WIRTSCHAFT Digital

materialien bündelt und moderne Technologien integriert. Entscheidend ist, dass sie praxistauglich ist und nicht im bürokratischen Klein-Klein versandet. Wie lässt sich mehr Bildungsgerechtigkeit erreichen? John: Frühkindliche Bildung ist der Schlüssel. Kinder, die zu Hause nicht gefördert werden, müssen durch gute Kitas Chancen bekommen. Wir brauchen mehr und besser qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher, und wir brauchen Sprachförderung. Die Mittel dafür müssen auf allen politischen Ebenen bereitgestellt werden. Bildungswege gleichwertig sind. Wer eine duale Ausbildung macht, verdient nicht nur rund zehn Jahre früher Geld, sondern hat viele Aufstiegsmöglichkeiten. Kaum bekannt ist, dass ein Fachwirt offiziell dem BachelorAbschluss gleichgestellt ist – oder ein Betriebswirt dem Master. Dieses Wissen muss stärker vermittelt werden, zum Beispiel über Berufsorientierung an Schulen und in verpflichtenden Praktika, damit wir mehr junge Menschen für duale Ausbildungsberufe gewinnen. Welche Reformen braucht die berufliche Bildung? John: Sie ist ein Erfolgsmodell. Aber sie darf nicht stehenbleiben, sondern muss modernisiert werden. Berufsbilder und Ausbildungsordnungen müssen mit wirtschaftlichen Veränderungen Schritt halten. Beispielsweise gehören digitale Kompetenzen in alle Berufe. Warum ist die „Hebung des inländischen Potenzials“ so wichtig? John: Weil die Fachkräftelücke wächst. Wir dürfen nicht allein auf Zuwanderung setzen. Wir müssen die Potenziale aller Menschen nutzen – von Schulabgängern bis hin zu Menschen, die sich beruflich neu orientieren oder weiterbilden wollen. Dafür muss die Höhere Berufsbildung gefördert werden; es braucht gezielte Qualifizierungsprogramme und Weiterbildungsangebote, die sich an unterschiedliche Lebenssituationen anpassen. Das stärkt nicht nur die Wirtschaft, sondern auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Welche Rolle spielt bezahlbarer Wohnraum für Azubis? John: In vielen Regionen scheitert eine Ausbildung daran, dass sich junge Menschen die Miete nicht leisten können. Dem begegnen Programme wie „Junges Wohnen“, die ausgeweitet werden sollten. Welche politischen Weichenstellungen sind jetzt nötig? John: Bildungspolitik darf nicht weiter in Einzelmaßnahmen zerfallen. Es braucht eine klare Strategie, die auf Qualität, Digitalisierung, harmonisierte Standards und eine starke berufliche Bildung setzt. Sonst droht Deutschland den Anschluss zu verlieren. - jad Was bedeutet das für die Schulen? John: Entscheidend sind die Lehrpläne und gut ausgebildete Lehrkräfte. Das Lehramtsstudium muss praxisnäher werden. Für Lehrkräfte brauchen wir verpflichtende Fortbildungen. In Singapur hat man nachgewiesen, dass sich Schülerleistungen verbessern, wenn sich die Lehrenden kontinuierlich weiterbilden. Wie kann der Wert der beruflichen Ausbildung besser vermittelt werden? John: Die Fachkräfte in den Betrieben halten das sprichwörtliche Rad am Laufen. Trotzdem wird die Ausbildung im Betrieb oft als zweitrangig wahrgenommen. Das muss sich ändern. Wir brauchen ein gesellschaftliches Bewusstsein dafür, dass akademische und praxisorientierte „Digitale Kompetenzen gehören in alle Berufe.“ „Akademische und praxisorientierte Bildungswege sind gleichwertig, das muss ins gesellschaftliche Bewusstsein.“ 7 IHK zu Leipzig Magazin „Wirtschaft“ Ausgabe Frühjahr 2025 Fachkräfte Spezial

RkJQdWJsaXNoZXIy ODM4MTk=