf WIRTSCHAFT ONLINE: www.leipzig.ihk.de/wirtschaft
15.500 AUSSTELLER 1,3 Mio. BESUCHER 660 Mio. € GENERIERTE KAUFKRAFT 16 Seite Flughäfen unter Druck Infrastruktur als Standortfrage Ob Straßen, Schienen oder Flughäfen – leistungsfähige Infrastruktur ist ein entscheidender Standortfaktor. Für die Mitteldeutsche Wirtschaft gelten die Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden als Schlüssel für Export, Forschung und Fachkräftegewinnung. Während sich der europäische Flugverkehr nach der Pandemie erholt, drohen beide Standorte abgehängt zu werden: Leipzig stagniert, Dresden verliert Passagiere – die Mitteldeutsche Flughafen AG rechnet bis 2026 mit einer Liquiditätslücke von 145 Millionen Euro. Wirtschaftliche Bedeutung und Investitionen Die beiden Standorte sind nicht nur Verkehrsknotenpunkte in Sachsen, sondern zentrale Zugänge zu nationalen und internationalen Märkten. Über sie laufen Export- und Logistikketten, Geschäftsreisen und Tourismus. Großinvestitionen wie das Milliardenprojekt von TSMC in Dresden oder die Ausbaupläne von Deutsche Aircraft in Leipzig beruhen auf der internationalen Anbindung. Auch der DHL-Hub am Flughafen Leipzig/Halle sowie die Elbe Flugzeugwerke mit fast 2.000 Beschäftigten sind mit funktionierenden Strukturen verbunden. Die Leipziger Messe verdeutlicht die Dimension: Mit jährlich 1,3 Millionen Besucherinnen und Besuchern sowie 15.500 Ausstellern hängt ein Kaufkraftvolumen von 660 Millionen Euro an stabilen Flugverbindungen. Messechef Martin Buhl-Wagner betont: „Gerade für internationale Aussteller, Teilnehmende und Veranstalter ist eine verlässliche Flugverbindung entscheidend.“ „Flüge sind auch entscheidender Standortfaktor“ Für zusätzliche Aufmerksamkeit sorgen aktuelle Nachrichten, wonach weitere Strecken im innerdeutschen Flugverkehr gestrichen werden sollen. Hinzu kommen Kündigungen von Bodenpersonal in Leipzig. „Eine leistungsfähige Anbindung an das internationale Luftverkehrsnetz ist für die Unternehmen in Mitteldeutschland von zentraler Bedeutung“, sagt Dr. Fabian Magerl, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Leipzig. „Zubringerflüge sichern die Erreichbarkeit von Geschäftspartnern und Märkten und sind damit ein entscheidender Standortfaktor für Investitionen und Innovation.“ IHK fordert schnelles Handeln Die IHK zu Leipzig fordert gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der mitteldeutschen Wirtschaft ein klares Bekenntnis des Freistaates zu den Flughäfen. Im Haushaltsentwurf des Bundes für 2026 fehlen bislang Maßnahmen wie die Senkung der Luftverkehrssteuer, die Reduzierung von Sicherheitsgebühren oder die Mehrwertsteuerbefreiung für Inlandsflüge. Mit der Initiative Abheben – Von Sachsen in die Welt sollen die Flughäfen gestärkt und die Anbindung an nationale wie internationale Drehkreuze dauerhaft gesichert werden. Auch in einem gemeinsamen Schreiben des sächsischen Wirtschaftsministeriums von Kammern und Verbänden sowie der Universitäten Leipzig und Dresden wurde an die Lufthansa appelliert, das Angebot an Flugverbindungen nicht weiter zu reduzieren.
Seite 17 INFRASTRUKTUR B87n Verkehrsachse zwischen Bedarf und Stillstand Die Bundesstraße 87 ist eine der zentralen Ost-West-Verbindungen Nordsachsens. Sie verbindet Leipzig mit Torgau und führt weiter über Brandenburg bis nach Polen. Für den Güterverkehr ist sie die kürzeste Verbindung nach Osteuropa. Entlang der Strecke leiden Anwohnerinnen und Anwohner unter starkem Durchgangsverkehr, Lärm und Schadstoffbelastungen. Der geplante Ausbau zur B 87n soll Abhilfe schaffen. Während in einigen Abschnitten Fortschritte erzielt wurden, stagniert das Vorhaben zwischen Leipzig und Döbrichau seit Jahrzehnten. Projekt mit langer Geschichte Diskussionen um den geplanten Neubau zur B 87n reichen bis in die frühen 1990er-Jahre. „Nach aktueller Zielstellung soll auf dem rund 61 Kilometer langen Abschnitt eine leistungsfähige Verbindung mit drei Fahrspuren für wechselseitig sichere Überholmöglichkeiten entstehen. Ortszentren sollen entlastet werden“, erklärt Laurenz Heine, verantwortlich für Regionale Standortpolitik bei der IHK zu Leipzig. 2009 wurde ein Raumordnungsverfahren eröffnet, das kurze Zeit später wieder gestoppt wurde. 2015 entschied man sich gegen die Pläne – weil sich Bedingungen wie Verkehrsprognosen, wirtschaftliche Beurteilung und Umweltbelange geändert hatten. Das Projekt musste neu bewertet werden. In den Folgejahren übernehmen DEGES und LASuV das Projekt in Teilabschnitten. Mit Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan 2030 wurde die Grundlage für weitere Planung geschaffen. Dennoch kommt das Projekt im sächsischen Abschnitt nicht voran: „In Taucha hat man sich bisher nicht mal auf einen Korridor geeinigt“, kritisiert Heine. „Belastung in Ortszentren enorm“ „Besonders belastet sind die Ortzentren“, sagt Heine. Durch Taucha fahren zum Beispiel täglich bis zu 25.000 Fahrzeuge. Für die knapp 16.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählende Stadt erhöht sich das Unfallrisiko, Anwohnende sind enormen Schadstoffbelastungen sowie Lärmbelästigung ausgesetzt. In einer Bürgerbeteiligung von 2018/2019 sprach sich die Mehrheit bereits für eine Untertunnelung der 87n aus. „Heute prüft man wieder alle Möglichkeiten“, so Heine. Der Frust steige: „Für Anwohnende und Unternehmen ist unbegreiflich, wie man nach jahrelanger Planung immer noch am Anfang stehen kann.“ Bedeutung für die Wirtschaft Heine betont: „Der Ausbau der B 87n gilt auch als wichtiger Standortfaktor für Unternehmen in Nordsachsen und Brandenburg.“ Die Straße sichere den Zugang zu Märkten in Polen und Osteuropa und spiele daher auch für den Mittelstand eine zentrale Rolle. Der fehlende Ausbau führe zu längeren Fahrzeiten und mindere die Standortattraktivität, insbesondere für Betriebe in Nachfolgeprozessen. „Die Probleme der letzten 20 Jahre bestehen vielleicht auch in den nächsten 20 Jahren noch“, so Heine. IHK nimmt Faden wieder auf Um weiter Bewegung in die Planung zu bringen, lädt die IHK zu Leipzig gemeinsam mit der IHK Cottbus am 10.11.2025 nach Torgau ein. Erwartet werden Vertreterinnen und Vertreter der sächsischen und brandenburgischen Infrastrukturministerien sowie regionale Unternehmen und Politikerinnen und Politiker. Konkrete Prognosen zur Fertigstellung gibt es weiterhin nicht. „Wir wollen den Faden wieder aufnehmen“, sagt Heine. „Wichtig ist für uns als IHK, schnelle Lösungen für akute Probleme zu finden, ohne den langfristigen Ausbau zu gefährden.“
„Nach der Fertigstellung haben wir für Jahre Ruhe.“ Laurenz Heine 18 Seite „Nicht bauen ist keine Alternative“ Großbaustellen als Herausforderung für Leipziger Handel und Verkehr Umleitungen, Sackgassenschilder, Straßensperrungen – wer derzeit auf Leipzigs Straßen unterwegs ist, braucht Geduld und starke Nerven. Vor allem im Süden und Westen der Stadt ballen sich gleich mehrere Großbaustellen, wichtige Einfallstraßen sind blockiert, der Wirtschaftsverkehr stockt. Was für die Stadt dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur sind, bedeutet für Unternehmen und Händler massive Einschränkungen. Infrastruktur als Standortfaktor Sachsen kämpft mit Investitionsstaus und einer überlasteten Verkehrsinfrastruktur. Vor allem Brücken, Straßen und Schienen sind marode und müssen dringend modernisiert werden. Die IHK zu Leipzig fordert deshalb massive öffentliche Investitionen in die Sanierung und den Ausbau des Straßennetzes sowie intelligente Mobilitätskonzepte, die den Wirtschaftsverkehr berücksichtigen. Gleichzeitig stehen Leipziger Unternehmen vor einem Balanceakt: Ohne Bauarbeiten gibt es keine zukunftsfähige Infrastruktur, während der Bauzeit aber erhebliche Belastungen. Dieskaustraße: Großbaustelle bis 2028 Besonders spürbar sind die Belastungen an der Dieskaustraße im Leipziger Südwesten. Im Rahmen der Mobilitätsstrategie 2030 für Leipzig werden Straßen, Leitungen und Gehwege seit 2022 erneuert. „Komplexmaßnahmen wie diese sorgen dafür, dass wir nach der Fertigstellung für Jahre Ruhe haben. Unternehmen müssen sich in der Bauphase aber oft neu organisieren: Lieferzonen müssen eingerichtet und ganze Logistikprozesse neu organisiert werden“, erklärt Laurenz Heine, verantwortlich für Regionale Standortpolitik bei der IHK zu Leipzig. Seit Frühjahr 2025 ist der vierte Bauabschnitt von Kulkwitzer Straße bis Radrennbahn gesperrt. Umleitungen über die Windorfer Straße und Nebenstraßen belasten dort bereits Anwohnende und Gewerbetreibende. Unternehmende zwischen Verständnis und Frust Ende 2026 soll der nächste Abschnitt folgen. Tina Lischke, Inhaberin einer Physiotherapiepraxis vor Ort, betont:
„Für uns ist entscheidend, dass die Patienten uns erreichen können. Wenn Zufahrten verlegt werden oder unklar ist, wie Umleitungen funktionieren, wird das zur echten Herausforderung. Von Mehrkosten für die ganzen Hausbesuche wollen wir gar nicht reden.“ Auch der verantwortliche Immobilienleiter der Lidl-Filiale an der Dieskaustraße, Martin Schuricht, ist besorgt: „Ab 2027 wird unsere Haupteinfahrt gesperrt. Das bedeutet, dass Lkws zur Belieferung der Filiale durch ein Wohngebiet fahren müssen. Das stellt nicht nur eine logistische Herausforderung dar, sondern hat auch ein höheres Verkehrsaufkommen in einem dicht bebauten Stadtgebiet zur Folge.“ Um rechtzeitig agieren zu können, stehe er im regelmäßigen Austausch mit der Stadt, den Leipziger Verkehrsbetrieben und dem Eigentümer. „Wir bringen unsere Anliegen aktiv ein. Konkrete Lösungen wurden bisher allerdings leider nicht präsentiert.“ Zwischen 2026 und 2027 rechne er mit „spürbaren wirtschaftlichen Herausforderungen“. Für die Modernisierungen habe er Verständnis – und sieht auch Vorteile: „Eine barrierefreie Haltestelle direkt vor unserer Filiale verbessert die Erreichbarkeit für viele Kunden. Sie kann neue Kundengruppen erschließen und die Attraktivität des Standortes erhöhen.“ „Als IHK bringen wir Perspektiven unserer Mitgliedsunternehmen ein“ Die IHK vermittelt zwischen Verwaltung und Wirtschaft. „Wir sitzen in städtischen Gremien und bringen die Perspektive unserer Mitgliedsunternehmen ein“, betont Heine. Es gehe darum, temporäre Lieferfenster, Ersatzparkplätze oder klare Beschilderungen zu koordinieren. „Die Befürchtungen im Vorfeld sind oft groß. Aber wenn tatsächlich Probleme eintreten, ist es häufig schon zu spät.“ Leipzigs Nadelöhre Die Dieskaustraße ist nur ein Beispiel in Leipzig. Gleichzeitig laufen Bauarbeiten auf der Prager Straße, der Wundtstraße und der Karl-Liebknecht-Straße. Auf den offiziellen Umfahrungen staut sich der Verkehr. „Die Ballung von Großbaustellen im Süden und Westen führt dazu, dass der Umleitungsverkehr über wenige Straßen laufen muss. Wenn dort ein Unfall passiert, droht der totale Kollaps“, so Heine. Er kündigt an, die Entwicklungen weiter eng zu begleiten. „Wir lassen die Unternehmen nicht allein und drängen auf praxistaugliche Lösungen. Nicht bauen ist keine Alternative“, betont er. Unterstützung finden Sie auf unserer Website: Seite 19 Großbaustelle Dieskaustraße 2025 Abschnitt Kulkwitzer Straße bis Radrennbahn Großbaustelle Dieskaustraße 2024–2025; Abschnitt Antonienstraße bis Kulkwitzer Straße INFRASTRUKTUR
Beim Breitbandausbau geht Nordsachsen in die Offensive Strukturiert, organisiert und finanziert. Wie eine Forderung der IHK Wirklichkeit wird BIS MÄRZ 2022 48.000 IM GLASFASERNETZ 102,2 Mio. € FÜR WEISSE-FLECKENPROGRAMM 95,5 Mio. € FÜR GRAUE-FLECKENPROGRAMM 30 Mbit/s FÖRDERKRITERIUM VON EU UND BUND diskriminierungsfreies Daten-Hochgeschwindigkeitsnetz 20 Seite Der Landkreis Nordsachsen mit seinen mehr als 200.000 Einwohnerinnen und Einwohnern in 30 Städten und Gemeinden prescht im Bereich der Digitalisierung nach vorn. Die IHK zu Leipzig fordert gegenüber der Politik schon länger in den wirtschaftspolitischen Positionen einen flächendeckenden, zukunftssicheren Breitbandausbau. Hier in Nordsachsen könnte das bald Wirklichkeit werden. Julian Völkel Breitbandkoordinator Nordsachsens Kopf und Projektkoordinator beim Breitband-Glasfaser-Ausbau ist Julian Völkel, der mit seinem kleinen, aber schlagkräftigen Team als erster Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen fungiert. „Außerdem unterstützen wir die Kommunen in der Organisation zwischen eigenwirtschaftlichem und gefördertem Ausbau“, so Julian Völkel. „Wir koordinieren also die Umsetzung der Förderprojekte im gesamten Landkreis. Zudem verwalten wir die Antragstellung von Fördermittelanträgen für die Bundes- und Landesförderungen im Bereich Breitband und überwachen im späteren Projektverlauf auch die Baumaßnahmen.“ Im Weiße-Flecken-Programm des Landkreises wurden in Nordsachsen bis März 2022 mehr als 48.000 private Haushalte, Unternehmen und Schulen an das Glasfasernetz angeschlossen. „Dabei handelte es sich um ein diskriminierungsfreies Daten-Hochgeschwindigkeitsnetz“, das ist Julian Völkel wichtig zu sagen. Größte Investition in der Geschichte „Die Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer, deren bisherige DownloadÜbertragungsrate unter 30 Mbit/s betrug, wurden an das Netz angebunden. Dies war ein Förderkriterium der EU und des Bundes, bei dem es keinen Handlungsspielraum gab.“ Mit dem darauffolgenden Graue-Flecken-Programm werden in den kommenden Jahren weitere 15.300 Adresspunkte mit einem zukunftsfähigen Internetanschluss versorgt. Damit stellt der Breitbandausbau mit einem Finanzierungsvolumen von rund 102,2 Millionen Euro für das WeißeFlecken-Programm zuzüglich 95,5 Millionen Euro für das Graue-Flecken-Programm die bislang größte Investition in der Geschichte des Landkreises dar. Das Weiße-Flecken-Programm wurde zu 90 Prozent, das Graue-Flecken-Programm sogar zu 100 Prozent durch Fördermittel von Bund und Land finanziert.
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